GdB Schwerbehinderung Kind mit Asperger ohne Integrationshelfer? Widerspruch sinnvoll?

  • unser Sohn ist sieben Jahre alt und hat kurz vor Beginn der Schule Asperger Autismus diagnostisiziert bekommen. Er geht in die erste Klasse einer Regelgrundschule. Wir haben autismustherapie 1-2x wöchentlich, jedoch keinen Integrationshelfer / Schulbegleiter
    Bei der Beantragung des Schwerbehindertenausweises hat er nun nur einen GdB von 40 zugesprochen bekommen mit der Begründung, dass es derzeit keine Auffälligkeiten in der Schule gebe bzw. kein Integrationshelfer installiert ist. Wir sind mit dieser Entscheidung nicht einverstanden.

    Unser Kind zeigt nach außen ein eher unauffälliges Verhalten, seine deutliche Anspannung in Bezug auf den sozialen Stress erleben wir meist eher im häuslichen Bereich, die sich dann vor und nach der Schule entlädt. Auch sind die Anforderungen an das soziale Miteinander im Unterricht unter Coronabedingungen (mit viel Frontalunterricht, wenig Präsenztagen, geteilten Klassen, keine Gruppenarbeit, keine Nachmittagsbetreuung) ja derzeit eher reduziert, sicherlich ein Aspekt der es unterstützt, dass er die Schule bislang auch ohne Schulbegleitung gut meistert. Dennoch hat er deutliche Schwierigkeiten, mit anderen Kindern in Kontakt oder ins Spiel zu kommen (derzeit noch keinerlei Kontakt mit den MItschülern außerhalb der Schule) und dabei auf die Wünsche und Interessen der anderen Kinder einzugehen. Da braucht er in der Freizeit viel Unterstützung, Begleitung und Anleitung durch uns als Eltern.

    Ist es so, dass ein GdB von 50 erst mit Zuweisung eines Schulbegleiters erteilt wird?

    hat jemand Erfahrungen, dass auch ohne Schulbegleitung bei ASperger ein GdB von mindestens 50 zuerkannt wurde?


    habt ihr positive Erfahrungen, dass ein Widerspruchsverfahren erfolgreich lief?

    danke für eure Antworten.

  • Eine Schulbegleitung zeigt "nach außen" an, dass zumindest mittelgradige soziale Anpassungsstörungen bestehen (GdB 50, 60 oder 70).

    Ohne so eine Art Kennzeichen wird der Nachweis für euch schwierig, dass tatsächlich mindestens mittelgradige...usw. bestehen.

    Autismustherapie wird ja als Eingliederungshilfe gewährt, vielleicht hilft es, den Bescheid dazu vorzulegen.

    Widerspruch kann sich immer lohnen. Irgendwie braucht es dazu aber immer irgendwas Überzeugendes. Im Schwerbehindertenrecht sind es in der Regel die ärztlichen Berichte, nur dass die bei autistischen Kindern ja auch nur das weitergeben können, was ihnen die Eltern erzählen.

    Diese Arztberichte sind aus meiner Erfahrung heraus oft nicht aussagekräftig genug, so dass die amtliche Feststellung oft genau deshalb der Realität hinterher hinkt.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Ihr könnt auch abwarten und in 6-12 Monaten einen Änderungsantrag stellen. Ganz falsch muss der Bescheid mit GdB 40 nicht sein (kenne euren Fall natürlich nicht in Einzelheiten).

    Es gibt jedenfalls seit 11 Jahren nicht mehr automatisch GdB 50 oder mehr.

    In der Zwischenzeit würde ich fleißig bei Ärzten berichten, was der Junior so macht. Dann können diese Ärzte auch auf Anfragen besser bzw. genauer berichten.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Die Eingliederungshilfe hat mit dem Grad der Behinderung nichts zu tun. Unser Sohn hat eine Schulbegleitung und kein GdB, da noch gar nicht beantragt.
    Du solltest aauf alle Fälle eimnen Widerspruch einlegen. Hilfreich war bei unserem Sohn der diagnostizierende Psychiater, sowie der ortsansässige Autismus-
    verein. Die können dir sehr gut weiterhelfen, falls vorhanden, da sie siich beruflich mit der Materie beschäftigen. Die Jugendämter stellen sich öfter mal queer.

  • Hallo!

    Wir haben so ziemlich das gleiche durchgemacht, auch den Stress, der immer erst zu Hause anfing. Er war damals auch 7. Es wurden nach dem Antrag Zeugnisse der Schule verlangt, dann kam der Bescheid mit GdB 30. Ich zitieren mal Auszugsweise unser Widerspruchsschreiben

    Zitat von Ich

    Nach Vorlage der letzten beiden Zeugnisse wurden von selbiger Gutachterin (Befundblatt [...], angegebenes Datum [...]) nur ein GdB von 30 festgestellt mit der Begründung „In der Regelschule werden gute Leistungen erbracht. Das Sozialverhalten entspricht den Erwartungen.“

    Zunächst sagt die VersMedV, Anlage Teil A, Allgemeine Grundsätze, Punkt 2b) „Aus dem GdB und aus dem GdS ist nicht auf das Ausmaß der Leistungsfähigkeit zu schließen.“ Nur weil also NN in der Regelschule gute Leistungen erbringt, sind daraus keine Schlüsse für eine Herabsenkung des GbB zu ziehen, dies Verbietet sich sogar nach obiger Verordnung. Dass die Intelligenz bei Menschen mit dem Asperger-Syndrom oft normal, wenn nicht gar überdurchschnittlich ausgeprägt ist, ist in der Fachwelt allgemein anerkanntes Faktum.

    Daher würde ich auf jeden Fall Widerspruch einlegen. In unserer Ambulanz hat die Therapeutin damals für den Widerspruch ein Schreiben aufgesetzt, wo seine Schwierigkeiten beschrieben wurden. Wir haben dann ergänzend im Schreiben noch über seine Kontaktprobleme und insbesondere Mobbing in den Pausen gesprochen. Zur Abhilfe gab's dann GdB 50 und H.

    Auf jeden Fall auch Akteneinsicht verlangen!

    Grüße,

    Q

    Einmal editiert, zuletzt von QEASLE (27. März 2021 um 12:41)

  • Ihr müsst von eurem Psychiater oder der Therapeutin nie Stellungnahme schreiben lassen, aus der hervorgeht, wo und wie stark er eingeschränkt ist. Heute wird ja der GdB nicht mehr rein nach Diagnose erstellt, sondern danach, wie sehr er wirklich eingeschränkt ist.
    Widerspruch einlegen lohnt sich immer, dies kann auch erst einmal proforma sein und man reicht noch Unterlagen vom Fachmann nach.

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