Ursachen und Risiken einer ausbleibenden oder späten Diagnose einer Autismus- Spektrum-Störung bei Frauen

  • Das widerspricht sich aber. Hier wurde ganz offensichtlich von deiner Kleidung auf ein mögliches Symptom geschlossen. Somit war deine Kleidung sehr wohl Teil der Diagnosefindung.

    Nein, es war ja nicht diagnostisch relevant, sondern eine praktische Erklärungsmöglichkeit: möglicherweise trägt er immer das gleiche T-Shirt oder den gleichen Pullover, weil seine Haut auf andere Materialien als die, die in diesem Kleidungsteil verwendet werden, empfindlich reagiert. Damit hätte man dann arbeiten und nach gleichen Materialen suchen können, wenn man daran etwas ändern wollte.

    Da es aber mit einem Fragezeichen versehen war, konnte es ohnehin keinen Einfluss auf die Diagnosestellung haben.

    Natürlich kann ein bestimmter Kleidungsstil auf bestimmte Persönlichkeitsstile u.v.m. hinweisen. Zu glauben, dass Kleidung/Erscheinungsbild nichts aussagt, ist möglicherweise auch wiederum ein Hinweis auf Autismus. Andersherum kann ein nicht vorhandener bestimmter Kleidungsstil aber keine Diagnose ausschließen. Meine Diagnostikerin ist für die Diagnosestellung jedenfalls nach ganz anderen Kriterien gegangen und hat auch klar gesagt, dass sie eine Diagnose u.U. später nicht erneut stellen kann, wenn bestimmte Kriterien nicht mehr erfüllt sein sollten. Ein veränderter Kleidungsstil gehörte nicht hierzu.

    Ich wollte damit sagen, dass es im psychiatrischen Bereich nicht unüblich ist, auch im Erscheinungsbild nach Informationen zu suchen. Ich hätte mich vielleicht dennoch zurückhalten sollen, weil ich den eigentlichen Artikel gar nicht gelesen habe und nicht bewerten kann. Die Beobachtung, die sie gemacht hat und die hier zitiert wurde, scheint mir aber korrekt zu sein.

    Zu Deiner persönlichen Situation schließe ich mich dem Rat der anderen an, Dir möglichst einfach gar keine Gedanken darum zu machen, weil es sonst ein Bumerang sein kann. Man muss erst einmal davon ausgehen, dass man beim Diagnostiker keinen Stümper vor sich hat. Wenn Du anfängst, seine Inkompetenz kompensieren zu wollen indem Du versuchst, einen bestimmten Eindruck zu vermeiden, erscheinst Du für ihn vielleicht manipulativ.

  • Ich finde es typisch für dieses Forum, dass auf Äußerlichkeiten und (aus meiner Sicht) Kleinigkeiten derart ausgiebig herumgeredet wird. Teils mit einer Vehemenz, als ginge es ums liebe Leben, was es nun wirklich nicht tut (also mal abgesehen von privaten Präferenzen, wem was wichtig ist etc.).

    Ich bin @kastenfrosch aber dankbar, dass sie diesen Artikel überhaupt verlinkt hat. Interessant wird es in dem Journal der Psychotherapeuten aber auch etwas weiter hinten auf Seite 47: "Wegweisende Impulse zu einer gelingenden therapeutischen Beziehung". Kann man sich auch mal zu Gemüte führen!


    Noch ein Wort zu der "unauffälligen und gepflegten Erscheinung": Das ist der übliche Ausdruck, wenn jemand zu einer Begutachtung/Untersuchung halbwegs sauber und kleidungsmäßig nicht total verlottert und verlaust erscheint.
    Bevor jetzt auch darüber wieder eine hitzige Debatte entbrennt: "Auffällig" wäre es zum Beispiel hier im Rheinland, wenn jemand zu Beginn des Sommers mit einer Narrenkappe auf dem Kopf erschiene. Oder im Skianzug bei 30 ° Hitze.
    Oder wie ein junger Aspergerautist neulich bei Temperaturen um Null Grad im T-Shirt und ohne Jacke. zwei Tage zuvor hatte ich ihn zufällig auf dem Fahrrad in voller Fahrt mit kurzer Hose gesichtet, er hat das also am Untersuchungstag sicherlich nicht gemacht, um mich zu beeindrucken, sondern weil es ihm so angenehm war.

