Neue Forschung zur Misophonie

  • Ein Artikel auf spektrum.de (Ein hochsensibler Spiegel für die Mundbewegung) berichtet über neue Erkenntnisse zu den neuronalen Ursachen von Misophonie. Er beruft auf den Fachartikel The motor basis for misophonia.

    Misophonie (wörtlich übersetzt: Hass auf Geräusche) sei demnach keine Überreaktion des Hörsystems, sondern von Teilen des motorischen Systems, und zwar infolge einer verstärkten Kommunikation zwischen den beiden Gebieten.

    Manchen Betroffenen helfe es, die Bewegung, die das unangenehme Geräusch verursacht, nachzuahmen.

    Mich erinnert das an mein Erlebnis mit dem Laut "s". Manche Leute sprechen ihn so scharf aus, dass meine Spiegelneuronen Schmerz signalisieren.

    "Igitt, die Muse hat mich geküsst." ~ ein autistischer Künstler

  • Mich erinnert das an mein Erlebnis mit dem Laut "s". Manche Leute sprechen ihn so scharf aus, dass meine Spiegelneuronen Schmerz signalisieren.

    Ich kann zwar nicht beurteilen das es bei mir sich genauso abspielt aber ich erlebe es auch als schmerzhaft bei manchen leuten.
    Im BR in den Nachrichten gibt es einen Nachrichtensprecher bei dem das so ist. Das "s" ist hier sehr scharf und es hört sich für mich an wie ein Piepsen das im Ohr weh tut.

    Go bad or go home!

  • Oder es ist auch eine Form von Synästhesie.
    Ich kenne das mit dem "pfeifenden S" auch, das nervt furchtbar, wenn jemand so spricht.

    Übrigens finde ich die in dem Artikel genannten Geräusche (Schlucken, Husten usw.) auch sehr nervig. Und es hilft mir, wenn ich diese Geräusche dann in Bewegungen umsetze (Zuckungen oder Grimassen). Kann ich erst seit einigen Jahren wieder zulassen, früher (als Kind) wurde ich dafür von meinen Eltern ausgeschimpft. Mein Vater hat einige dieser Geräusche sogar absichtlich öfter gemacht und dann über meine komischen Bewegungen gelacht.

    Und da ich sowieso Synästhetiker bin (Farbenhören), liegt die Vermutung, daß es sich hierbei auch um eine Synästhesieform handeln könnte, nahe.

    Diese Signatur wurde autistomatisch erstellt und ist ohne Unterschrift gültig :m(:

  • Synästhesie - Das sind für mich Gehirnteile die miteinander verknüpft sind. Um als Mensch zu funktionieren nutzt das Gehirn diese Bahnen, die bei NT-Menschen so nicht ausgebildet sind.
    Geräusche - Motorik
    Farbe - Hörzentrum
    Im Detail bestimmt viel komplexer und hypothetisch genauer bestimmbar. (Bin ja kein Neurowissenschaftler).
    Edit: Wie mach ich denn nun die Therapie? Target the brain representation of movement..

    Einmal editiert, zuletzt von Lou (16. Juni 2021 um 10:35)

  • Es gibt ein Buch von T. Dozier zur Misophonie. Auch hat Patrick Creuser ein eigenes geschrieben. Mich würde interessieren,ob bei jemandem aus dem Spektrum seit der Corona Pandemie eine Misophonie in Bezug auf diverse ErkÄltungsgeräusche passiert ist. Bei mir ist das nämlich in jedem Fall eingetreten

  • So wie ich Misophonie verstehe (ich habe hierzu nur etwas auf Wikipedia gelesen) betrifft Misophonie auch Umweltgeräusche, wie zum Beispiel das Ticken von Uhren. Gerade eben dieses ist für mich kaum erträglich und verursacht starkes körperliches Unwohlsein (Unruhe, Schmerzempfinden). Das Geräusch, das entsteht, wenn ich auf Schnee trete ekelt mich.
    Menschengemacht verursacht das Trommeln von Fingern auf Tischplatten ein ähnliches Gefühl wie die tickende Uhr.

