Autismus und Medizinstudium / Autismus und Medizin

  • Hallo liebe Communitiy ,
    wie am 13.November schon in meinem Beitrag erwähnt (u.a im thread "dversität an Hochschulen ") kämpfe ich mit folgendem Dilemma,

    ich bin sowohl Asperger Autistin als auch Medizinstudentin(2. Jahr) und stecke in einem großen Dilemma.
    Aktuell bin ich neben dem doch sehr forderndem Studium sehr einsam (Online Studium aktuell) und bin ziemlich unproduktiv, an meinen Besonderheiten zu arbeiten, da Selbsthilfegruppen nicht stattfinden und auch sonstige Hobbys aufgrund der aktuellen Gegebenheit auch nicht möglich sind.
    Nun habe ich bei einem Online Seminar über Autismus teilgenommen und habe dort von der Autismus spezifischen Ergotherapie gehört , welche ideal für mich wäre.
    Nun habe ich aber die Bedenken , dass wenn man es offiziell als Autismus Therapie deklariert , ich später Gefahr laufe meine Approbation nicht zu erhalten. Meine Ärztin hatte mich diesbezüglich gewarnt, dass das eintreten könnte. Daher habe ich mehrere Fragen und ich fände es sehr nett wenn jemand helfen könnte.
    Frage 1) Studiert jemand von euch als Asperger Autist oder generell im Spektrum mit offizieller Diagnose Medizin und weiß ob es nachher ein Nachteil mit sich bringt oder gar einem die Approbation nicht gewährt wird ?
    2)Weiß jemand , ob eine psychiatrische Untersuchung stattfindet , bevor man die Approbation erhält oder wie streng die Regulation bezüglich dessen ist ?
    3) Hat jemand vielleicht eine Idee wie man seine Besonderheiten bzw. Schwächen anderweitig trainieren kann ? Oder wie man gerade jetzt zu Corona Zeiten seine Social Skills etc. etwas trainiert ?
    4) wie geht man allgemein mit dem Thema Autismus im medizinischem Berufsbild um ? Gebt ihr euren Kollegen einen Hinweis oder behaltet ihr es für euch... da der Klinikalltag ja doch eigentlich reibungslos funktionieren sollte , muss man ja eventuell Leute einweihen....

    Ich weiß, dass ich noch sehr weit von der Approbation entfernt bin, möchte aber doch auf Nummer sicher gehen und nicht nun meine Autismus Therapie machen , wenn mir dann der Erhalt der Approbation verweigert oder erschwert wird.....
    Ich würde mich sehr über hilfreiche Ratschläge und Tipps freuen und wünsche euch alles Gute.
    Bleibt gesund !
    Viele Grüße
    Judith1096

    PS:
    Mir wurde angeraten , einen eigenen Thread mit diesem Thema zu erstellen ,um hierauf aufmerksam zu machen und vielleicht Gleichgesinnte zu finden. Dieser Thread soll aber an alle Personen gerichtet sein, die im Gesundheitswesen arbeiten, besonders wollte ich künftige Studenten der Medizin aber auch Ärzte im Spektrum ansprechen.
    Ich würde mich über weitere Anregungen und Tipps freuen und vielleicht hilft es euch/Ihnen ja auch weiter.
    Ich denke , dass gerade wenn medizinische Themen oder Medizin im Allgemeinen zum eigenen Spezialinteresse gehört und erfüllend für einen ist , nachvollzogen werden kann , wie ich mich fühle. Mein Studium aus psychischen Gründen abzubrechen , kommt daher nicht infrage .
    Mir geht es psychisch gerade aber nicht gut , aber ich kann trotzdem nichts riskieren um nachher die Approbation zu gefährden oder ein unnötiges Risiko eingehen , um nachher der Willkür der Behörden ausgeliefert sein , ob sie gerade in meinem Fall eine Ausnahme machen.
    so richten sich meine Fragen im besonderen an Leute die Medizin studieren und ihre Diagnose öffentlich gemacht haben oder eben nicht aus Gründen.....
    Ich bedanke für vorherige Antworten und für eure Aufmerksamkeit....

    Man muss mich nicht immer verstehen. Lieb haben reicht schon ! - Unbekannt

    Einmal editiert, zuletzt von Judith1096 (27. November 2020 um 17:03)

  • Hallo Judith,

    meine ärztliche Approbation ist schon einige Jährchen alt. Ich kann Dir daher kaum Auskunft zu Deinen Fragen geben, weil ich den aktuellen Stand der Dinge nicht kenne.