    Und weil es öfter vorkommt, dass Aspies ein anderes Temperatur- oder Schmerzempfinden haben als NT's, wäre die Erwähnu ng solcher Auffälligkeiten bei der Kleidung schon erwähnenswert.
    Außerdem gibt es Autist*innen, die so in Bezug auf ihre Energie damit beschäftigt sind, ihre speziellen Fähigkeiten für den Alltag passend vorzuhalten (zum Beispiel bei Berufstätigkeit), dass keine Energie/Aufmerksamkeit/Lust mehr übrige bleibt, sich um Körperpflege oder ihr Äußeres zu kümmern.
    Auch so etwas gehört in einem ärztlichen/therapeutischen Bericht beschrieben (nicht bewertet!).

    Wenn Frau Marquass schreibt/im Interview sagt, dass Frauen im ASS - die sie zu sehen bekommt - oft bequem oder sportlich gekleidet zu ihr kommen, auch wenig Wert auf Mode legen, dann ist das eine ganz normale Wiedergabe einer häufig wiederkehrenden Beobachtung. Es ist keine prätenziöse, wertende Aussage. Insofern verstehe ich den ganzen Rummel über diesen Teil des Interviews nicht.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Ich denke (auch), dass das nur Randbemerkungen sind, Kleidungsart. Wobei die im Zweifelsfall ggf. "Gewicht" mit tragen könnten oder vielleicht auch einfach interessant im Kontext der Art des Autismus und ggf. komorbiden Störungen. Z. B. Schizotype werden im ICD als "schrullig" vom Auftreten bezeichnet und sind manchmal etwas schwierig abzugrenzen. Und dann eben mit den Themen "mit der Mode gehen", aber auch da gibt es bestimmt auch Autisten, wie man hier auch im Forum teilweise liest, vereinzelt, die Freude an dem Thema haben. Man kann das also nicht unbedingt als Negativwert ansehen. Hingegen sehr zweckmäßig gekleidet werden vielleicht als klitzekleiner Positivwert. Keine Ahnung. Aber auch da wird es Ausnahmen geben. Es werden sicherlich viele kleine Mosaik-Puzzleteile zusammengesetzt, je differenzierter ein Fall ist. Und in so Briefen gibt es bestimmt auch irgendwelche Sprachcodes, auch wie ein Brief gestaltet ist. Bestimmt. Wie bei Arbeitszeugnissen.

    (Auch) ich denke, dass man, um Autismus vor einem geübten Diagnostiker erfolgreich vorspielen könnte, entweder ein zu den jeweiligen Terminen gerade gut gelaunter Soziopath sein müsste oder ein guter Berufsschauspieler, welcher einen ungewöhnlichen Grund hat, seine Vita zu demolieren. Es sei denn er behält das für sich. Aber was will der dann mit der Diagnose. Aber solche Leute können sich ja auch gut als viel mehr attraktiven Chameur ausgeben und Soziopathen würden sich so ein Gutachten vermutlich eher fälschen, als sich solch einer Odysee hinzugeben. Für Berufsschauspieler könnte man ja eine berufliche Lebenslauf- und Zeugnisabfrage mit in die Diagnostik einbringen ;). Vielleicht könnten die sich selbst müde werden in ihrer Schauspielerei. Aber es sind ja auch nicht sicher alle Berufsschauspieler privat asi. Mein Kopf explodiert.

    Ich glaube die meisten Menschen, die eine Diagnostik mitmachen, egal in welcher Form, brauchen in jedem Fall Hilfe und keine Häme. Generell plädiere auch für gewaltfreie Kommunikation, auch wenn ich das nicht immer schaffe.

    Wenn man jedem neben den Fragebögen noch den ICD und ein Medizinlexikon hinlegen würde, könnte man vielleicht schon mal besser aussieben. Übrig blieben dann jene mit

