Typisch Asperger? Wo fallen Diagnosekriterien und Selbstwahrnehmung auseinander?

  • Constanze Schröck heißt die Autorin.

    Vielen herzlichen Dank! Ich habe es nicht gemerkt, dass mit Buchstaben verloren gingen.Die Studie hatte ich in einem anderen Topic verlinkt und ebenfalls nicht gemerkt, dass ich dies hier nicht gemacht habe. War unsauber von mir.

    Gut, dass du die Daten nachgereicht hast.

    In der Diss geht sie auch auf Unterschiede ein zu frühkindlichen und atypischen Autismus. Habe das hier bewusst weggelassen, da meine Frage sonst zu umfangreich gewesen wäre.

  • Welche Persönlichkeitsstörungen sollen das sein?

    Weil ich gerade hier zuletzt davon gelesen habe (aber nicht zum ersten Mal), zitiere ich die Studie, die im Thread zur Sexualität im forensischen Kontext verlinkt ist:

    "Häufig auftretende komorbide psychische Erkrankungen sind das Aufmerksamkeitsdefizit‑/Hyperaktivitätssyndrom (ADHS), Tic-Störungen, Zwangsstörungen, depressive Syndrome und Persönlichkeitsstörungen (v. a. schizoide und schizotype Persönlichkeitsstörungen) (Matthies und Frauenknecht 2019)." Quelle des Zitats: https://link.springer.com/article/10.100…757-020-00637-6
    Borderline kommt auch vor, Traumafolgestörungen ebenfalls.

  • @Shino Me:

    Die sprachliche Entwicklung, im Alter von drei Jahren, ist für die Unterscheidung zwischen frühkindlichem Autismus und Asperger notwendig. Ein Asperger hat keine spachliche Entwicklungsverzögerung, frühkindlicher Autismus schon.

    Hi,

    das steht in allen Beschreibungen, das weiß ich. Eben deshalb war ich über diese Studie erstaunt. Denn in ihrer Untersuchung zu diagnostizeirten ASPERGER Autisten fand sich: ".... Gillberg gibt als weiteres diagnostisches Kriterium noch eine verzögerte Sprachentwicklung an, was laut ICD-10-Kriterien eine Diagnose des Asperger-Syndroms ausschließt. In der vorliegenden Untersuchung gaben jedoch immerhin 36% der Asperger-Patienten an, eine sprachliche Entwicklungsverzögerung gehabt zu haben. Darüber hinaus zeigten fast alle Teilnehmer ein konkretistisches Sprachverständnis, was ebenfalls nur Teil der Gillberg„schen Diagnosekriterienist, von den ICD-10-Kriterien nicht genannt wird, jedoch auch nicht ausgeschlossen wird. Diesen Umstand bemängeln zahlreiche andere Autoren (Leekam, Libby, Wing, Gould, & Gillberg, 2000). ..."

    Bei mir ist das nicht so, ich wollte nur mit bestimmten Menschen reden und da auch viel. Bei anderen habe ich geschwiegen, selbt, wenn ich bestraft wurde. Mir ist nur diese Feststellung aufgefallen, da ich bisher immer Sprachverzögerungen bei Asperger als Ausschlusskriterium kannte. Dass ab 2022 alles "neugemischt wird", weiß ich. Mich hat es trotzdem interessiert, da ich mich in vielen anderen Punkten der Diss gut wiedererkennen.

  • Was genau heißt denn Sprachverzögerung? Also ich hab beispielsweise altersentsprechend mit dem Reden angefangen. Aber dann mit so 4-5 Jahren Logopädie aufgrund schlechter Aussprache und "Sprechfaulheit" erhalten (heute kann ich quasseln wie ein Wasserfall (RW)).

  • Was genau heißt denn Sprachverzögerung? Also ich hab beispielsweise altersentsprechend mit dem Reden angefangen. Aber dann mit so 4-5 Jahren Logopädie aufgrund schlechter Aussprache und "Sprechfaulheit" erhalten (heute kann ich quasseln wie ein Wasserfall (RW)).

