Asperger in die Bewerbung mit einbeziehen?

  • Dem kann ich eigentlich nichts mehr hunzufügen; gut zusammengefasst :nod:

    Natürlich flirten Autisten, sie bekommen es nur nicht mit.
    Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Aufbewahrung der Asche.

  • Ich habe das vor ein paar Monaten auch für mich abwägen müssen, es gibt da kein eindeutiges Richtig oder Falsch. Hier wurde ja schon viel Wichtiges angesprochen, aber vielleicht helfen dir meine Gedanken dazu auch weiter.

    Ich habe mich für Ausbildungen im öffentlichen Dienst beworben und habe im Anschreiben kurz darauf hingewiesen, dass ich einen GdB von x habe, welcher mich aber nicht an der Ausübung der angestrebten Tätigkeit hindert. Im öD muss man bei Erfüllung der grundlegenden Anforderungen dann so oder so zum Gespräch eingeladen werden. Da ich eine riesen Lücke im Lebenslauf habe, war für mich klar, dass ich damit offen umgehen möchte, schließlich hatte ich nichts zu verlieren. Für mich war es wichtig, dass mich ein Arbeitgeber als Gesamtpaket will. Mit Unterstützungsbefarf in manchen Bereichen, aber auch mit Stärken, die ich durch den Autismus mitbringe. Ich will mich nicht bis zum Burnout verstellen müssen und Nachteilsausgleiche mit gutem Gewissen in Anspruch nehmen dürfen.

    Bist du darauf nicht angewiesen, weil du so zurecht kommst und die Vorteile eines SBA nicht nutzen willst, oder gar keinen GdB hast, dann würde ich den Autismus vermutlich auch nicht ansprechen. Wenn du Zweifel hast, dass du in der Ausbildung Probleme bekommst, würde ich von Anfang an mit offenen Karten spielen und das Risiko eingehen, abgelehnt zu werden. Du musst eben für dich die Prioritäten setzen.

    Insgesamt war das Feedback im öffentlichen Dienst bei mir immer positiv. Zum einen, weil Auswahlverfahren da sowieso anders ablaufen, als in der freien Wirtschaft. Aber eben auch, weil ich nicht besonders auffällig wirke, "gesellschaftskonform" auftreten kann und den Autismus als Stärke verkaufe.

  • Hallo!
    Ich kann mich @Les nur anschließen. Sehr treffend zusammengefasst, wie ich finde!

    In meinem Beruf ist ein offener Umgang derzeit von Vorteil. Denn dadurch lassen sich Dinge erklären, die bei mir anders ablaufen als bei den meisten. Ich hoffe, das ist weiterhin der richtige Weg.
    Wie gesagt, bei einer früheren Arbeitsstelle hatte es gar keine Relevanz und null Rücksicht mit sich gebracht und ich habe mich „kaputtgearbeitet“.
    Das ist jetzt anders. Da bin ich froh.
    In deinem Fall denke ich auch es hängt von der Grundsatzfrage ab, ob du den Job gerade dringend Brauchtums nur fürs Geld erledigen willst oder einen guten, dauerhaften Platz für dich suchst.

    Alles Gute! Lg Veronika.

    Man sieht nur mit dem Herzen gut.
    Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
    (Antoine de Saint-Exupéry)

    "Was ist falsch an sonderbar?"

    "Das Ende der Störung ist derzeit nicht absehbar."

  • Wenn es "mild" ist dann ist es kein Asperger-Syndrom.Die Diagnose-Kriterien verlangen "schwerwiegende" bzw. "klinisch signifikante" Einschränkungen.

    Mensch, so viele Antworten! Ich lese sie mit gleich alle durch, bin gerade noch unterwegs. Zudem muss ich nochmal einen neuen Thread erstellen. (Anderes Thema.)

    Zu Deiner Nachricht: Habe ich mir schon gedacht. Ich habe, wie in meinem ersten Thread beschrieben, schon an meiner Diagnose gezweifelt. Wenn Du das sagst, ist es wohl auch so.

  • Mensch, so viele Antworten! Ich lese sie mit gleich alle durch, bin gerade noch unterwegs. Zudem muss ich nochmal einen neuen Thread erstellen. (Anderes Thema.)
    Zu Deiner Nachricht: Habe ich mir schon gedacht. Ich habe, wie in meinem ersten Thread beschrieben, schon an meiner Diagnose gezweifelt. Wenn Du das sagst, ist es wohl auch so.

    nein, nicht unbedingt. Du empfindest es vielleicht als "mild", vielleicht auch nur im Vergleich mit anderen Aspies. Im Vergleich mit NTs würde das wohl nicht "mild" sein. Lass Dich nicht von Leuten verunsichern, die nur Diagnosen akzeptieren, wenn der Autist stark eingeschränkt ist. Davon gibts hier immer wieder mal welche im Forum. Gibt genügend Diskussionen zu der Hardliner-Einstellung.

