Autismus ist kein politischer Kampfbegriff

  • Kann man das denn nicht einfach umdrehen? Sich dafür bedanken, dass um die scheinbar sehr detailgenaue und gewissenhafte Arbeit des Bauamts zu loben, sogar ein Vergleich mit Autismus (die ja üblicher Weise eher übergenau usw. sind) herangezogen wurde. Damit würde man die vermutlich eigentliche Abwertung durch den Begriff autistisch in das genaue Gegenteil umkehren. Und gleichzeitig vermitteln, dass Autismus genau so viele positive Seiten und Fähigkeiten hat.

    Auch wenn das wohl nicht die Absicht der Schreiberin des Leserbriefs war, aber wer "autistisch" verwendet und sich vorher nicht darüber informiert, muss eben damit klar kommen dass der Begriff genau so auch mit seinen Stärken und Fähigkeiten verstanden werden kann. Da sie aber das Bauamt wohl nur kritisieren wollte, ist das dann vielleicht ein "Denkzettel" (RW) Begriffe über die man keine ausreichende Ahnung hat, zukünftig vielleicht einfach nicht mehr zu verwenden.

    Aber dann landen wir bei Zensur.

    Jop, wenns eben einfach angebracht ist.

  • Dem Verfasser kann man ja mal die Frage stellen, ob er weiss was Autismus ist. Zusätzlich führt man dann auf, warum das kein Autismus sein kann, z.B. sehr genaue Detailierung, durchdachte und logisch nachvollziehbare Planung und Durchführung.

    Zum Abschluss kann man noch bitten, dass er doch mal detailiert begründen möchte, wo und was da genau autistisch oder Autismus ist inklusive einer ausführlichen Antwort auf die am Anfang gestellte Frage.

    Mit freundlichem Dank

    Der diskriminierte Autist.

  • Ich kann mir vorstellen, dass viele Menschen da noch nicht sonderlich sensibilisiert ist, aber wenn man probehalber "autistisch" gegen "behindert" austauscht und dann die Wirkung vergleicht, versteht man schon sehr schnell, wie diskriminierend das ist.

    :thumbup:

    Von den Journalisten (und von Politikern) übernehmen es ja die anderen Leute, d. h. wenn die Verwendung als Schlagwort in deren Kreisen aufhört, dann trocknet es im gesamten Sprachgebrauch mit der Zeit ganz automatisch aus.

    Ich sehe das anders. Medien haben Macht und ich denke schon, dass sich viele Menschen daran orientieren, welche Formulierungen in Medien gebraucht werden, wenn sie selber versuchen Dinge in Worte zu fassen. Also als Orientierung was sagbar ist und was ein No-go ist.

    Wovon der Typ da im Brief redet habe ich keine Ahnung

    So gings mir auch. Probleme kann man haben...

    Surprised by the joy of life.

  • Probleme kann man haben...

    Wenn ich es richtig verstanden habe, hat die Stadt ignoriert, dass es wichtig wäre, nicht alles zuzubauen (= "Flächenversiegelung"), was dann eben dazu führt, dass bei ggf. stärkerem Regen das Wasser nicht mehr richtig in den Boden abläuft. Die Folgen sind dann Überschwemmungen. Das Problem gibt es praktisch überall, weil nach wie vor viel gebaut, aber eben kaum Ausgleichsflächen berücksichtigt werden oder eine andere Art, das Wasser ablaufen zu lassen. (Man kann zum Beispiel die Parks in einer leichten Senke bauen, sodass das Wasser schließlich in diese Richtung abfließt).
    Also insofern spricht er schon ein wichtiges Thema an. Aber das Wie ist dann halt leider teilweise nicht mehr so ganz mitgedacht.

  • Da ja viele Menschen gar Nicht wissen was Autismus eigentlich ist, oder auch nur davon gehört haben. Wird wohl jeder in dem Leserbrief rein interpretieren was er will. Also wäre es meines Erachtens angebracht, diesen Leserbrief mit einem Anhang zurück zu senden das er so leider nicht abgedruckt werden kann. Aufgrund dass sich einige Mitbürger hiervon gestört fühlen könnten. Diese sind sowohl echte Autisten, als auch die Mitarbeiter des Bauamtes.
    Um erlich zu sein ich glaube eh, das der Autor des Briefes, nur seinen Ärger Luft machen wollte.

