Schwerbehindertenausweis GdB und Merkzeichen B bei Kind

  • Hallo.Wir haben für unseren vier jährigen Sohn die Diagnose Asperger-Autismus erhalten. Er geht in einen Regelkindergarten und ist als Integrationskind anerkannt. Im Alltag benötigt er eigentlich durchgängig Anleitung und Begleitung, verfällt ohne dem sehr schnell in stereotype Verhaltensweisen oder beteiligt sich nicht. Der Antrag beim Versorgungsamt wurde nun mit einem GdB von 50 und dem Merkzeichen H beschieden. unserer Meinung nach ist das relativ niedrig angesetzt. Nach unserer Akteneinsicht ist eine Begründung nicht wirklich vorgenommen worden bzw. nachvollziehbar, sondern es erfolgt lediglich die Einstufung mit einem Verweis auf bestimmte Seitenzahlen in den eingereichten Gutachten, die zur Einschätzung des GdB geführt haben sollen.

    Auch verwundert uns, dass kein Merkzeichen B vergeben worden ist. Gibt es hierzu weitere Erfahrungen bei euch? Klar, würde ich ihn mit vier Jahren noch nicht alleine mit Bus und Bahn fahren lassen. dennoch benötigt er ständige Begleitung, um sich sicher zu fühlen oder an Dingen teilnehmen zu können. Gibt es hier trotzdem Erfahrungen, dass ihr für euer Kind mit der Diagnose Asperger neben dem Merkzeichen H auch B zuerkannt bekommen habt? was half dann bei der Antragstellung?

    Lohnt es sich auch bei bei GDB auf einen höheren Grad hinzuwirken, um bei einer Wiederbegutachtung (bei uns in zwei Jahren nach Schuleintritt nicht unter die 50 zu fallen)? Der Hilfebedarf wird ja absehbar bestehen bleiben, bzw. mit höheren Anforderungen an Selbstständigkeit und soziale Situationen in der Schule noch ansteigen.

    Vielen Dank schon mal für eure Rückmeldungen.

  • Ein Vierjähriger mit Merkzeichen "H" muss meines Erachtens zwangsläufig auch das Merkzeichen "B" erhalten.
    Auch meine ich in Erinnerung zu haben, dass in dieser Konstellation ein GdB von mindestens 80 zu vergeben ist.
    Aber meine Informationen hierzu sind schon über 10 Jahre alt, vielleicht hat sich das ja zwischenzeitlich geändert.

  • Hallo adete,

    erstmal herzlichen Glückwunsch zum Merkzeichen H.

    Damit könnt Ihr den Steuerfreibetrag eintragen lassen.

    Das H bedeutet, daß der Inhaber kostenlos den ÖPNV benutzen darf und die Begleitperson Fahrentgelte bezahlen muß. Nach aktueller Rechtslage kann die Begleitperson anfallende Fahrtkosten bei der Krankenversicherung separat geltend machen, sofern die Fahrten zu ambulanten Therapien anfallen (§ 60 SGB V). Nachgewiesene und nicht erstattete Privatfahrten sind als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar: bis zu 15.000 km x 30 ct = 4.500 € (§ 33 EStG).

    Das B alleine würde bedeuten, daß das minderjährige Kind die Fahrtkosten für sich selbst voll übernehmen muß und lediglich die Begleitung entgeltfrei mitfährt. Darüber hinaus ist der Steuerfreibetrag deutlich geringer.

    In der Praxis ist es höchst selten, daß beide Merkzeichen zuerkannt werden.

    Ich glaube Ihr habt das Optimum :thumbup:

    Freundliche Grüße

    infla

  • Wir hatten den SBA für meinen Sohn auch das erste Mal beantragt als er 4 Jahre alt war. Wir wollten die Merkzeichen H B und G. Bekommen haben wir einen GdB von 70 mit den MZ. H und B. G haben wir nicht bekommen.

    Auch bei Kindern wird es wohl um Qualität der Beschreibung vom Arzt gehen. Im letzen Jahr hatten wir die Überprüfung und wir haben ein 5 seitiges schreiben der Autismusfachkraft angehangen in dem beschrieben wurde was er alles nicht kann nach ICF-CY ( Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit bei Kindern) das war dann sowohl so gut, das im dem Schreiben vom Versorgungsamt stand: die Merkzeichen wurden ausreichend begründet.

    Du kannst Widerspruch einlegen wegen dem Merkzeichen. Sehr gute Unterlagen dazu gerade im Bezug auf Kinder findest du bei Rehakids, vorformuliert. Ich kenne es eigentlich so, dass Kinder beim H fast immer das B bekommen.

    Chris

  • Also ich dachte es wäre häufig so, dass es zu H auch B gibt bei Kindern?
    Aber da habe ich wohl etwas zu wenig Ahnung.

    Lasst euch doch z.B. mal beraten welche Ansprüche ihr habt. z.B. bei der EUTB oder einer Beratungsstelle speziell für Eltern.

    Viel Erfolg.

  • Für die sogenannten Merkzeichen (also die Buchstaben G,B, RF, H, aG, BL usw. auf dem Ausweis/Bescheid) gelten jeweils unterschiedliche Mindestvoraussetzungen.

