Anecken in der Arbeit

  • Ich bin heute in der Arbeit wieder einmal angeeckt. Ich will euch die Situation kurz schildern. Und zwar besucht uns ab Juni für zwei Monate lang eine Doktorandin, die übrigens sehr hübsch ist und die ich auch mitbetreuen werde (Ich rechne mir durch meine Unerfahrenheit keine Chancen bei ihr aus). Nun haben mein Chef und meine Arbeitskollegen (alle männlich) heute ihr Profil auf Facebook gefunden und sexistische Aussagen gemacht, wie es wohl werden würde wenn Sie bei uns ist. Solche Witze könne man ja machen weil im Moment eh keine Frauen im Büro sind.

    Ich habe es nicht mehr ausgehalten und gesagt: "Wow. Ich habe gar nicht gewusst wie viele notgeile Männer es hier in unserer Firma gibt. Sollten wir Sie nicht so behandeln, dass Sie sich wohl fühlt bei uns?"

    Bin ich hier wieder einmal zu weit gegangen? Auch werde ich nie in solche Gespräche einbezogen und fühle mich beim Thema Frauen als Außenseiter. Wie hättet ihr reagiert?

    Musik ist die Kunst die Zeit zu dekorieren.

    Einmal editiert, zuletzt von Maeki (22. April 2021 um 17:37)

  • Also, ich finde das gut, was du gesagt hast. Wie haben denn die anderen darauf reagiert?

    "He that can take rest is greater than he that can take cities." ~ Benjamin Franklin

    Ich hab mehr Spielwiesenbeiträge als du!

  • Alles klar. Dankeschön. Sie waren als Erstes irritiert und haben sich glaube ich ein bisschen geschämt danach. Ich kann es nicht genau sagen. Auf jeden Fall habe ich zu einem Arbeitskollegen gesagt bevor ich gegangen bin: "In dem Fall kann ich über deine Freundin in Zukunft auch so reden, wenn du nicht da bist."

    Musik ist die Kunst die Zeit zu dekorieren.

  • Männer wie Dich braucht das Land... gut gemacht. Aber ich kann verstehen dass es unangenehm ist, wenn man mit seinen Ansichten alleine da steht.
    Wenn Du dann der einzige bist, der sich nicht wie ein Gorillamännchen aufführt wenn sie dann da ist, und Dich tatsächlich für ihre Arbeit interessierst und sie ernst nimmst, stehen Deine Chancen bei ihr vielleicht gar nicht so schlecht.

  • @Kugelfisch Vielen Dank. Habe mich sehr über deine Antwort gefreut. Ich habe generell ein ehrliches Interesse an meinen Mitmenschen und habe wahrscheinlich oft einen zu großen Gerechtigkeitssinn. Ich hatte auf jeden Fall das Gefühl das Richtige zu tun. Beim Thema Beziehungen hat mich mein ehrliches Interesse leider noch nicht weitergebracht. Aber ich gebe nicht auf. Ich werde erst einmal schauen, ob die Doktorandin und ich überhaupt zusammenpassen.

    Musik ist die Kunst die Zeit zu dekorieren.

  • Sie waren als Erstes irritiert und haben sich glaube ich ein bisschen geschämt danach.

    Dann hat dein Satz genau die richtige Wirkung entfaltet. :thumbup:

    Auf jeden Fall habe ich zu einem Arbeitskollegen gesagt bevor ich gegangen bin: "In dem Fall kann ich über deine Freundin in Zukunft auch so reden, wenn du nicht da bist."

    Den Satz hättest du meiner Meinung nach auch weglassen können. Nicht, weil er falsch wäre, sondern, weil der erste Satz auch gut für sich alleine steht und so vielleicht sogar eine noch größere Schockwirkung auf die anderen hätte.
    Aber das nur am Rande. Ich kann den Drang gut verstehen, in so einer Situation noch was nachzusetzen, wenn der eigene Gerechtigkeitssinn einen so laut (und berechtigt!) anschreit: 'Tu was! Nimm das nicht einfach hin!'

    -

    Aber um aufs Threadthema zurückzukommen: Wenn das Anecken ist, dann ist das auf jeden Fall nichts Schlechtes.

    Ich war auch schon mal in solchen Situationen und habe es nachher sehr bereut, nichts gesagt zu haben.

    "He that can take rest is greater than he that can take cities." ~ Benjamin Franklin

    Ich hab mehr Spielwiesenbeiträge als du!