  • Ich finde die Antwort eigentlich gut, allerdings gilt diese Freiheit nicht für alle.
    Was denkt ihr darüber?

    Ich denke, dass das Wort inzwischen über 100 Jahre alt ist und Eugen Bleuler war einst der Schöpfer. Kurz danach tauchen "Autismus" und "autistisch" in der Literatur auf. Erst Jahrzehnte später haben Kanner und Asperger das Wort in ihre Titel implementiert. Mindestens ab den 60er Jahren auch die Politik (→ Kalter Krieg, → Rüstung etc.). Ich finde es gibt im Alltag viele Beschreibungen. Wenn jemand ein Verhalten als hyperaktiv beschreibt, dann ist damit eigentlich auch nicht die psychiatrische Diagnose gemeint. Wenn jemand jemanden als dumm bezeichnet, dann diskriminiert man damit in der Regel auch nicht Teile der Restmenschheit mit niedrigem IQ (z. B. LFA). Bei der Überschrift "Autismus des Bauamtes" habe ich nicht den Eindruck, dass man die psychiatrischen Diagnosen meint, die in der Regel auch einen bestimmten Titel tragen, sondern eher das Wort in seiner Bedeutung, ursprünglichen oder weiteren Bedeutung. Natürlich kann man sich aufregen, sich angesprochen fühlen - ich jedoch nicht.

    [...] Vom kindlichen Autismus zu trennen sind der Begriff des Autismus nach E. Bleuler im Sinne einer „Zurückgezogenheit auf sich selbst“, eines Verlusts des normalen Wirklichkeitskontakts (Realitätsbezugs), wie er vor allem für die Schizophrenie kennzeichnend ist, und der weite Bereich von Verhaltensstörungen, die allein durch gestörte Kontaktfähigkeit charakterisiert sind und die oft ebenfalls als autistisch bezeichnet werden.
    Quelle: https://www.wissen.de/lexikon/autismus

    Autismus in "Lexikon der Politikwissenschaft" (evtl. leicht hochscrollen)

    https://www.google.de/books/edition/…tsec=frontcover

    autistisch-undiszipliniertes Denken
    https://books.google.de/books?id=w5Rd6…hiatrie&f=false

    kommunikationsgestört/kommunikationsunfähig (etwas veraltet)
    https://www.dwds.de/wb/autistisch

    Hier noch ein politischer Bonus:
    https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=107014

    In letters of gold on a snow white kite I will write "I love you"
    And send it soaring high above you for all to read

  • Wozu wird dann eine Diskussion über Sprache usw geführt?
    Ihr bzw einige wurdet eventuell auch noch nicht auf eine Art diskriminiert bzw in eine Kontext gesetzt, in dem ihr gerne für eine solche Verwendung
    des Wortes sensibilisieren wollt?
    Ich bin sicher niemand der sich über sowas aufregt, allerdings hängt das sehr stark mit meiner persönlichen Situation zusammen-
    wenn das für euch alles kein Problem ist, ist es auch okay.

    Dann Ärzteblatt von 1989 (übrigens ein Pharmakologe/Toxikologe der das geschrieben hatte damals) um das zu relativieren usw. okay, ich habe es verstanden.

    ich finde es ehrlich gesagt nicht sehr lustig, aber gut, ich weiß ja nun Bescheid, wie das hier aus dem Kontext gerissen wird.

    Ihr tut so, als hätte ich mich einfach hier beschwert oder sonstwas, ich habe euch die Nachricht gezeigt, und gefragt ob jemand mit mir den Vorschlag umsetzen will.

    Dann wurde schon suggestiv unterstellt (ich weiß nicht, einfach komisch geschrieben, falls meine Aussage im Startpost gelesen wurde) ich würde persönlich angreifen etc..
    Komisch dass die Redaktion es selbst auch anders sieht.
    Naja, das Thema kann wohl hier zu, zukünftig schreibe ich hier dazu auch nichts mehr, zu meiner "Pressearbeit".