    Das habe ich mich auch gefragt. Was ich in der Studie gefunden habe, war dann folgendes:

    "Auffällig sprachliche Entwicklung,,...z.B. verzögertes Sprechen oder andere Auffälligkeiten, wie das Verwechseln von „ich“ und „du...." Die Fragestellung war wohl: "„Ist Ihre motorische Entwicklung (z.B. Laufen lernen) und Ihre sprachliche Entwicklung normal verlaufen oder gab es Verzögerungen bzw. andere Beeinträchtigungen?..."

    Und da war ich irritiert, denn für mich sind auffällige Entwicklungen was anderes als Verzögerungen. Muss mich da einlesen. Aber mir fehlt leider zur Zeit die Kraft. Ich habe eine Konzentrationsphase von 10 min und dann ist Schluss.

    Mir ist nicht erklärlich, warum Sprachverzögerung einerseits als Aussschlusskriterium gilt und andererseits 36 % der diagnostizierten Asperger in dieser Untersuchung eine angegeben hatten.Lag es an unterschiedlichen Definitionen? Wurde das nicht bewertet? Daher interessiert mich, ob es hier Asperger gibt, die eine Verzögerung/Beeinträchtigung bejahren würden und wie man ihnen das erklärt hat.

  • Frage ich mich gerade auch. Denn ich habe einerseits so ziemlich ab dem Moment, als ich Laute von mir brachte mit mir selbst gebabbelt (vielleicht habe ich ja eine Zwillingssprache ganz für mich alleine erfunden :lol: ), aber dann eher spät meine ersten Worte gesagt, dafür waren meine ersten Worte Sätze und zum Teil auch Wörter, die die meisten Kleinkinder erst viel später erlernen, so dass ich ja irgendwie zugleich anderen Kindern sprachlich hinterher, aber auch offensichtlich voraus war :roll:

  • na der Unterschied zwischen Asperger ist, dass Autismus mehr als nur Asperger beschreibt und Gemeinsamkeiten ausserhalb der Diagnosekriterien, wären ja genau das, was man als typisch bezeichnen könnte, wonach TE fragt und ich bin mir ziemlich sicher dass @Dr. L84 mit bei Asperger wäre das einfacher eben gemeint hat, es ist einfacher Gemeinsamkeiten ausserhalb der Kriterien zu finden.

    Ja.

    @Tux

    Asperger ist nur eine Teilmenge des Gesamten. Es ist leichter, die Zahlen von 1 bis 10 zu nennen als die von 1 bis 1000.

    von den ICD-10-Kriterien nicht genannt wird, jedoch auch nicht ausgeschlossen wird. Diesen Umstand bemängeln zahlreiche andere Autoren (Leekam, Libby, Wing, Gould, & Gillberg, 2000). ..."

    Daran erkennst Du ja aber auch, wie unfassbar alt ICD-10 ist, wenn es schon vor 20 Jahren kritisiert wurde. Als ich vor rund 10 Jahren bei meiner Diagnostikerin war, hatte sie auch schon nicht mehr mit den ICD-10-Kriterien gearbeitet, weil sie aus ihrer Sicht völlig überholt und unbrauchbar waren. Stattdessen hat sie DSM genutzt, und selbst dort ist mittlerweile eine neue Version erschienen. Daher die Frage: hast Du dort mal geschaut?

  • Und da war ich irritiert, denn für mich sind auffällige Entwicklungen was anderes als Verzögerungen.

    Sehe ich auch so. Ich habe auffällig früh gesprochen. Und generell halt irgendwie komisch, so viel und früh, dass meiner Mutter unterstellt würde sie würde mit mir Bauchreden.
    Habe Sätze auch oft in allen grammatisch möglichen Varianten wiederholt etc.

    Vor mich hin gebrabbelt habe ich laut ihr wohl auch nicht. Also das bababa und so hat gefehlt. (Kann ich heute natürlich nicht nachprüfen, ob das so stimmt etc.)

  • @Grubber:

    Persönlcihkeitsstörungen (z.B. schizoid, dissozial, etc.) sind Ausschlusskriterien. D.h. wenn eine schizoide PS diagnostiziert wird, dann kann kein Asperger bzw. ASS vorliegen. Ein Aspi kann Auffälligkeiten von unterschiedlichen PS haben bzw. zeigen. Allerdings sind diese nicht ausreichend, um eine PS diagnostizieren zu können.

    Aus diesem Grund wird bei der Diagnostik auch auf PS getestet.