    Informiert euch, lasst euch beraten, ruft beim Versorgungsamt an, bei der EuTB oder lest zum Beispiel in der Versorgungsmedizin-Verordnung nach (siehe angepinntes Vor-Thema).
    Auch die Landschaftsverbände in NRW versenden auf Anfrage Broschüren mit Infos zu den Schwerbehindertenausweisen.


    Im Übrigen:

    Lohnt es sich auch bei bei GDB auf einen höheren Grad hinzuwirken, um bei einer Wiederbegutachtung (bei uns in zwei Jahren nach Schuleintritt nicht unter die 50 zu fallen)?

    Wenn du das meinst, was ich vermute, kann ich dich erst mal beruhigen: Nach der versMedV steht Aspergerkindern und -jugendlichen mit Mindest-GdB 50 das H bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs zu.

    Außerdem würde ich an eurer Stelle sofort einen Antrag auf Pflegeleistung bei der Pflegekasse stellen, solltest ihr das noch nicht gemacht haben.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

    Einmal editiert, zuletzt von Capricorn (22. März 2021 um 21:44)

  • Hallo,

    wir haben damals auch H und B beantragt, aber "nur" GdB 50 und H bekommen. Damals war unser Sohn 7, wir haben den Ausweis Rückwirkung zu seinem dritten Geburtstag bekommen (aber nur, weil wir damals schon medizinische Beeinträchtigungen durch Atteste nachweisen konnten).

    Das B wurde abgelehnt. In der Akteneinsicht hieß es zur Begründung "impulsive Handlungsdurchbrüche sind nicht belegt". Was immer das bedeutet...

    Das H gibt es regelhaft bis zum 16 Lj. meine ich, aber bei unserem Sohn ist die erste Nachprüfung erst mit 20, daher kann uns das egal sein.

    An eurer Stelle wäre ich zufrieden, aber man riskiert durch den Widerspruch auch nichts.

    Gruß

  • Das H gibt es regelhaft bis zum 16 Lj. meine ich, aber bei unserem Sohn ist die erste Nachprüfung erst mit 20, daher kann uns das egal sein.

    Kleine Korrektur:


    Nach der versMedV steht Aspergerkindern und -jugendlichen mit Mindest-GdB 50 das H bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs zu.

    Also "H" ab GdB 50 bis nach dem 18. Geburtstag. G+B je nach Fertigkeit und Fähigkeit, Wege in der Öffentlichkeit zurückzulegen

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  • Kleine Korrektur:

    Also "H" ab GdB 50 bis nach dem 18. Geburtstag. G+B je nach Fertigkeit und Fähigkeit, Wege in der Öffentlichkeit zurückzulegen

    Kannst Du mir die genaue Passage dazu sagen? Mein Sohn (atypischen Autismus) hat einen GdB 50 ohne H und B bekommen. Die Begründungen sind eher nicht nachvollziehbar.

  • Die genaue Passage steht in den versorgungsmedizinischen Grundsätzen Teil A Nr. 5 "Hilflosigkeit bei Jugendlichen und Kindern", wobei seit der dritten Änderungsverordnung vom Dezember 2010 "H" bis zur Vollendung des 18. Lj gegeben wird (ab 50 oder mehr).
    Manche brauchen offenbar eine Extraeinladung, um das so auch festzustellen.

    Ich arbeite bei dem verein und habe einen Bescheid für meinen Sohn bekommen, in dem steht, dass der "Mindest-GdB von 70 für B" nicht vorliege. Das ist hanebüchen, denn so einen Mindest-GdB gibt es nicht bei ASS.
    Es ist aus den Fingern gesogener Quatsch.

    Nicht bange machen lassen.

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  • @Capricorn
    Und dann unter "d)" und dort dann?

    bb) Bei tiefgreifenden Entwicklungsstörungen, die für sich allein einen GdS
    von mindestens 50 bedingen, und bei anderen gleich schweren, im
    Kindesalter beginnenden Verhaltens- und emotionalen Störungen mit
    lang andauernden erheblichen Einordnungsschwierigkeiten ist regelhaft
    Hilflosigkeit bis zum 18. Lebensjahr anzunehmen.

  • Ja, genau.
    Da steht 18. Lebensjahr und nicht 16. Lj.

    ....und bei anderen gleich schweren, im
    Kindesalter beginnenden Verhaltens- und emotionalen Störungen mit
    lang andauernden erheblichen Einordnungsschwierigkeiten ...


    Und bb) gilt - siehe Zitat - auch für ADHS, FAS u.a.m.

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  • So, jetzt habe ich etwas Zeit um mal die Begründung abzutippen, warum unser 4 jähriger, diagnostizierter, autistischer Sohn keine Merkzeichen H und B bekommt:

    Zitat

    Das Merkzeichen "B" (Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson) steht Menschen zu, die wegen ihrer Behinderung öffentliche Verkehrsmittel regelmäßig nur mit fremder Hilfe benutzen können. Sie erfüllen die Voraussetzungen nicht.