    PS:
    ich habe auch dieses Thema auch gedanklich mit dem anderen Thema von mir, über Autismus in den Medien verknüpft, ohne das zu erwähnen.
    Dort habe ich auch Kontakt aufgenommen, und mich bedankt.

    Daher verstehe ich das nicht, warum ich hier nun als Politisch-Möchtegern-korrekter Zensor dargestellt werde.
    Ich versuche mich nur zu wehren, und wenn ich sowas irgendwo lese, belastet mich das wegen dem Sorgerechtsentzug
    und der Behandlung bei Gericht, Jugendamt, Jobcenter usw , generell meiner Geschichte.
    Solche Leute, die das in meinem Fall ermöglicht haben, meinen Sohn im Waisenhaus ließen,
    lesen und schreiben solche Briefe ohne nachzudenken, gehen aber dann auf BLM Demos , fordern Gendering etc..

    Ich möchte nur dass jeder einfach nachdenkt bevor er sowas schreibt.
    Aber es macht einfach keine Sinn dieses Thema hier zu führen, bzw ist es anscheinend nicht erwünscht.

    6 Mal editiert, zuletzt von Backnetmaster (18. August 2021 um 12:24)

  • Ich weiß auch nicht ob die Überschrift nicht eventuell doch Redaktionssache war.

    Das ist in allen Fällen so. Wer einen Leserbrief schreibt, verfasst keine Überschrift, das macht immer die Redaktion. Denn die Überschrift hängt auch davon ab, wie ein Artikel gedruckt wird: als Einspalter, dann nimmt man nur eine kurze Überschrift, oder mehrspaltig, dann ist auch ein ganzer Satz als Titel denkbar. Das weiß aber der Leserbriefschreiber nicht. Und oft gibt man sich keine große Mühe mit den Überschriften, das darf dann auch mal der/die Praktikantin. Wahrscheinlich kam "Autismus" im Leserbrief vor, die Passage wurde rausgekürzt, aber trotzdem ist der Begriff so in die Überschrift gewandert.

    Sie hätten aber ohne Weiteres den Leserbrief unverändert abdrucken können und zusätzlich ein Statement bezüglich der Wortwahl abgeben können.

    Das tun Zeitungen immer. Auf jeder Leserbriefseite steht irgendwo, dass die Redaktion sich mit den Inhalten nicht identifiziert, dass sie Lesebriefe beleidigenden Inhalts nicht abdruckt und dass sie sich das Recht zur Kürzung vorbehält. Einzelne Leserbriefe zu kommentieren, ist aber unüblich - und ich wäre auch dagegen, dass mein Leserbrief zwar abgedruckt, aber zeitgleich mit einem Kommentar der Redaktion versehen wird. Auch das wäre eine Form von Zensur.

    Natürlich ist "Autismus" hier negativ konnotiert. Aber nicht jede negative Konnotierung muss gleich Schimpfwortcharakter haben. Beispiel: Sagen Schüler auf dem Schulhof "Boah, war das ein schwuler Englischtest!", dann heißt "schwul" hier "scheiße", "beknackt", in Jugendvulgärsprache auch "behindert".
    Einen solchen Schimpfwortcharakter sehe bei der Verwendung von "Autismus" im Fall ds Leserbriefs nicht. Dass ich die Überschrift trotzdem nicht toll finde, muss ich nicht betonen.

    Ein aufklärendes E-Mail an die Redaktion reicht. Das ist geschehen. Die Zeitung hat vernünftig geantwortet.

    "Ich kämpfe nicht, ich behaupte mich." - "Ich will nicht siegen, ich will sein." (Georg Kaiser)

  • Das Wort „autistisch“ wird umgangssprachlich auch verwendet für „starr auf etwas ausgerichtet/unflexibel sein“. Mir behagt dieses Synonym nicht, auch würde ich es nicht verwenden. Ebenso wenig möchte ich allerdings einem Leserbriefschreiber vorgeben, was er wie auszudrücken hat. Bei der genannten Verwendung des Worts sehe ich noch keine Grenze überschritten, die einen Eingriff rechtfertigen würde.