    2)Weiß jemand , ob eine psychiatrische Untersuchung stattfindet , bevor man die Approbation erhält oder wie streng die Regulation bezüglich dessen ist ?

    Bei mir war es damals so, dass ich für die Beantragung der Approbation eine Bescheinigung von einem Arzt (nicht näher bezeichnet) einreichen musste, dass ich gesundheitlich (körperlich und geistig) für den Arztberuf geeignet bin. Ich war dafür bei meinem Hausarzt. Da der mich schon lange kannte und ich ja quasi Kollegin war, war das in meinem Fall reine Formsache. Wir haben uns kurz kollegial unterhalten, und er gab mir die Unterschrift.

    Das Thema Autismus spielte damals noch keine Rolle. Die Diagnose Asperger Syndrom war noch weithin unbekannt, und niemand ist überhaupt auf die Idee gekommen, dass ich davon betroffen sein könnte. Es ist wohl schon aufgefallen, dass ich etwas "speziell" und sehr individualistisch war. Aber das hat damals (Mitte/Ende der 90er Jahre) niemand als Grund angesehen, dass ich nicht als Ärztin arbeiten könnte. Und selber waren mir damals meine autismus-spezifischen Schwierigkeiten noch nicht bewusst, bzw. ich konnte sie nicht einordnen. Ich dachte immer nur, wenn ich mit etwas schlecht klar kam, dass das allen so ginge, dass sich die Anderen nur nicht so anstellen, wie ich und ich mich einfach nur mehr zusammenreißen müsste.

    Gefühlt hatte ich damals auch keine psychischen Probleme. Ich merkte wohl, dass ich die Außenseiterin war. Ganz besonders im Praktischen Jahr, wo ich zum Beispiel im Wahlfach Anästhesie gar nicht ins Team fand und mich wie das sprichwörtliche 5. Rad am Wagen fühlte. Mir ist immer noch ein Rätsel, wie die anderen Studenten es offenbar mühelos hinbekamen, sich ins Team einzuordnen.
    Mein Außenseitertum konnte ich aber durch gute Leistungen soweit wett machen, dass ich in aller Regel so angenommen wurde, wie ich war.
    Vom rein medizinisch-fachlichen fand ich das Studium sehr gut bewältigbar. Ich war halt total fleißig und wissbegierig und das Gegenteil von einer Partymaus. ;) Ich war im Medizinstudium - abgesehen von Präsenzkursen - ziemlich autark und habe mein Ding durchgezogen.

    Ich bin erst dieses Jahr im Alter von 50 Jahren diagnostiziert worden. Dadurch ist mir dann allerdings so Einiges klar geworden. Ich habe einige Jahre in medizinischen Bereichen mit sehr, sehr viel Patientenkontakten gearbeitet. Hatte 40 bis 60 Patienten am Tag. Und dabei galt es natürlich, jeden Einzelnen adäquat zu behandeln. Nicht nur medizinisch, sondern auch zwischenmenschlich. Also unter anderem auch für jeden Einzelnen die richtigen Worte finden und die passende nonverbale Kommunikation rüberbringen und eine ebenso adäquate Kommunikation mit den Kollegen pflegen.

    Mir wird erst jetzt langsam bewusst, wie viel Energie mich das als Autistin gekostet hat. Es mag Kollegen geben, denen die Kommunkation mit ihren Patienten und/oder Kollegen positive Energie gibt. Für mich war das Zwischenmenschliche oft mega anstrengend. Ich habe im täglichen Umgang mit meinen Patienten im Grunde schon mein berufliches "Soll" und oft sogar mehr erfüllt. Aber es hat mich überdurchschnittlich viel Kraft gekostet. Ich habe im Arztberuf offenbar massiv kompensiert, ohne dass mir das bewusst war. Irgendwann mit Mitte/Ende 40 ging das nicht mehr. Ich war völlig ausgebrannt. Momentan arbeite ich nicht im Bereich Medizin.

    Würde ich heute mit dem Wissen um meine Diagnose noch einmal vor der Wahl einen Studiums stehen, wäre ich wohl hin und hergerissen, ob es noch einmal Medizin sein sollte. Ich würde denken ja, weil bestimmte Wissensbereiche der Medizin einfach total mein Ding sind, aber mit ganz anderen beruflichen Zielen. Ich würde wohl etwas mit wenig mit gar keinem Patientenkontakt (Forschung oder so) anvisieren.