    Ich habe gerade versucht, das Ticken der Uhr mit einer wiederholten entsprechenden Handbewegung in Einklang zu bringen, und das Unwohlsein war weg. Das mag aber auch daran liegen, dass mich das Ticken der Uhr dann nicht von etwas anderem ablenkt, dass ich gerade eigentlich tun möchte.

    Ich bin mir grad nicht sicher, ob dieses Unwohlsein bei mir nicht ebenso auftritt bei bestimmten haptischen Reizen (manche Stoffe).
    Vielleicht ist die Ursache hier eine ähnliche?

    Einmal editiert, zuletzt von Abendrot (9. März 2022 um 14:44)

  • ich muss mich fast immer schütteln, wenn ich Wein trinke (auch guten!!). Das läuft reflektorisch ab, kann nichts dagegen machen.
    ich mag unregelmäßige "zu laute" Geräusche nicht
    mir tut schrilles Quieken / Kreischen junger Kinder weh in den Ohren, außerdem denke ich immer "Kind in Gefahr!" und bin genervt, wenn das allzu oft aus reiner Lust am Quietschen getan wird
    Kreidequietschen auf Tafel und ähnliche Laute sind mir egal
    leise, heisere Stimmen finde ich unerträglich, außerdem räuspere ich mich dann ständig "stellvertretend"
    bestimmte Lautbildungen wie Lispeln, flötende S-Bildung oder das SCH mit Ansatz von Überbiss raus-fscheuchen (wie unser Bundespräsident) machen mich völlig fertig und "zwingen" mich zur Nachahmung
    knödelnde Sänger_innen im Radio finde ich furchtbar, mache sie auch nach, bekomme Schimpfe von den Kindern, lästere dann, lasse es aber sein :twisted:

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Knisterndes Papier in jeder Form (in der Bahn, wenn jemand eine Bretzel in einer Papiertüte ist, in der Bibliothek, wenn Leute mit ihren Blättern kruscheln)
    oder wenn jemand in der Wohnung über einem den Fernseher gerade so laut gedreht hat, dass man das Geräusch hört, aber nicht, was gesagt wird. Das fühlt sich an, als würde jemand beharrlich die ganze Zeit von innen gegen meine Stirn trommeln und ist unmöglich zu ignorieren.
    Und natürlich schmatzende Menschen.

  • ....die ganze Zeit von innen gegen meine Stirn trommeln und ist unmöglich zu ignorieren.
    Und natürlich schmatzende Menschen.

    Geht mir auch so. Ich kann's nicht ignorieren oder wegdenken oder kleindenken.
    Schmatzende sind mir auch ein Greuel. Die können vielleicht gar nix dafür, aber mich macht's rasend.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Geht mir auch so. Ich kann's nicht ignorieren oder wegdenken oder kleindenken.Schmatzende sind mir auch ein Greuel. Die können vielleicht gar nix dafür, aber mich macht's rasend.

    Wie gehst du damit um? Ich taste dann immer ganz hektisch nach meinen Kopfhörern und versuche die Geräusche mit Musik oder Youtubevideos zu überdecken. Oder ich flüchte, falls es geht.

  • Ja, möglichst Abstand dazwischen legen.
    Oder übertönen.

    Also genau das Gleiche, mehr fällt mir nicht ein, aber meistens "leide" ich nicht lange.

    Vor kurzem hat mein Mann angefangen, zu schmatzen. Ich habe sehr lange gebraucht, ihm klarzumachen, dass der Mund beim Kauen auch geschlossen bleiben kann :m(:
    Hätte ihn treten mögen, bis er's begriffen hat, dabei bin ich sonst eher friedlich ;)

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Vor kurzem hat mein Mann angefangen, zu schmatzen. Ich habe sehr lange gebraucht, ihm klarzumachen, dass der Mund beim Kauen auch geschlossen bleiben kann :m(:
    Hätte ihn treten mögen, bis er's begriffen hat, dabei bin ich sonst eher friedlich ;)

    Das kenne ich auch. Dann entstehen bei uns Gespräche wie:

    "Aber ich mache den Mund doch gar nicht auf."
    - "Doch."
    "Aber doch nur ganz kurz, das zählt doch nicht."
    - "Gerade das kurze öffnen erzeugt doch das Schmatzen."
    "Nein."
    - "Hörst du das nicht?"
    "Aber das ist doch nur ganz leise."
    - "Genau, und gerade diese leisen Geräusche kann ich nicht ausblenden."
    "Dann hör doch einfach nicht hin."
    - "Versuche ich, klappt aber leider nicht."
    "Du stellst dich aber an. Kann ich nicht verstehen, wie dich das so nerven kann."