  • @Grubber:

    Persönlcihkeitsstörungen (z.B. schizoid, dissozial, etc.) sind Ausschlusskriterien. D.h. wenn eine schizoide PS diagnostiziert wird, dann kann kein Asperger bzw. ASS vorliegen. Ein Aspi kann Auffälligkeiten von unterschiedlichen PS haben bzw. zeigen. Allerdings sind diese nicht ausreichend, um eine PS diagnostizieren zu können.

    Aus diesem Grund wird bei der Diagnostik auch auf PS getestet.

    (Hervorhebungen von mir) Das wird von einigen Diagnostikern so geschrieben, aus pragmatischen Gründen (mitunter schwierige Differenzierbarkeit im Erwachsenenalter bei Symptomüberschneidung) auch teilweise so gehandhabt, und hier im Forum auch immer wieder aufgeführt, aber: Das ist weder gesetzlich so vorgeschrieben, noch ist es unhinterfragt und unwidersprochen, noch ist es sachlich schlüssig. Und wie du an meinem Beispiel erkennen kannst (hast du dir die Quelle angesehen?), wird es auch nicht von allen Fachleuten so gehandhabt, sondern es werden durchaus Mehrfachdiagnosen vergeben.

  • Typische Punkte sind: "Beeinträchtigung sozialer Interaktion, eingeschränkte Interessen und Aktivitäten, stereotype Verhaltensmuster, beeinträchtigte nonverbale Kommunikation und motorische Ungeschicklichkeit"


    ...

    Bei ihrem Vergleich fand sie weitere sehr häufig von diagnostizierten Asperger Patienten genannte Punkte:

    • nicht lügen zu können (90 %)

    Findet ihr euch da wieder?

    Im großen Ganzen finde ich mich in fast allen Punkten wieder.
    Allerdings habe ich definitiv keine eingeschränkten Interessen - im Gegenteil: ich habe viel mehr Interessen und Hobbies als die meisten anderen, die mir bisher vor die Nase liefen.

    Und Lügen verurteile ich zwar zutiefst und hege den Anspruch an mich selbst, immer die Wahrheit zu sagen (und erwarte dies auch von meinem engsten Umfeld), aaaaaaber: ich bin eine super Lügnerin. In Notsituationen, in denen das Lügen wirklich erforderlich war, um mich selbst vor weiteren unerträglichen Stresssituationen zu bewahren, bin ich sehr gut im Verschleiern der Wahrheit. Ich erfinde einfach eine Neue!
    Zu meinen engsten Vertrauten bin ich aber ausnahmslos ehrlich.

  • noch ist es unhinterfragt und unwidersprochen, noch ist es sachlich schlüssig.

    Nette Behauptung. Woran machst du das fest? Medizinischen Studien oder belegten Forschungen?

    Eine representative Studie setzt eine Mindestanzahl an Studienteilnehmern voraus. Damit sie klinisch bzw. medizinisch relevant und verwendbar ist, gibt es noch ein paar andere Anforderungen. Z.B. belegt und nachgewiesen durch andere Forscher.


    Und wie du an meinem Beispiel erkennen kannst (hast du dir die Quelle angesehen?), wird es auch nicht von allen Fachleuten so gehandhabt, sondern es werden durchaus Mehrfachdiagnosen vergeben.

    Sind die Fachleute den auf Autismus spezialisiert? Wo werden den die Mehrfachdiagnosen vergeben? Woher willst du das mit den Mehrfachdiagnosen wissen?

    Liefer mal wissenschaftliche Fakten, Ergebnisse statt Behauptungen, Vermutungen.
    Ich kann vermutlich auch den Lotto Jackpott knacken ohne einen Schein abzugeben entspricht in etwa den Behauptungen der Mehrfachdiagnose.

    Psychiater mit jahrzehnte langer Erfahrung als Leiter der Autismusambulanz, die zusätzlich Forschung (öffentliche, keine internen) auf diesen Gebiet betreiben, also Spezialisten verfassen Fachbücher etc. anhand von Fakten, Tatsachen und nicht auf Vermutungen ohne vorhandene Fakten.