  • Ich bin Krankenschwester, kann dir daher vom rechtlichen nicht viel sagen. Ich weiß nur, dass die Assistenzarztzeit, und das sind immerhin gut sechs Jahre sehr schwer ist und mit den Assistenten auch teilweise nicht gut umgegangen wird, va wenn sie unsicher sind. Eine Bekanntgabe der Diagnose würde ich nie anraten, das kann zu Mobbing führen.
    Ich hab nach dem Abi kurz überlegt, Medizin zu studieren und bin heute heilfroh es nicht gemacht zu haben, da ich sehe wie manche Assistenten kämpfen. Es ist wirklich extrem fordernd und anstrengend. Vielleicht hängt das aber auch davon ab, in welchem Bereich du arbeiten willst.
    Ich könnte mir vorstellen, dass die Pathologie oder Dermatologie nicht ganz so fordernd sind wie zb die Innere oder die Unfallchirurgie.
    Lg

  • Abgesehen von der bei mir noch fehlenden offiziellen Diagnose kann ich mich @Input nur anschließen.
    Ich habe Humanmedizin studiert und danach im Beruf zig Mal die Arbeitsstelle und das Fach gewechselt, weil ich nirgendwo so richtig reingepasst habe. Man braucht ein tolerantes Umfeld und möglichst gut passende Arbeitsbedingungen (nicht zuviel Stress, überschaubarer Aufgabenbereich, Teilzeitarbeit etc.), dann kann man mit Glück doch letztlich eine Nische für sich finden. (Im Moment bin ich in so einer Nische, hoffentlich habe ich auch in der Zukunft Glück, denn ich muss noch weiter...)
    Und dann macht es auch Spaß, weil der Medizinerberuf einfach toll ist, sehr bereichernd und ausgesprochen sinnvoll.

  • Ich bin ebenfalls Pflegekraft und weiß, dass es an meiner Klinik auch Ärzte mit Autismus gibt. Und ich weiß auch von anderen Kliniken, dass es dort auch Ärzte mit Autismus gibt und die sind auch geoutet.

    Was ich damit sagen will: Du brauchst am Ende eine Bescheinigung, dass du für den Job geeignet bist. Ich würde daher über jemand wie VdK oder Anwalt bei der entsprechenden Ärztekammer anfragen lassen, ob es bestimmte Bedingungen im Rahmen der Zulassung für Autisten gibt. So kannst du deine Anonymität wahren. Aber vielleicht ist es auch nicht nötig dich während des Studiums zu outen. Später kannst du dann selbst entscheiden, ob du es machst. Ich würde da vermutlich einen AG suchen, der dem Öffentlichen Dienst angehört, also Uniklinik, da dort einfach andere Bedingungen im Umgang mit Menschen mit Behinderung gelten als bei einem privaten Unternehmen.
    Ich habe mich geoutet und gutes und schlechtes erlebt. Heute würde ich das nicht mehr sofort machen, sondern nur noch nebenbei erwähnen, sollte ich Vertrauen zum Team haben.

    Ich wollte übrigens auch immer Ärztin werden. Heute weiß ich aber, dass ich dafür nicht geeignet wäre. Ich glaube ich wäre eine gute Ärztin vom Fach her, aber ich brauche die Sicherheit, dass ich jederzeit und immer jemanden habe, der mich bei einer schwierigen Situation unterstützt. Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn jemanden etwas passiert, nur weil ich wegen Overload nicht gut arbeiten konnte. Und als Arzt, vor allem in den ersten Jahren als Assi, wird man oft alleine gelassen, auch wenn man eigentlich einen Hintergrund hat.

    Einmal editiert, zuletzt von Pummelchen (11. Dezember 2020 um 19:59)

  • Ich bin ebenfalls Pflegekraft und weiß, dass es an meiner Klinik auch Ärzte mit Autismus gibt. Und ich weiß auch von anderen Kliniken, dass es dort auch Ärzte mit Autismus gibt und die sind auch geoutet.


    Das klingt ja sehr ermutigend. Ich habe selbst bewusst noch keinen Arzt/keine Ärztin mit Autismus getroffen; das kann aber auch daran liegen, dass ich mich erst seit ca. 1,5 Jahren überhaupt mit dem Thema beschäftige und immer (zu) sehr mit mir selbst beschäftigt war.

    Ist der Arbeitsbereich der Dir bekannten
    autistischen Ärzte/-innen denn speziell auf sie "zugeschnitten"?
    Die Arbeit in der Inneren Medizin einer Akutklinik war für mich persönlich - zumindest vor 14 Jahren (vielleichtwäre es ja heute, mit mehr Erfahrung, etwas besser) - extrem anstrengend, da habe ich nur ein halbes Jahr mit Ach und Krach durchgehalten.