    Wow.... Das Wort "Neger" wird umgangssprachlich auch verwendet für "Gehilfe, Zuträger ...". Mir behagt dieses Synonym nicht, auch würde ich es nicht verwenden. Ebenso wenig möchte ich allerdings einem Leserbriefschreiber vorgeben, was er wie auszudrücken hat.

    Nicht wirklich sicher.... Wir haben hier eine Abwertung einer Personengruppe A (Bauamt) durch Gleichsetzung mit einer Personengruppe B (Autisten). Klar, das war als Spitze gegen das Bauamt gedacht, aber die bloße Idee, dass man jemanden durch Gleichsetzung mit Autisten abwerten kann zeugt ja schon von einem gerüttelt Maß an gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gegenüber Autisten, denn sonst wäre diese Gleichsetzung ja keine Abwertung (und Abwertung wollte der Leserbriefschreiber schließlich intendieren).

  • Wahrscheinlich kam "Autismus" im Leserbrief vor, die Passage wurde rausgekürzt, aber trotzdem ist der Begriff so in die Überschrift gewandert.Das tun Zeitungen immer. Auf jeder Leserbriefseite steht irgendwo, dass die Redaktion sich mit den Inhalten nicht identifiziert, dass sie Lesebriefe beleidigenden Inhalts nicht abdruckt und dass sie sich das Recht zur Kürzung vorbehält. Einzelne Leserbriefe zu kommentieren, ist aber unüblich - und ich wäre auch dagegen, dass mein Leserbrief zwar abgedruckt, aber zeitgleich mit einem Kommentar der Redaktion versehen wird. Auch das wäre eine Form von Zensur.
    Natürlich ist "Autismus" hier negativ konnotiert. Aber nicht jede negative Konnotierung muss gleich Schimpfwortcharakter haben. Beispiel: Sagen Schüler auf dem Schulhof "Boah, war das ein schwuler Englischtest!", dann heißt "schwul" hier "scheiße", "beknackt", in Jugendvulgärsprache auch "behindert".
    Einen solchen Schimpfwortcharakter sehe bei der Verwendung von "Autismus" im Fall ds Leserbriefs nicht. Dass ich die Überschrift trotzdem nicht toll finde, muss ich nicht betonen.

    Ein aufklärendes E-Mail an die Redaktion reicht. Das ist geschehen. Die Zeitung hat vernünftig geantwortet.

    Es steht ja noch als letztes Wort im Brief.

    Ich sehe das schon ein bisschen negativ. Aus dieser Beschreibung und der Verwendung des Wortes folgt ja der
    Schimpfwortcharakter (den Autist an Schulen auch hat teilweise) .
    Ich fragte ja , ob jemand eben das Angebot mit mir annehmen möchte, das die Zeitung gemacht hat.

    Die Zeitung hat danach auch noch die Überschrift geändert, die haben also darüber nachgedacht.
    Man könnte aber ja allgemein auf einen sensibleren Gebrauch von Sprache (nicht nur in Bezug auf Autismus)
    hinwirken, wenn die Zeitung das dann veröffentlicht.

    Ich lese beispielsweise nur Nachrichten über Autismus (aufgrund meiner Probleme ), und dann bemerke ich soetwas eben
    gelegentlich. Daher stresst es mich dann auch, weil ich dann mit der aus meiner Sicht leichtfertigen Verwendung konfrontiert bin,
    die sozusagen gleichzeitig meine Filterblase durchdringt.

    Einmal editiert, zuletzt von Backnetmaster (18. August 2021 um 12:44)

  • Allgemein gesprochen bin ich nicht der Meinung, dass Diagnosebegriffe nicht verwendet werden dürfen, um etwas auszudrücken. Ich habe hier ja auch schon Dinge gesagt wie "das ist an der Grenze zum Narzissmus", obwohl ich kein Fachmann bin

    Auch Wörter wie "depressiv" oder "schizophren" werden umgangssprachlich gebraucht, ohne an eine Diagnose geknüpft zu sein.