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    wissenschaftlich-bestreitender Wahrnehmung. Die dürften ja leicht zu identifizieren sein. Wobei man dann immer noch beachten müsste, dass masking-geübte Autisten sich das Masking mit der Zeit vielleicht auch trainiert integriert haben könnten? Wo sich dann die Frage stellt, wo der Leidensdruck ist. Andererseits finde ich es nur legitim, auch nach erfolgreicher Arbeit an sich selbst im Nachhinein eine Diagnose zu erhalten. Und eigentlich soll Autismus ja auch nicht heilbar sein.... Wobei es sich mal bessern und verschlechtern können soll. Und damit kann der gerade weniger leidende dann ja aber später wieder leiden und müsste dann noch mal 10 Jahre auf die Diagnostik warten, wo er dann vielleicht schon aus Altersgründen tot ist.
    Und man hofft auf einen ehrlichen, ungereizten Diagnostiker, der seine eigenen Projektionen ggf. durchschauen kann, wenn ihn jemand z. B. an jemand unsympathischen erinnert oder er gerade wegen was anderem frustriert war. Oder jemanden so sympathisch findet, dass er sich in dem wieder erkennt, aber Autismus an sich nicht sehen will und das dann projiziert. Hinzu kommt, dass, falls das ein NT-Diagnostiker ist, dieser auch quasi ein Alien erforscht, welches er demnach mehr kognitiv, als emotional-empathisch verstehen dürfte? - Und dabei dennoch nicht zwingend frei ist von negativen Emotionen. Auch warum sollte man vor einem Autismus-Diagnostiker mit seinen Zweifeln ganz aufhören, die man sonst überall hat.
    Und letztlich ist die Vielfalt von Autismus auch noch ein ziemlich unerforschtes Gebiet. Wie eigentlich alles. Also woher weiß überhaupt wer wo Autismus anfängt und aufhört und dem damit verbundenem Leiden, wenn noch andere Merkmale mitspielen.
    Ich bin mir auch nicht sicher ob Diagnostiker darüber im Klaren sind, dass (manche) Autisten bei guter Verfassung wesentlich lockerer sein können, als wenn sie im Overload sind. Und wenn ein Autist sich noch nicht so viel mit Autismus auseinander gesetzt hat kann es auch passieren, dass der sich dann wie gewohnt maskiert. Und Autisten machen sich doch eigentlich über alles mögliche Gedanken.

    Und das hier ist ein Hilfeforum.

    Wenn man eine Diagnose anstrebt oder ablehnt, ist man im Stress. Bzw von denen die sie anstreben, sind vielleicht nur die dann gestresst, die schon eine lange Ärzteodysee hinter sich haben, in der sie sich nicht ernst genommen gefühlt haben. Also Autisten, die bislang weniger Stress mit Ärzten und wenig Probleme mit ihrer potentiellen Diagnose haben, könnten demnach dann vielleicht auch entspannter hingehen und damit weniger auffallen. Gerade wenn die auch sonst keine Störung haben.
    Demnach könnte es dann vielleicht am schwierigsten für die sein,

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    die etwas entspannt und dabei eher überzeugt hingehen und sich weniger belasen vorher und nur und milder Autist sind und sonst nichts. Die dann auch die darstellen, die vermutlich weniger ein Problem damit haben, wenn ihnen dann nein gesagt wird. Wobei ich nicht davon ausgehe, dass auch nur ein Autist das dann einfach so hinnähme, sondern mindestens noch ein Mal reflektieren würde. Und Autisten, die sich mit etwas wissenschaftlich eindeutigem (ICD-Kriterien) sicher sind, liegen m. E. selten falsch, es sei denn ihr Autismus ist geringer anteilig als eine andere besondere Wahrnehmung? Aber vielleicht wäre es für die milden, etwas entspannten Autisten am Ende auch nicht so schlimm. Schwer und mittelgradig betroffene Autisten dürften m. E. leicht zu diagnostizieren sein allein an ihrer Art wie sie kommunizieren.

    Ich glaub eher es gibt wirklich mehr Autisten, als jemals klar war. Oder zumindest viele Menschen mit teilweise höheren autistischen Zügen. Und je bekannter Asperger wird, desto logischer ist es dann m. E. auch, dass dann mehr Menschen aufmerksamer und unsicherer werden + sich mehr mit Autismus identifizieren teilweise.

    Ich beispielsweise hatte auch hohe Angst, meine Meinung nicht bestätigt zu bekommen, weil