  • Ich finde deine Aussage durchaus den Umständen angemessen und eher erschreckend, dass deine Kollegen ihr Verhalten für geeignet halten, solange sie "unter sich" sind. Ich finde es gut, dass du nicht nur nicht zugestimmt hast, sondern dich dagegen positioniert hast. :thumbup:

    Edit: die zweite Aussage (über die Freundin des Kollegen) finde ich dahingehend problematisch, weil sie die Freundin auch von dir auf eine Objektebene stellen würde. Denn solche Aussagen über die Freundin des Kollegen fände ich auch dann nicht okay, wenn der Kollege es in seiner Abwesenheit okay fände.

    "Auf der Metaebene lässt sich Abstand gewinnen zum Geschehen. [...] Und dabei zeigt sich, dass es andere Perspektiven, andere Erlebensweisen und viel mehr Möglichkeiten für Lösungen gibt, als sich der Mensch in seiner alten kleinen Welt hatte träumen lassen." (Brit Wilczek)

    Einmal editiert, zuletzt von Kayt (22. April 2021 um 17:58)

  • Den Satz hättest du meiner Meinung nach auch weglassen können. Nicht, weil er falsch wäre, sondern, weil der erste Satz auch gut für sich alleine steht und so vielleicht sogar eine noch größere Schockwirkung auf die anderen hätte.
    Aber das nur am Rande. Ich kann den Drang gut verstehen, in so einer Situation noch was nachzusetzen, wenn der eigene Gerechtigkeitssinn einen so laut (und berechtigt!) anschreit: 'Tu was! Nimm das nicht einfach hin!'

    Da hast du vielleicht sogar Recht. :) Nur war ich da schon ein bisschen in Rage und konnte mich nicht zurückhalten. :d Wieder was gelernt. :thumbup:

    Musik ist die Kunst die Zeit zu dekorieren.

  • Ich werde erst einmal schauen, ob die Doktorandin und ich überhaupt zusammenpassen.

    Sie könnte auch schon längst einen Freund haben.
    Ich würde gar nicht auf die Idee kommen, bei einem Azubi o.ä. als erstes daran zu denken, ob daraus eine Beziehung werden könnte, nur weil er gut aussieht.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Bin ich hier wieder einmal zu weit gegangen?

    Nein, manches muss auch raus, sonst platzt man ja. Ich würde nur aufpassen, bei meiner Reaktion nicht einen Kollegen konkret anzugreifen, sonst stehen ihm alle andern bei und gehen gegen einen.

    Auch werde ich nie in solche Gespräche einbezogen

    Ist mir mein ganzes Berufsleben lang so gegangen. Die merken das halt instinktiv (wie, weiß ich bis heute nicht): sexistische Sprüche, Sexprotzerei und Fußball, das geht bei mir nicht. Und darüber, dass bestimmte Themen bei einem nicht gehen, reden sie auch, wenn man nicht da ist. Damit muss man leben und sich das sprichwörtliche "dicke Fell" zulegen.

    "Ich kämpfe nicht, ich behaupte mich." - "Ich will nicht siegen, ich will sein." (Georg Kaiser)

  • Sie könnte auch schon längst einen Freund haben.
    Ich würde gar nicht auf die Idee kommen, bei einem Azubi o.ä. als erstes daran zu denken, ob daraus eine Beziehung werden könnte, nur weil er gut aussieht.

    Ja. Du hast Recht. :d Ich weiß ja überhaupt nichts über Sie. Ich muss erst mal schauen, ob wir uns überhaupt gut verstehen. Und wenn Sie einen Freund hat, dann ist das halt so. Falls wir uns gut verstehen, dann kann sich ja immer noch eine Freundschaft entwickeln. :)

    Musik ist die Kunst die Zeit zu dekorieren.

  • Nein, manches muss auch raus, sonst platzt man ja. Ich würde nur aufpassen, bei meiner Reaktion nicht einen Kollegen konkret anzugreifen, sonst stehen ihm alle andern bei und gehen gegen einen.

    Richtig. Aber das wird nicht passieren. Ich verstehe mich ansonsten nämlich gut mit meinen Arbeitskollegen, weil wir viele gemeinsame Interessen haben. Bei uns in der Akustikabteilung sind natürlich viele Musiker und da können wir uns gut austauschen in den Pausen. Aber Sie wissen, dass wenn ich eine Meinung habe ich dazu stehe auch wenn alle Anderen dagegen sind. Es gibt nur halt einige Themen bei denen ich nicht mitreden will. Nämlich genau die, die du genannt hast.