  • Wie der Jurist sagen würde: Es kommt drauf an. Wenn du bestimmte Bedürfnisse hast, die das Unternehmen erfüllen muss, damit deine Arbeit dort in Frage kommt, dann kann es hilfreich sein, diese Bedürfnisse zu begründen (Teilzeit, Homeoffice, bestimmtes Arbeitsmaterial, o.Ä.). Auch, wenn dir bekannt ist, dass du mitunter ein auffälliges Verhalten an den Tag legst, kann es sinnvoll sein, frühzeitig auf die Gründe dafür hinzuweisen. Wenn es bei dir - wie du ja selbst sagst - eher mild ist, sehe ich erstmal keinen Grund, diese potentielle Angriffsfläche preiszugeben.

    Hallo!

    Ich möchte mich gerne bei einem IT-Unternehmen bewerben und wollte euch mal um Rat bitten! Sollte man sein Asperger, auch wenn es mild ist, in der Bewerbung erwähnen oder eher nicht? Hat jemand Erfahrung?


    Danke für die Antworten! :)

  • Ich habe bei mir nur den GdB 50 mit reingeschrieben, weil ich es muss. Dann kommt beim Vorstellungsgespräch sowieso immer das Thema auf, worauf man bei mir achten muss. Dort spreche ich den Autismus dann an und kann auch direkt im Dialog irgendwelche Extremvorstellungen und Befürchtungen entkräften.

    Bei der IT sollte das doch kein Problem sein? Ich hörte, dass man dort gerade kein Problem mit Autisten hat. Je nachdem, in welche Fachrichtung es bei dir gehen soll.

    Bei mir im Büro ist immer das Problem, dass Arbeitgeber denken, ich kann keine Gespräche führen aber dafür den ganzen Tag wie eine Maschine am Rechner hocken oder bin in der Buchhaltung total fit. Was nicht stimmt, es ist eher umgekehrt. :D

  • Mein erster Arbeitgeber war in der IT. Kleinunternehmen (3-vier Mann), die sich aus einer Agentur rausgekauft haben und das REdaktionssystem mitgenommen haben. Da bin ich nach 11 Monaten geflogen, da ich mit der Zeit weniger leisten konnte als die brauchten. Fachlich super, menschlich top, aber keine Erkennbare Selbstorganistaion.

    Danach war ich testweise Trainee bei einer Firma, welche Beratungen Dienstleistungen im Open Source Breich anbietet. Motto: wenn ein Firma anruft und Dich fragt, ob Du dies oder das kannst, dann sagst Du ja. Und nach dem Auflegen fragst Du in die Runde, wer es kann. Und wenn es keiner kann, wie man sich das können aneignen kann. Da bin ich nach 1,5 Monaten wieder weg; das ging gar nicht. Absolut unorganisiert; im Griunde lauter Einzelkämpfer, die sich ein haus teilen.

    Mein Dritter Arbeitgeber war traumhaft. 55-Mann - Unternehmen, mit mehreren, sich teilweise überlappenden Tochterfirmen. Hat eine eigene CMS, worauf manche großen Seiten laufen, bieten aber auch Website-Entwicklung an, Hosting, sowas. Groß genug, dass es ein eigenes Admin-Team gibt. Wäre ich gerne geblieben. Dann ist mein Cheff gegangen aufgrund Streit mit dem Geschäftsführer, wurde nicht ersetzt, und dann hörte meine Probezeit auf. Das mehr an Selbstorganisationund Eigenverantwortung hat mich schnell überfordert. Als dann auch noch der Part, in dem ich beschäftigt war, insolvenz angemeldet hat, war ich schneller wieder arbeitslos als ich den Begriff "Insolvenzgeld" nachschauen konnte.

    danach hatte ich noch ein Praktikum bei jemanden, der ein Hansdampf in allen Gassen war(Hosting, Linux-Beratung, CPanel/CP/Mesosadmin, allgemeine Beratungen,...), das aber quasi im Alleingang machte. Nachdem ich die Urlaubsvertretung für Ihn verbockt habe und Beruhigungsmittel nehmen musste um halbwegs funktionieren zu können habe ich das schnell wieder aufgegeben.