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    ich so selten von manchen Ärzten ernst genommen wurde und mir hier so sicher war wie ich fast noch nie mit etwas war. Meine fehlende Authenzität, wie ich es nun doch halbwegs als solches in folgenden Punkt bezeichnen würde, lag dann darin, ob ich mich jetzt schicker mache, wie zu Anlässen, auf die ich mich freue eigentlich üblich, oder ob ich mich alltäglich gebe. - Ja man kann sich über den Diagnoseerhalt freuen, wenn man sich damit so gut wie noch nie zu Hause fühlt, sich in seiner Wahrnehmung bestätigt sieht und mit der Diagnose dann besser fährt (RW), als ohne, z. B. mit Hilfe von wirksamer Therapie. Schrieben auch manch andere, dass sie sich endlich erkannt fühlten. Während manche Depressionen wegen so einer Diagnose kriegen können, können manche mit ihr aus einem Loch etwas wieder herauskommen.
    Letztlich zog ich mir dann meine lässige Alltagskleidung an, wenn auch weil ich in der Kleidung am wenigsten schwitze - ergo wenig stinke - kein nerviges Parfum nutzen muss und 2 Std. Autofahrt hatte. Aber ich hatte auch Angst, dass man mich vielleicht sonst weniger für autistisch halten könnte und wenn ich wieder Blackouts bekomme, dann nichts von dem erzählen kann, was ich bei mir sehe und in der Gesamtsumme dann in der Ecke Sozialphobie bleibe. Ich glaubte zwar eher, dass sie mich so sähen wie ich mich, auch wenn ich nackt aufgetaucht wäre (ok, dann vielleicht nicht ganz). Und bin ich ja auch zu 95% in lässiger Kleidung. Aber unauthentisch darin, dass ich mich zu einem für mich besonderen Anlass, dann diesmal nicht schicker gemacht hatte. Andererseits authentisch wegen den Aspekten Geruch und lange Fahrt. Wenn auch ich dann wegen der langen Parkplatzsuche + zur Ambulanz rennen stärker schwitzte.. Auch hatte ich ein wenig im Aspekt, dass man mich oft weniger ernst ohne Styling nimmt, es sei denn ich begegne einer stutenbissigen Frau. Allein solche verkopften Salatgedanken macht sich doch kein unbekümmerter Mensch groß. Ich hab auch nicht wirklich geglaubt, dass das Styling so viel ausmacht. Aber letztlich hatte ich große Angst und ging auf Nummer sicher (blieb dabei aber größtenteils authentisch nach meinem und dem Gefühl des Diagnostikers) + wollte es bequem und dachte mir auch, - ob ich jetzt ein schönes blumen-shirt oder n schlabberpulli anhab. - solange meine haare gekämmt sind und ich nicht stinke wie gülle, wird da kein so großer Schluss raus gezogen werden können. Und so fühle ich mich dann wenigstens auch wohler und nicht wirklich unauthentisch. also ich bereue das jetzt nicht wirklich.

    Auch ein offener Narzisst (also ein unterbewusster) würde m. E. keine Bestätigung in einer klinischen Störung suchen. Und auch Narzissten hilft man nicht unbedingt mit Schimpfe. Wobei ich auch selbst sehr sensibel das betrachte. Manchmal können Gedankenanstöße auch wieder was nutzen, wenn sie ein bisschen weniger in Watte sind (RW). Aber damit kann man einen Menschen auch in die endgültige Depression stürzen.

    Klar soll man sich nicht falsch darstellen. Vermutlich kein Autist würde sich damit am Ende auch wirklich wohl fühlen und sich dann irgendwann mehr in Frage stellen. Vielleicht kann man sich ja auch mit einer Detailverstellung so unauthentisch machen, dass man damit das Vertrauen des Diagnostikers in die andere Authenzität gefährdet, wenn er das durchschaut. (Wie @Dr. L84 glaube ich gerade auch meinte. Es sind noch ein paar neue Beiträge eingegangen nach dem Beginn meines Schreibens). Wobei das bei Klamotten schwierig würde, wenn man kein nicht-gefälschtes Lebens-Foto-Album mitbringt ;).
    Viele Autisten beschrieben ja auch ein komisches Gefühl nach der Diagnostik, wenn sie etwas gewusst hatten, wo sie eigentlich Masken im Alltag und dann sich aber authentischer gegeben haben, weil sie sich dann manipulativ sahen, dadurch dass sie ja normal antrainiert anders handelten. Bei mir war das ein bisschen mit Blickkontakt-Unsicherheit.
    Also wenn man freiwillig und mit höherer Hoffnung zur Diagnostik geht, dann gibt man sich vermutlich immer automatisch etwas anders durch die Wissenskonflikte. Somit wäre das idealste natürlich, man müsste sich nicht erst selbst verdächtigen vor einem Psychiater und der wäre clever genug. Aber wie manche auch schon schrieben, würde ich es eben auch für möglich halten, dass wenn man total unvorbereitet geht, eben auch unauffällig bleiben kann, z. B. bei einem Blackout der Erinnerung und weniger sonstig auffälliger aktueller Kommunikation. Oder weil der Autist emotional gestikulierend wird durch einen Trigger und mancher Diagnostiker das vielleicht nicht differenzieren kann. oder oder oder. Und nicht wenige Autisten scheinen halt eben auch sehr neugierig zu sein. Das in Kombi mit den langen Wartezeiten. Wo man sich doch endlich mal verstanden fühlt und Input förmlich verschlingen will.