    Was denkt ihr darüber?

    Dem Leserbriefschreiber ging es dabei um das starre Festhalten an einem (zumindest nach außen hin) dysfunktionalen Verhaltensmuster; das ist es, was Menschen, die sich mit dem Thema nicht weiter befasst haben, mit Autismus oft bzw meistens verbinden (und im Übrigen tatsächlich ein diagnostisches Kriterium ist, falls ich noch auf dem Laufenden bin). Ich habe nicht den Eindruck, dass es mit kränkender Absicht geschrieben wurde und insofern würde ich diese Kirche in ihrem Dorf lassen.

    Wozu wird dann eine Diskussion über Sprache usw geführt?

    Meines Erachtens wird damit weit über das Ziel hinausgeschossen.

    Naja, das Thema kann wohl hier zu, zukünftig schreibe ich hier dazu auch nichts mehr, zu meiner "Pressearbeit".

    Nicht sauer sein, weil es andere anders sehen. So etwas kommt schon Mal vor. ;)

    Ich versuche mich nur zu wehren, und wenn ich sowas irgendwo lese, belastet mich das wegen dem Sorgerechtsentzug
    und der Behandlung bei Gericht, Jugendamt, Jobcenter usw , generell meiner Geschichte.

    Diese Geschichte, vor allem die wirklich diskriminierende Begründung des Jugendamtes, ist es, die meiner Meinung nach Öffentlichkeitsarbeit verdient.

    Man muss die Menschen nehmen, wie sie sind. Ich mich auch.

    Einmal editiert, zuletzt von Eurich Wolkengrob (18. August 2021 um 13:15)

  • Dem Leserbriefschreiber ging es dabei um das starre Festhalten an einem (zumindest nach außen hin) dysfunktionalen Verhaltensmuster; das ist es, was Menschen, die sich mit dem Thema nicht weiter befasst haben, mit Autismus oft bzw meistens verbinden (und im Übrigen tatsächlich ein diagnostisches Kriterium ist, falls ich noch auf dem Laufenden bin). Ich habe nicht den Eindruck, dass es mit kränkender Absicht geschrieben wurde und insofern würde ich diese Kirche in ihrem Dorf lassen.

    Nun, ich würde sagen, die kränkende Absicht (im Hinblick auf das Bauamt) war schon vorhanden. Wenn ich "die Schwanzlutscher vom Bauamt" schreibe, tu ich das, weil ich a) das Bauamt beleidigen will, weil ich b) davon ausgehe, dass das Lutschen von Schwänzen irgendwie eklig ist. Und gerade dieses völlig beiläufige b) kann schon gewaltig nerven, weil es Leute trifft, die nicht gemeint sind, auch und gerade weil sich der Schreiber gar nicht vorstellen kann, dass diese Leute am Diskurs teilnehmen können; welcher Autist kann schon reden, und welcher Schwanzlutscher gibt öffentlich zu, dass er Schwänze lutscht?

  • Die Zeitung hat danach auch noch die Überschrift geändert, die haben also darüber nachgedacht.

    Das kann sie aber nur in der Online-Ausgabe, nicht in der Papierfassung. Und bei online muss man unterscheiden: War es ein echter Leserbrief (also etwas, das so auch in der Print-Ausgabe stand) oder war es am Ende nur ein Kommentar eines Lesers, den dieser an der Redaktion vorbei veröffentlicht? Das ist schon ein Unterschied. Kommentare sind nicht Teil der Zeitung, Leserbriefe hingegen schon.

    Ich fragte ja , ob jemand eben das Angebot mit mir annehmen möchte, dass die Zeitung gemacht hat.

    Betrifft: Leserbrief *Titel* in *Name Zeitung* vom *Datum*

    In der Überschrift zum Leserbrief von *Name Verfasser* vom *Datum* taucht das Wort "Autismus" auf. Es meint hier nicht eine bestimmte neurologische Symptomatik, sondern ist abwertend im Sinn von "Untätigkeit", "Starrsinn", "mangelnde Flexibilität", vielleicht auch "Unbelehrbarkeit" verwendet. Das ist für betroffene Menschen verletzend und ärgerlich, und sie möchten den Fachbegriff für ihr Handicap nicht außerhalb des diagnostischen Bereichs und nicht in negativem Sinn verwendet sehen.