    Ist mir mein ganzes Berufsleben lang so gegangen. Die merken das halt instinktiv (wie, weiß ich bis heute nicht): sexistische Sprüche, Sexprotzerei und Fußball, das geht bei mir nicht. Und darüber, dass bestimmte Themen bei einem nicht gehen, reden sie auch, wenn man nicht da ist. Damit muss man leben und sich das sprichwörtliche "dicke Fell" zulegen.

    Wow. Wie hast du das ausgehalten? Hattest du jemanden in der Arbeit zu dem gehen konntest, wenn es zu arg geworden ist?

    Musik ist die Kunst die Zeit zu dekorieren.

    Einmal editiert, zuletzt von Maeki (22. April 2021 um 18:30)

  • Für mich liest sich dein Text so...

    ... im Grunde findest Du die neue Doktorantin auch anziehend und gehst davon aus, dass Sie dich, möglicherweise wie deine Kollegen*innen, nicht wahr nimmt oder in eine "Schublade packt"(RW) und nicht war nimmt.

    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass besonders attraktive Menschen leider auch sehr oberflächlich sind. Warum sollten sie sich auch hinterfragen? Läuft doch!

    Dass Du zudem (vorraussichtlich) Zeit mit ihr verbringen wirst, könnte es für Dich besonders schwierig mache zwischen Anziehung und Betreuung.

    Ich dende, Du hast das richtige getan. Nämlich die männlichen Kollegen mal "ein bisschen Einzubremsen"(RW). Schlimm finde ich, dass die Kommunikation über Facebook gelaufen ist. Das ist leider heute das elektronische Lästern/Spötteln equivalent von früher. Nur halt viel Öffentlicher und doch nur für Facebook-Nutzer.

  • Ich habe es nicht mehr ausgehalten und gesagt: "Wow. Ich habe gar nicht gewusst wie viele notgeile Männer es hier in unserer Firma gibt. Sollten wir Sie nicht so behandeln, dass Sie sich wohl fühlt bei uns?"

    Bin ich hier wieder einmal zu weit gegangen?

    Ich finde das richtig und mutig.

    Ich war vor einigen Jahren aber definitiv mal zu weit gegangen. Aus Protest gegen eine Arbeitszeitreform hatten meine Kollegen ein paar Monate lang keine Klassenfahrten mehr gemacht. Richtig streiken dürfen wir ja nicht. Und was habe ich gemacht? Ich war der Streikbrecher. Der einzige. :m(:

  • Wow. Wie hast du das ausgehalten? Hattest du jemanden in der Arbeit zu dem gehen konntest, wenn es zu arg geworden ist?

    Na ja, es gab ja auch andere Bereiche, es wird ja nicht nur über Sex und Fußball gequatscht. Und soweit es meine Fachkompetenz betraf, glaube ich, war ich schon geschätzt. Übrigens auch, wenn es darum ging, für Gerechtigkeit zu sorgen: Ich war lange Zeit Personalverteter. Also: Ich konnte es mir auch leisten, bei manchen Themen nicht mitzumachen oder mal Kontra zu geben.

    Außerdem: Ich habe die meiste Zeit da gearbeitet, wo ich auch studiert habe. Auf Sozialkontakte über den Arbeitsplatz war ich nicht angewiesen.

    "Ich kämpfe nicht, ich behaupte mich." - "Ich will nicht siegen, ich will sein." (Georg Kaiser)

  • Auf jeden Fall habe ich zu einem Arbeitskollegen gesagt bevor ich gegangen bin: "In dem Fall kann ich über deine Freundin in Zukunft auch so reden, wenn du nicht da bist."

    Ist nicht schlimm, aber damit hast Du die Wirkung Deiner Intervention bei diesem Kollegen natürlich etwas abgeschwächt.
    Seine Schämen wird damit abgefedert, denn Du hast ja damit quasi "angekündigt", ebenso agieren zu können.

  • Für mich liest sich dein Text so...

    ... im Grunde findest Du die neue Doktorantin auch anziehend und gehst davon aus, dass Sie dich, möglicherweise wie deine Kollegen*innen, nicht wahr nimmt oder in eine "Schublade packt"(RW) und nicht war nimmt.

    Wenn man das hier so liest:

    Ich werde erst einmal schauen, ob die Doktorandin und ich überhaupt zusammenpassen.

    ... war da vielleicht schon ein bisschen Beschützerinstinkt dabei. Das Ergebnis war aber das richtige. Vielleicht musst du nur ein bisschen aufpassen, dass du dir keine zu großen Hoffnungen bei der Doktorandin machst.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!