    Skeptisch werden würde ich wenn überhaupt bei Leuten, die sich mehr als 2 Meinungen einholen (vor dem Lesen solcher Überlegungen in manchen Threads hier hatte ich mir solche Skepsis-Gedanken gegenüber Usern überhaupt nicht gemacht und finde die Skepsis etwas merkwürdig). Bzw spätestens nach 3. negativ-Diagnose würde ich Schluss machen, wobei ich persönlich aus Kräftemangel wahrscheinlich nicht mal eine 2. angestrebt hätte. Eher wäre ich dann vermutlich irgendwann in der Psychiatrie beim erneuten Nervenzusammenbruch diagnostiziert, wo sonstige Störungen, bis auf die Soziale Phobie bisher ausgeschlossen oder (noch) nicht in Betracht gezogen wurden. Aber ansonsten sind 2 Meinungseinholungen doch auch in sonstigen Situationen häufig und sogar befürwortet. Warum sollten Autismus-Diagnostiker alles sicher wissen, gerade wo das Gebiet selbst für einige von ihnen noch neu ist. Es wäre vielleicht wirklich auch wichtig zu beachten, ob jemand, der sich öfters ne Meinung vom Spezialisten sucht schon klinische Vorgeschichten hat oder nicht. Aber das kann ein Patient Ärzten ja auch teilwese / vorenthalten. Gerade wenn nicht und der jenige kein Interesse an Therapie hat, aber unbedingt die Diagnose will, dann wäre das sehr bemerkenswert. Wobei man ja wieder behaupten könne, dass man sie wolle...

    So lange einem keine Wahrnehmungsverzerrung und nichts ausschließendes diagnostiziert wird, kann es ja immer noch möglich sein, dass man Autist ist. Wobei auch sonst.
    Wobei ich nicht weiß ob einem der Verdacht auf NPS mitgeteilt wird. Ich denke eher nicht. Bei Hypochondrie weiß ich das auch nicht.

    Jedenfalls finde ich es (auch) gefährlich, dieses Aussieben. Da wird es bestimmt auch Autisten drunter geben, die dann ihre restliche Lebensfreude-Chance zum großen Teil auch noch verlieren und niemals ernst genommen / erkannt wurden. Aber Diagnostiker sind auch nur Menschen. Wenn man sich wirklich fast ganz sicher ist, sollte man das aber auch gut wissenschaftlich begründen können. Weil es letztlich bei der Diagnostik-Vorstellung besonders um die Diagnose geht.

    Es sollte vielleicht

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    mehr Personal ausgebildet werden und die unklaren Fälle dann in der Therapie schnell erkannt werden oder ihnen dort schnell geholfen. So lange das nicht möglich ist, ist es natürlich auch kritisch, wenn die hart leidenden Fälle ewig warten müssen oder sich vielleicht nicht mal trauen sich anzumelden. Und wie kann es sein, dass rund 80% keine Autisten sind, aber in das 1. Gespräch kommen. Immerhin werden dann so viele als Nicht-Autist erkannt, wenn es dann so stimmt. Das liegt vielleicht auch an der mangelnden Kapazität Depressionen und Ängste zu therapieren und der damit steigenden Sozialen Phobie und Kommunikationsprobleme. Und wie soll man jemanden authentisch prüfen, wenn man den Klienten nie persönlich kannte. Ein Verwandter kann ja auch scheiße erzählen, auf der oder der Ebene. Und das bei vielen unterschiedenen Genvarianten. Ich kenne auch Autisten, die lügen viel oder können rachsüchtig werden. Wobei die jenigen m. E. auch noch andere Störungen haben.