    Klar, unser Sohn kann selbstverständlich regelmäßig selbstständig mit Bus und Bahn durch die Gegend fahren. Nicht, dass er sich nicht einmal alleine aufs Klo traut, aber Bahnfahren ist ok.

    Zitat

    Hilflos ("H") sind Menschen, die wegen ihrer Behinderung ständig auf fremde Hilfe angewiesen sind, um ihre persönliche Existenz und Pflege zu sichern. Dies ist der Fall, wenn zumindest in den Bereichen "Mobilität", "Kommunikation", "Selbstversorgung" und "Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte" ein besonders hoher Hilfebedarf besteht bzw. eine ständige Bereitschaft zur Hilfe notwendig ist.

    Ist natürlich auch völlig an den Haaren herbeigezogen und entspricht auch gar nicht dem, was autistische Kinder so besonders macht.

    Ich werde selbstverständlich Widerspruch einlegen und um Akteneinsicht bitten, sowie um Bereitstellung der amtsärtzlichen Begutachtung, welche zu diesem Schluss geführt hat. Das ATZ, bei dem wir sind, wird uns zum Glück unterstützen. Grundsätzlich muss ich aber annehmen, dass die Personen hier bei uns im Amt, überhaupt keine Ahnung haben, was Autismus ist und offensichtlich auch Ihre eigenen Gesetze nicht kennen aber auch nicht den Arztbericht vom Kinder- und Jugendpsychiater gelesen haben.

  • Bei Kindern muss man das immer im Vergleich mit gesunden Gleichaltrigen sehen. Wenn ein gleichaltriger Vierjähriger auch nicht alleine Bus fahren kann, dann gibt es dafür auch kein Merkzeichen oder GdB.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Bei Kindern muss man das immer im Vergleich mit gesunden Gleichaltrigen sehen. Wenn ein gleichaltriger Vierjähriger auch nicht alleine Bus fahren kann, dann gibt es dafür auch kein Merkzeichen oder GdB.

    Aber er wird es auch mit 6 oer 8 nicht können und hier gibts Kleinkinder, die vom Fahrdienst abgeholt und zum Kindergarten gebracht werden - das ist für mich wie ÖPNV und unser Sohn würde da nicht einsteigen. Es geht mir auch gar nicht ums Busfahren, aber das als Begründung anzuführen finde ich lächerlich. Unser Sohn kann nicht einmal in unserem Garten alleine ans andere Ende gehen ohne das ein Erwachsener mitkommt, weil er diese Distanz gar nicht versteht. Und insbesondere die Bereitschaft zur Hilfe ist bei autistischen Kindern immer gegeben und auch in einem Ausmaß, dass den Vergleich mit "normalen" (wie ich dieses Wort hasse) Kindern nicht stand hält.

  • Okay, dann hast du recht, er müsste sowohl H als auch B bekommen, wenn er mindestens GdB 50 und eine tiefgreifende Entwicklungsstörung hat.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Ich habe jetzt die Akteneinsicht vom Versorgungsamt. Es wurden nur Unterlagen vom Kinderarzt, nicht aber vom Kinder- und Jugendpsychiater angefordert. Dadurch fehlt unter anderem die Diagnose und es lag nur der (ältere) Verdacht auf sich entwickelnde ASS vor. Das Sie nicht beim Psychiater anfragen empfinde ich schon fast als Masche (RW) und ich kann es nicht nachvollziehen. Eine Stellungnahme vom versorgungsmedizinschen Amtsarzt liegt gar nicht vor und wurde offensichtlich auch nicht vorgenommen. Ich bekomme jetzt noch eine Stellungnahme vom Autismustherapiezentrum und werde dieses dann zusammen mit der korrekten Diagnose, Verweisen auf die VersMedV und einer persönlichen Stellungnahme einreichen und hoffe dann insbesondere auf H, aber auch auf B. Der GdB ist mir nicht so wichtig, den können Sie meinetwegen bei 50 belassen.

  • er ist jetzt 4 Jahre, denk an die Schule, lass ihn nie auf Rat dummer Lehrer dahin gehen wo er nicht sein sollte... er hat Recht auf Chancengleichheit, und das geht bis ins Gymnasium, Förderung ist keine Sonderschule.

  • Es wurden nur Unterlagen vom Kinderarzt, nicht aber vom Kinder- und Jugendpsychiater angefordert. Dadurch fehlt unter anderem die Diagnose und es lag nur der (ältere) Verdacht auf sich entwickelnde ASS vor.

    Verdachtsdiagnosen sollen nicht gewertet werden, erst nach Bestätigung des Verdachts.
    Aber dass der entscheidende Ki&Jugendpsychiater nicht angeschrieben wurde, kann nur am Sparwillen einer klammen (RW) Kommune liegen.

    Das geht echt nicht, dagegen würde ich - wie auch ihr es vorhabt - Widerspruch erheben.
    Müsste zusammen mit dem ATZ-Bericht ja auch klappen.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Ein Vierjähriger mit Merkzeichen "H" muss meines Erachtens zwangsläufig auch das Merkzeichen "B" erhalten.

    nein, natürlich nicht ("zwangsläufig")

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