  • Wäre evtl. mal eine Idee für eine Umfrage?

    eine schlechte Idee

    Gerade hier im Board sind doch eher leichter Betroffene unterwegs und damit auch im höheren Anteil mit Partner.
    Sowas müsste man bei den Autismus(therapie)zentren anfragen.
    Ich selbst vermute, dass insgesamt vielleicht 10% aller Autisten einen Partner haben. Die meisten dürften ohne Betreuung nicht alleine lebensfähig sein.

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe.
    Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Mich irritiert, dass das Verrücken von Möbeln als Beispiel für "winzige Veränderungen" genannt wird. Bei winzig hätte ich an sowas gedacht wie: Salzstreuer steht statt rechts vom Pfefferstreuer links vom Pfefferstreuer.

  • Vielleicht sollte da besser in Geschlechter eingeteilt werden. Es ist ja üblich, dass bei Männern der erste Schritt erwartet wird.

    Ich zitiere jetzt auch mal aus dem im anderen Thread heißdiskutierten Autismus-Sexualität-Forensik-Paper Sexualität bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung und ihre Bedeutung für die forensische Psychiatrie und Psychotherapie | SpringerLink:
    "Es finden sich deutliche Geschlechtsunterschiede in der Beziehungshäufigkeit von Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung. Während sich betroffene Männer häufiger eine feste Beziehung wünschen, im Vergleich zu Frauen mit einer Autismus-Spektrum-Störung, befinden sich Frauen deutlich häufiger in einer festen Partnerschaft (Turner et al. 2017). Die Einschränkungen in den sozialen Interaktions- und Kommunikationsfähigkeiten sind bei Frauen mit einer Autismus-Spektrum-Störung meist weit weniger intensiv ausgeprägt, und Frauen besitzen teilweise bessere Coping-Strategien, um die vorhandenen Defizite im täglichen Leben auszugleichen, wie beispielsweise eine ausgeprägte Fähigkeit, soziale Verhaltensweisen der nicht an einer Autismus-Spektrum-Störung erkrankten Peers nachzuahmen („social mimicry“) (Dean et al. 2017). Dies könnte es Frauen mit einer Autismus-Spektrum-Störung erleichtern, eine sexuelle Beziehung einzugehen."

    Weiter kann ich noch beitragen, dass in diesem Werk socialnet Rezensionen: Georg Theunissen: Autismus und herausforderndes Verhalten | socialnet.de im ersten Kapitel eingehend beleuchtet wird welche unterschiedlichen Auffassung von Autismus es bis zum heutigen Tag gibt und gab. Sehr lesenswert und bißchen schade, dass aus dem Titel des Buches nicht hervorgeht, dass es sowas beinhaltet.

    Surprised by the joy of life.

  • eine schlechte Idee
    Gerade hier im Board sind doch eher leichter Betroffene unterwegs und damit auch im höheren Anteil mit Partner.
    Sowas müsste man bei den Autismus(therapie)zentren anfragen.
    Ich selbst vermute, dass insgesamt vielleicht 10% aller Autisten einen Partner haben. Die meisten dürften ohne Betreuung nicht alleine lebensfähig sein.

    Bei den in der Studie befragten Asperger Autisten:

    "...Knapp ein Viertel gab an aktuell in einer stabilen Partnerschaft zu sein, mehr als ein Drittel hatte noch nie eine partnerschaftliche Beziehung geführt. Die Frage nach eigenen Kindern bejahte etwa ein Fünftel der Befragten.."

    "...123 (65%) von insgesamt 190 Asperger-Patienten verneinten die Frage nach einer aktuellen Partnerschaft. 21 (11%) gaben an im Moment zwar einen Partner zu haben, die Beziehung sei aber eher instabil und 46 (24%) Patienten und Patientinnen führten eine stabile Beziehung oder waren verheiratet.Im letztgenannten Punkt unterscheiden sich Männer und Frauen insofern, als 20% der Männer, aber 30% der Frauen verheiratet waren oder eine stabile Beziehung führten...."

    "...Im Vergleich mit den anderen Subsyndromen schneidet die „Asperger-Gruppe“ eher gut ab. In den Gruppen „Autismus im Rahmen eines Syndroms“, „Frühkindlicher Autismus“ und „Atypischer Autismus“ waren noch weniger Patienten in festen Beziehungen oder niemand aus der Gruppe..."

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