    Jedenfalls würde es genug Diagnosestellen und Therapiemöglichkeiten geben, würde das alles vermutlich auch weniger ein Problem sein. Widerum dafür muss das Thema bekannter und gelehrter sein und und und. Dadurch würde es auch normaler. Und dadurch wäre dann auch der vermeintliche Attraktivitätsstatus weg. Ich denke nicht, dass irgendwer liebend gerne an und für sich eine lebenslange Behinderten-Diagnose hat, bei der nicht wirklich was herausspringt. Vor allem nicht bei Trendleuten, die wie Fähnchen im Wind sind (RW). Die halten vermutlich nicht mal die lange Wartezeit aus. Sonder nur dann, wenn jemand wirklich Hilfe sucht. Und wenn viele Menschen woanders Hilfe bekämen, wären diese Ambulanzen dann auch weniger überlaufen. Durch Greta wurde Autismus bestimmt etwas angenehmer gesehen. Viele werden sie bestimmt auch bewundern und sich gerne mit ihr identifizieren. Und da dann ihre autistischen Züge bemerken. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das alleine ein Grund wäre, sich so einer Diagnostik zu unterziehen. Und manch andere sind ja auch genervt von ihr und vom Thema Umweltschutz. Wenn dann müsste schon bekannt werden, dass einige Stars das auch haben und dazu sagen, dass sie das geil fänden, dass jeder käme. So denke ich einfach wirklich, dass sich viele melden, die Autisten zumindest in gewissen Punkten auffälliger ähnlich sind. Da wird dann vielleicht eine etwas ungerechte Grenze gezogen. Oder es fehlen noch mehr Diagnosen ;)

    3 Mal editiert, zuletzt von Four (28. März 2021 um 19:51)

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    Danke :)

    "Sanierungsbedürftiger Zahnstatus" xD

  • Ich finde den Artikel gut geschrieben.
    Er erwähnt auch einen Aspekt der großen Einfluss auf die Entwicklung und viele Lebensbereiche hat.

    [...Gründe im Bereich der schulischen und beruflichen Leistung können sein, dass In-formationen im Schulunterricht, Studium und Berufsleben in der Regel neurotypisch aufbereitet werden und aufgrund der mangelnden Struktur, der Unvollständigkeit, der logischen „Menschen im Autismus-Spektrum haben ein erhöhtes Risiko psy-chischer Störungen (z. B. Depressionen, Phobien, Essstörungen oder Traumafolgestörungen) und es gibt Hinweise, dass die Kenntnis der Grundstörung das Coping verbessern und dem Auftreten von Folgepro-blemen entgegenwirken kann .“ (Kristina Marquass) 1/2021 Psychotherapeutenjournal 41Kerstin B. im Gespräch mit Kristina Marquass und Martin AhlertBrüche und der Sprache für Autisten nicht durchgängig nach-vollziehbar sind. Diese abweichende Art der Informationsver-arbeitung kann auch in anderen Lebensbereichen zu einem Gefühl des Unverständnisses und der Orientierungslosigkeit führen....] Seite 41-42

    Ich habe viele Jahre gebraucht, um zu verstehen, dass ich nicht verstehe wie neurotypische Menschen üblicherweise miteinander kommuniziernen. Doch das dann Jemandem als Problem darzustellen ist noch schwieriger. Besonders wenn das Defizit auf deiner Seite ist und dein Gesprächspartner dir nur Hilfe angedeihen lassen wird, wenn du es schaffst ihm plausibel zu erklären dass und warum du in der Schule nicht klarkommst.
    In dieser Situation war ich leider schon recht oft. Es ist schon an sich tendenziell unfair, wenn der Beeinträchtigte die Erklärungslast für sein Problem hat und vom Erfolg seiner Erklärung (dem Vertsehen das beim Zuhörer entsteht) abhängt ob sein Problem ernst genommen wird oder er Hilfe erfährt.
    Doch wenn das Problem eine Beeinträchtigung der Kommunikation und Interaktion ist, kann es schnell zu einer ausweglosen Situation werden, die den Leidensdruck der Betreffeden enorm steigert.

    Ich bin mit viel Mühe und Anstrengung dazu gekommen meinen Realschulabschluss am Colleg nachzuholen. Doch Schule und Ausbildung ohne Diagnose und unter neurotypischen Konditionen hat mir nicht gut getan und ich habe noch keinen Anhaltspunkt der in diesem Bereich dauerhaft helfen könnte.




    I try never to understand things. It's called an open mind.