    Und dann, wenn ich etwas esse, wärend meine Frau z.B. fernsehen schaut, sind die Rollen vertauscht:

    "Kannst du bitte zum Essen in ein anderes Zimmer gehen?"
    - "Wenn du möchtest, klar. Wieso denn?"
    "Das Schmatzen lenkt mich ab."
    - "Wie? Ich dachte, du kannst dir gar nicht vorstellen, dass das nerven kann?"
    "Naja, wenn du so laut schmatzt, dann schon."
    - "Ich mache nicht mal den Mund dabei auf, ich kaue nur."
    "Ja, aber du kaust mit geschlossenem Mund viel lauter als ich mit offenem."
    - "Und wenn du einfach weghörst, so wie du es mir vorgeschlagen hattest?
    "Nee, so laut wie du kaust, kann ich da nicht weghören."
    - "Dann kannst du also doch verstehen, wie nervig das sein kann?"
    "Ja aber doch nur, weil du das so laut machst. Wenn du das so leise machen würdest, wie ich, dann wäre das kein Problem."

    :m(:

    Dagegen hilft bei mir Entspannung bzw. Stress Vermeidung. Im Urlaub, wenn ich ein paar Tage viel geschlafen und insgesamt wenig getan habe, dann stören mich diese leisen Geräusche kaum. Ansonsten kann ich den Nerv-Faktor immerhin reduzieren, wenn ich daran denke, über Tag möglichst häufig Gehörschutz zu tragen. Repetitive Tätigkeiten (z.B. Socken sortieren) kombiniert mit Musik und am Besten im Stehen um dabei ein wenig zu tänzeln, wirken auch Wunder, solange ein gewisser Stresslevel noch nicht überschritten ist. :)

  • ....am Besten im Stehen um dabei ein wenig zu tänzeln,....

    Ja!!! Bewegung hilft mir oft, darüber hinwegzukommen.
    Das baut den innerlichen Stress ab.

    Im übrigen gilt der Spruch des Alltagsphilosophen Loriot:
    Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen :twisted:

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Und natürlich schmatzende Menschen.

    Geht mir auch so. Ich kann's nicht ignorieren oder wegdenken oder kleindenken.

    Mir auch. Aber nur bei Erwachsenen. Bei Kindern fiel mir das noch nie negativ auf und ich habe da Verständnis.

    Die Person, über die ich mich öfters beschwerte deswegen, und auch weil die oft laut Ausatmete, hatte deswegen sogar schon Mal gegooglet und kam dann zu mir und sagte "Ich weiß jetzt was du hast. Misophonie". Und ich dachte erst Mal "Vielleicht bist du auch einfach nur zu laut?" Weil ich die Person öfters gebeten hatte, mal darauf zu achten, und derjenige dann aber wütend wurde und sagte "Ich verhalte mich so wie ich will." Aber dann fand ich das Thema natürlich wissenschaftlich interessant.

    Mir fallen darüber hinaus auch ein paar mehr Beispiele ein, als die, ich jetzt erwähne. Z. B.:


    Bei Düsenjets und Feuerwehr-Alarm-Sirenen kriege ich Angst. Teils auch bei Silvester-Raketen. Das erinnert mich immer an Krieg.

    Toilettenspülgeräusche und sonstige Wasserabzugsgeräusche machten mir früher Angst mit Albträumen. Die Albträume habe ich heute immer noch manchmal.

    Oder mag ich manche Musiktöne nicht, die dann sehr negative Gefühle in mir auslösen.

    Und so richtig wütend werde ich bei Türklopfen und Klingeln. Und bei Handy- und Telefonklingeln auch etwas, aber vermischt mit Stress, dass da jemand anruft. Ich wechsle deshalb sogar immer wieder mal meinen Klingelton, wenn mal öfters nacheinander mein Handy geklingelt hat eine Zeit, weil sonst der vorige die Gefühle triggert, und der neue ist dann erst Mal neutral.

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