    Am Ende habe ich eine AGH angenommen; Spendenannahme Bücher in einem Second-Hand-Shop. Hat mich erstmal wieder aufgebaut. Dann eine andere geförderte Stelle auf Mindestlohnbasis, als Verwaltungsgehilfe bei einem Sozialen Träger. Die haben relativ schnell gemerkt, dass ich mich gut in technische Sachen einarbeite, und diese auch den Mitarbeitern vermitteln kann. Außerdem habe ich dann auch noch eine Lotus Notes Schulung erhalten. Bei diesem Arbeitgeber bin ich jetzt seit fast sechs Jahren. Und fühle mich da auch sehr wohl. Obwohl das eigentlich durch die Aurichtung (Ambulante Pflege, Ambulante Erziehungshilfen, Erziehungsberatung, Kitas, Ogatas, Bildungswerk) sehr sozial ausgerichtet ist und gerne mal im Chaos versinkt komme ich da gut klar. Oder vielleicht genau deswegen. Ich bei weitem nicht der einzige mit einem Dachschaden :)

    Worauf ich hinaus will: IT ist nicht gleich IT. Und jede IT-Firma, bei welcher ich war, konnte nichts mit mir anfangen. Erst bei der Nicht-IT-Firma war ich dann gut aufgehoben. Da ich mit meiner IT und meinem Asperger zwei Alleinstellungsmerkmale hatte, welche der Geschäftsführer auch als praktisch empfand. Außerdem habe ich die in den ersten zwei Jahren kaum was gekostet.

    Natürlich flirten Autisten, sie bekommen es nur nicht mit.
    Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Aufbewahrung der Asche.

    2 Mal editiert, zuletzt von freebirth_one (10. April 2021 um 13:01)

  • FInde heraus, was Dich besonderd macht. Falls das gut auf IT passt: blendend. Ich habe immer in die flasche Richtung gesucht, und bin dann über Umwege in der Richtigen Richtung gelandet.

    Natürlich flirten Autisten, sie bekommen es nur nicht mit.
    Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Aufbewahrung der Asche.

  • Was sind die Gründe warum deine Familie meint du sollst es sagen?

    Das weiß ich ehrlichgesagt nun nicht zu 100%. Wie schon einige schreiben: Als Vorteil für den Arbeitgeber.

    Was ich immer noch wichtig finde zu wissen, um eine praktische Antwort geben zu können: was verstehst Du unter "leichte Form"? Wie zeigt sich das? Bist Du hauptsächlich ehrlich und direkt und zeigst weniger Emotionen, oder hast Du Schwierigkeiten mit der Selbstverwaltung? Was geht, was nicht?

    nein, nicht unbedingt. Du empfindest es vielleicht als "mild", vielleicht auch nur im Vergleich mit anderen Aspies. Im Vergleich mit NTs würde das wohl nicht "mild" sein. Lass Dich nicht von Leuten verunsichern, die nur Diagnosen akzeptieren, wenn der Autist stark eingeschränkt ist. Davon gibts hier immer wieder mal welche im Forum. Gibt genügend Diskussionen zu der Hardliner-Einstellung.

    Danke für die Antworten! @freebirth_one , es ist eher der Umgang mit Personen, beziehungsweise mein Auftreten. Ich handel so, wie ich es als normal empfinde, aber andere sehen es als "bedrohung" oder so, als wäre ich bekloppt. (Dazu kommt noch ein anderer Thread, wie oben geschrieben.)
    Bevor ich weiterschreibe: Was ist denn der Unterschied zwischen Autisten (Asperger) und neurotypischen Personen?

  • Was ist denn der Unterschied zwischen Autisten (Asperger) und neurotypischen Personen?

    Autisten haben eine Diagnose aus dem Autismus-Spektrum.

    Der Begriff „Neurotypisch“ wird meist für alle anderen genutzt. Oder nur für Leute, die auch sonst „keinen Hau“ (RW) haben.

  • Autisten haben eine Diagnose aus dem Autismus-Spektrum.

    Der Begriff „Neurotypisch“ wird meist für alle anderen genutzt. Oder nur für Leute, die auch sonst „keinen Hau“ (RW) haben.

    Bevor ich anfange: Was ist das mit dem "(RW)"?

    Danke für die Antwort! Ist denn das Neurotypische fast identisch mit dem Asperger oder wieso wird es für die anderen benutzt? Was ist der Unterschied?

  • Bevor ich anfange: Was ist das mit dem "(RW)"?

    Die Abkürzung für Redewendung - eine Kennzeichnung, die sich im Forum durch gesetzt hat, um zu zeigen, dass etwas nicht wörtlich gemeint ist.