  • Psychiatrie, geschlossene Station: einige Menschen mit Schizophrenie fielen mir dadurch auf, dass sie viel zu warm angezogen waren, also bei normaler Zimmertemperatur mit dicker Daunenjacke.
    Von Aspergern wiederum kennt man es, dass manche kaum Kälte spüren und sich zu kühl anziehen. Manche berichteten, sie schauen seit Kindheit auf das Thermometer und halten sich sklavisch daran (unter 20 Grad: Lange Hose und Pulli, über 20 Grad: T-Shirt, über 30Grad kurze Hose usw) weil sie überhaupt kein natürliches Gespür dafür haben.

    Es gibt psychische Störungen, wo sich die Leute sehr exzentrisch anziehen, oder ungepfelgt sind (fettige Haare etc).

    Der Kommentar in dem Artikel zu Asperger-Frauen finde ich ok, es entspricht meiner realen Beobachtung. Ich selbst als Autistin entspreche dem Bild auch nicht (ich schminke mich und war vorallem früher ziemlich eitel), aber ich weiß, dass es auf die meisten Asperger-Autistinnen zutrifft. In Einzelfällen mag es Psychiater geben, die sich NUR von sowas leiten lassen, aber die sind schlecht. Da wüsste man nicht, ob die Diagnose stimmt, auch wenn sie positiv ausfallen sollte. Die Existenz von schlechten Psychiatern ist aber kein Grund, solche Informationen in einem Fachartikel für Kollegen zu verschweigen.

  • Diagnosekriterien sind in Fachbüchern nachzulesen, das ist nicht das Ziel dieses Journals. Frau Marquass hat von ihrer Arbeit und ihren Beobachtungen berichtet und Beispiele genannt.

  • Diagnosekriterien sind in Fachbüchern nachzulesen, das ist nicht das Ziel dieses Journals. Frau Marquass hat von ihrer Arbeit und ihren Beobachtungen berichtet und Beispiele genannt.

    Ja, genau. Modische Kleidung allein wird keine Diagnose verhindern, zumindest nicht bei einer Diagnostikerin, die sich wie Frau Marquass intensiv mit Autismus bei Frauen befasst hat.

    Natürlich kann ein bestimmter Kleidungsstil auf bestimmte Persönlichkeitsstile u.v.m. hinweisen. Zu glauben, dass Kleidung/Erscheinungsbild nichts aussagt, ist möglicherweise auch wiederum ein Hinweis auf Autismus. Andersherum kann ein nicht vorhandener bestimmter Kleidungsstil aber keine Diagnose ausschließen.

    Man sollte auch nicht vergessen, dass da viele weitere Faktoren mit reinspielen. Alter, Figur, Körpertypus und Körpergröße generell, und nicht zuletzt die finanzielle Situation. Für manche Frauen wäre es abhängig davon mit wesentlich mehr Aufwand verbunden, modisch und attraktiv gekleidet zu sein. Dazu, das dann in einer schwierigeren Ausgangsposition trotzdem zu schaffen, haben nicht alle Autistinnen die Energie und das Geschick. Obwohl sie, wenn sie problemlos und günstig schöne modische Kleidung kaufen könnten, das vielleicht auch tun und diese tragen würden.

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

  • Auch, dass viele - aber längst nicht alle - autistische Menschen Dyspraxie haben, spielt hier sicher eine Rolle. Ein Ausschlusskriterium ist Kleidung aber definitiv nicht, und ich kann mir angesichts von Frau Marquass' anderen Aussagen auch nicht vorstellen, dass sie das so sieht.

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

  • Ich habe Frau Marquass in der Diagnostik erlebt: Sehr gründlich, behutsam, umsichtig, kompetent. Sie integrierte in ihre Beobachtungen/Untersuchungen auch andere bekannte Diagnosen. Allerdings machte sie sich vorerst ihr eigenes Bild, um sich eben nicht ‚fehlleiten‘ zu lassen. Erst nachdem sie genügend eigene Beobachtungen gemacht hatte, beschäftigte sie sich mit den eingereichten Dokumenten.
    Die sich an die (Gott sei Dank!!!) sehr ausführliche Diagnostik anschließende Auswertung war ebenso umfassend (ebenso ihr Bericht, der sehr zeitnah eintraf, was sie von anderen Institutionen deutlich unterschied …) und gründlich, die Erläuterungen nachvollziehbar, sehr fundiert begründet.
    Wie bereits angemerkt: Ihre Beobachtung zur Kleidung ist lediglich ein Hinweis, sie beschreibt es nirgends als ein ‚Muss‘.

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