    Bei Begriffen wie "behindert" oder "schwul" hat sich diese Erkenntnis mittlerweile durchgesetzt. "Lauter Behinderte im Bauamt" geht so wenig wie ein Kommentar, der "schwul" nicht als Synonym für männliche Homosexualität einsetzt ("Sind die alle schwul im Bauamt?").

    Es wäre schön, wenn sich ein solcher respektvoller und reflektierter Umgang mit "Autismus", "autistisch" und Autist*in" durchsetzen könnte.

    *Dein Name*

    Was nach dem letzten Zitat steht, setzt du (beliebig verändert, ist ja nur ein Vorschlag) in ein word-Dokument und schickst es als E-Mail-Anhang an die Redaktion. Im Mail schreibst du nur:

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    ich sende Ihnen im Anhang meinen Kommentar zum Leserbrief vom *Datum* mit *Titel*.
    Freundliche Grüße
    *Dein Name*

    (In der Signatur sollte deine Adresse stehen. Sie wird meist nicht veröffentlicht, ist für die Redaktion wohl aus juristischen Gründen nötig.)

    "Ich kämpfe nicht, ich behaupte mich." - "Ich will nicht siegen, ich will sein." (Georg Kaiser)

    Einmal editiert, zuletzt von FrankMatz (18. August 2021 um 13:26)

  • Nun, ich würde sagen, die kränkende Absicht (im Hinblick auf das Bauamt) war schon vorhanden.

    Du lässt von der Hermeneutik des Wohlwollens? :d Das Bauamt soll kritisiert werden, ja; mich auf die Kränkungsabsicht festzulegen, sehe ich keinen Grund.

    Wenn ich "die Schwanzlutscher vom Bauamt" schreibe, tu ich das, weil ich a) das Bauamt beleidigen will, weil ich b) davon ausgehe, dass das Lutschen von Schwänzen irgendwie eklig ist. Und gerade dieses völlig beiläufige b) kann schon gewaltig nerven, weil es Leute trifft, die nicht gemeint sind, auch und gerade weil sich der Schreiber gar nicht vorstellen kann, dass diese Leute am Diskurs teilnehmen können; welcher Autist kann schon reden, und welcher Schwanzlutscher gibt öffentlich zu, dass er Schwänze lutscht?

    Den Begriff "Autist" betrachte ich erst ein Mal als ebensowenig abwertend wie "blind" oder "taub"; sie beschreiben Einschränkungen. Wenn jemand etwas gegen blinde Menschen hat, dann liegt es an ihm und nicht an den Blinden oder dem Wort (und ja, ich weiß dass auch diese Wörter mitterweile nicht als politisch korrekt gelten und bleibe trotzdem dabei, sie zu verwenden). Bestünde man darauf, solche Begriffe nicht mehr zum Zwecke der Anschaulichkeit verwenden zu dürfen, verlöre der Ausdruck an Anschaulichkeit ohne dass irgend etwas dafür gewonnen wäre. Denn wer schlecht von Autisten oder Blinden denkt, würde es weiterhin tun, während Autisten und Blinde weiterhin mit ihren Einschränkungen leben müssten. Das eine Einschränkung bzw. Behinderung als sprachliches Sinnbild genutzt wird, finde ich nicht grundsätzlich falsch, auch wenn es der Zeitgeist ganz anders will.

    Man muss die Menschen nehmen, wie sie sind. Ich mich auch.

    2 Mal editiert, zuletzt von Eurich Wolkengrob (18. August 2021 um 13:54)

  • Bei der Überschrift "Autismus des Bauamtes" habe ich nicht den Eindruck, dass man die psychiatrischen Diagnosen meint, die in der Regel auch einen bestimmten Titel tragen, sondern eher das Wort in seiner Bedeutung, ursprünglichen oder weiteren Bedeutung.