    Ist denn das Neurotypische fast identisch mit dem Asperger oder wieso wird es für die anderen benutzt?

    Nein, Neurotypisch ist praktisch das Gegenteil von Asperger - also ein "neurologisch typischer" Mensch, der eben kein Autist ist (und auch keine andere der neurologischen Störungen, also kein Borderline o.ä.)

  • Als Vorteil für den Arbeitgeber.

    Also m.E. wäre der "Vorteil" für den Arbeitgeber eher, dass er seine Schwerbehindertenquote erfüllen kann, sofern er die noch nicht erfüllt hat und du einen Grad der Behinderung hast. Welchen Vorteil sollte es für einen Arbeitgeber haben einen Autisten einzustellen? Also gegenüber jemand anderem, der das Gleiche kann?

    Surprised by the joy of life.

  • Darum geht es ja: als Asperger hast Du andere Vorteile. Z.B. bin ich absolut immun gegen Intrigen und liebe es Sachlich zu bleiben. Das kam sehr gut an.

    Natürlich flirten Autisten, sie bekommen es nur nicht mit.
    Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Aufbewahrung der Asche.

  • Welchen Vorteil sollte es für einen Arbeitgeber haben einen Autisten einzustellen? Also gegenüber jemand anderem, der das Gleiche kann?

    Kann er exakt das gleiche? Also genau so gut/schlecht kommunizieren, ... - also so, dass Autismus keine Auswirkung hat? Dann höchstens, dass der Autist nicht so leicht wo anders einen Job findet.

    Autisten werden für IT-Jobs sehr oft Vorteile nachgesagt: Analytisches denken, frühes Ansprechen von Problemen, durchblick durch komplexe Systeme, Loyalität, Neutralität. Wenn der Autist diese Vorurteile erfüllt, ist das durchaus ein Vorteil.

  • als Asperger hast Du andere Vorteile

    Autisten werden für IT-Jobs sehr oft Vorteile nachgesagt: Analytisches denken, frühes Ansprechen von Problemen, durchblick durch komplexe Systeme, Loyalität, Neutralität. Wenn der Autist diese Vorurteile erfüllt, ist das durchaus ein Vorteil.

    Naja, auch Autisten unterscheiden sich voneinander. Und nicht alle Autisten erfüllen alle Vorurteile, die es über Autisten so gibt. Vielleicht wäre es zielführender anzugeben, was einem besonders qualifiziert, also Durchblick durch komplexe Systeme etc.

    Surprised by the joy of life.

  • Naja, auch Autisten unterscheiden sich voneinander. Und nicht alle Autisten erfüllen alle Vorurteile, die es über Autisten so gibt. Vielleicht wäre es zielführender anzugeben, was einem besonders qualifiziert, also Durchblick durch komplexe Systeme etc.

    Ja, aber das behauptet auch jeder andere Bewerber. Und so etwas lässt sich in Bewerbungsgesprächen schlecht prüfen. Mit der Diagnose Autismus hast du aus Sicht vieler Arbeitgeber ein ärztliches Attest dafür. Ob es wirklich so ist, sagt das natürlich noch nicht aus, aber es ist wahrscheinlicher so und damit für den Arbeitgeber schon mal besser, als wenn er gar keinen Nachweis hat.

    Ich hab den Nachweis bisher immer über meine Open-Source-Projekte erbracht. Das können aber nur wenige Bewerber. Und wer keine offenen Projekte macht, sondern nur firmeninterne Dinge bisher gemacht hat, hat das ja nicht vor zu weisen. Und wenn der Arbeitgeber dann zwei Bewerber hat, beide anscheinend gleich qualifiziert, einer mit und einer ohne Diagnose, dann kann er sich bei dem mit Diagnose sicherer sein, dass die Angaben stimmen.

    Einmal editiert, zuletzt von hundefreund (11. April 2021 um 09:23)

  • @hundefreund: Darf ich an meine Problemlagen aus dem Mobilfunk-Thread erinnern, zu denen u.a. du mich letzte Woche einfühlsam beraten hast? Nun habe ich zwar eine HFA-Diagnose bin allerdings weit entfernt vom "Durchblick durch komplexe Systeme" etc. Würde ich mich also bei einem IT-Unternehmen bewerben hätte das Unternehmen nichts von meiner Diagnose im Sinne von Qualifikationskriterium. Allerdings ist das schon die erste Weichenstellung (RW); ich würde mich nie bei einem IT-Unternehmen bewerben, weil ich damit vorgeben würde mich mit irgendwas auszukennen was ich absolut nicht tue.

    Surprised by the joy of life.

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