    Dann verstehst du anscheinend den Sachinhalt des Leserbriefs nicht, denn darin wird ein Verhalten kritisiert, dass in der Ecke Klügelei/Vetternwirtschaft/etc. einzuordnen ist und das hat absolut NICHTS mit den von dir angeführten Wortbedeutungen zu tun.

    Insofern kann ich mich nur dem anschließen:

    Nun, ich würde sagen, die kränkende Absicht (im Hinblick auf das Bauamt) war schon vorhanden. Wenn ich "die Schwanzlutscher vom Bauamt" schreibe, tu ich das, weil ich a) das Bauamt beleidigen will, weil ich b) davon ausgehe, dass das Lutschen von Schwänzen irgendwie eklig ist. Und gerade dieses völlig beiläufige b) kann schon gewaltig nerven, weil es Leute trifft, die nicht gemeint sind, auch und gerade weil sich der Schreiber gar nicht vorstellen kann, dass diese Leute am Diskurs teilnehmen können; welcher Autist kann schon reden, und welcher Schwanzlutscher gibt öffentlich zu, dass er Schwänze lutscht?

  • Dann verstehst du anscheinend den Sachinhalt des Leserbriefs nicht, denn darin wird ein Verhalten kritisiert, dass in der Ecke Klügelei/Vetternwirtschaft/etc. einzuordnen ist [...]

    Dieses Verhalten meint aber der Verfasser des Leserbriefes nicht, wenn er von Autismus spricht, sondern das Festhalten daran all dem zum Trotz, was inzwischen vorgefallen ist. Diese Abschottung von der Wirklichkeit würde an Autismus grenzen.

    Man muss die Menschen nehmen, wie sie sind. Ich mich auch.

    3 Mal editiert, zuletzt von Eurich Wolkengrob (18. August 2021 um 15:14)

  • Genau der letzte Satz, diese Abschottung würde an Autismus Grenzen ist doch eigentlich in keiner Weise haltbar und alleine durch diese
    Verwendung wie hier erzeugt.

    Wenn ihr diese übertragene Bedeutung unterstützen und fördern wollt, bitte.

    Aber, wie gesagt, es macht keinen Sinn das hier zu diskutieren.
    Das habe ich verstanden.

    Es geht auch nicht um diesen Kommentar hier an sich (vielleicht ist das nicht ganz klar geworden) sondern den Umgang mit
    dem Wort an sich.

    Diese Geschichte, vor allem die wirklich diskriminierende Begründung des Jugendamtes, ist es, die meiner Meinung nach Öffentlichkeitsarbeit verdient.

    Ich habe heute auch wieder mit jemanden gesprochen, es besteht da kein Interesse bzw keine Handhabe.

    Das eine relativiert aber auch nicht das andere, sondern das war eine Bedingung dass es überhaupt soweit kommen konnte.

    3 Mal editiert, zuletzt von Backnetmaster (18. August 2021 um 16:07)

  • Wenn ich es richtig verstanden habe, hat die Stadt ignoriert, dass es wichtig wäre, nicht alles zuzubauen (= "Flächenversiegelung"), was dann eben dazu führt, dass bei ggf. stärkerem Regen das Wasser nicht mehr richtig in den Boden abläuft. Die Folgen sind dann Überschwemmungen.

    Danke für die Erklärung. (Vielleicht solltest du dem Leserbriefschreiber anbieten, sein zukünftiger Ghostwriter zu werden, damit verständlich wird, was er mitteilen will.)

    Das Wort "Neger" wird umgangssprachlich auch verwendet für "Gehilfe, Zuträger ...".

    Also in dem Umfeld, wo ich mich bewege, passiert das nicht. Ich finde auch das geht gar nicht und die Frage, wie rassistisch eine Person ist, die solche Worte nützt, würde sich mir unverzüglich aufdrängen.

    Die Zeitung hat danach auch noch die Überschrift geändert, die haben also darüber nachgedacht.

    Deshalb ist es super, dass du das entdeckt und reagiert hast.

    Betrifft: Leserbrief *Titel* in *Name Zeitung* vom *Datum*

    Finde die Idee für das "Antwortschreiben" gut.

    Surprised by the joy of life.

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