  • Ich weiß nicht, ob der Arbeitsplatz angepasst wurde, ich kann es mir aber kaum vorstellen. So blöd es sich anhört, aber dafür ist in einem Krankenhaus "kein Platz". Es wird also vermutlich eher die Variante sein, dass man sich selbst Techniken schafft, die einem die Arbeit erleichtern.

    Ich zB bin in der Arbeit am Patienten am wenigsten gestresst. Das ist wie eine Dienstleistung, die arbeite ich nach Fachwissen ab, und zwar so, wie ich selbst behandelt werden wollte. (Die Formulierung hört sich falsch an "werden wollen würde" vielleicht? :roll: )
    Ich bin nicht auf meine Kollegen angewiesen, sondern mache meine Arbeit. Ich kann mir aber Hilfe suchen, wenn ich möchte.

    Als Assistenzarzt bist du auf einen guten Oberarzt angewiesen. Der muss dich mögen, dich fördern und in diesem Fall klare Angaben machen und seltsame Fragen ertragen. Leider hat man aber oft mehrere AÄ zu betreuen und ich glaube da muss man sehr viel Glück haben, wenn man jemanden findet, der die Geduld für einen hat. Wenn es so ist, wird man durch seine Leistung aber sicher überzeugen. Für die Zeit als Facharzt muss man aber Hierarchie gut ertragen können, das kann ich zB nicht gut.

    Ich kenne zum Beispiel eine Professorin, die mega gut ist. Sie hat sich auf einen ganz kleinen Bereich spezialisiert und das macht sie wirklich sehr gut. Hat dafür Auszeichnungen International erhalten. Aber "Menschlich" ist sie laut meiner Kollegen aus der Pflege eine Katastrophe. Weil sie direkt, kurz und systematisch arbeitet, aber eben nicht so emphatisch. Wenn es jemandem aber schlecht geht, dann kümmert sie sich sehr. Da erfolgt zB die Visite auch mal, obwohl der Patient halb nackt bereit zum Duschen im Bad steht :lol: .
    Ich finde das nicht schlimm, aber weiß trotzdem, dass es nicht so gewollt ist.

    Letztendlich muss also jeder für sich sehen, wie man mit den Schwierigkeiten umgehen kann. Lärm kann man aus dem Weg gehen, indem man Musik hört, wenn man Briefe schreibt. Stress aber nicht. Und Notfallsituationen erst Recht nicht. Aber alles kann in gewissem Maße trainiert werden.

  • Ich kenne zum Beispiel eine Professorin, die mega gut ist. Sie hat sich auf einen ganz kleinen Bereich spezialisiert und das macht sie wirklich sehr gut. Hat dafür Auszeichnungen International erhalten. Aber "Menschlich" ist sie laut meiner Kollegen aus der Pflege eine Katastrophe. Weil sie direkt, kurz und systematisch arbeitet, aber eben nicht so emphatisch. Wenn es jemandem aber schlecht geht, dann kümmert sie sich sehr. Da erfolgt zB die Visite auch mal, obwohl der Patient halb nackt bereit zum Duschen im Bad steht .
    Ich finde das nicht schlimm, aber weiß trotzdem, dass es nicht so gewollt ist.

    Hat sich diese Professorin denn als Autistin geoutet, zumindest im Kollegenkreis? Ich habe als Angehörige schon mehrere Kliniken kennengelernt und auch gerade mit den Hierarchien schon häufiger Probleme gehabt. Könnte mir vorstellen, dass gerade autistische Ärzte aber sehr gute Diagnosen stellen können.
    Mein Zahnarzt ist zum Beispiel gnadenlos ehrlich, aber fachlich wirklich sehr gut.

  • Hat sich diese Professorin denn als Autistin geoutet, zumindest im Kollegenkreis? Ich habe als Angehörige schon mehrere Kliniken kennengelernt und auch gerade mit den Hierarchien schon häufiger Probleme gehabt. Könnte mir vorstellen, dass gerade autistische Ärzte aber sehr gute Diagnosen stellen können.

    Die Frage ist eben, wie gut man Schwächen ausgleichen kann bzw. was man zu bieten hat für die Schwierigkeiten die man mitbringt. Menschen akzeptieren Macken eher, wenn man dafür besonders gut ist bzw. besser ist als die anderen in dem was man tut. Das ist ja sehr oft so, das man Andersartigkeit dann durch Kompetenz ausgleichen muss um eine Chance zu haben und das selbst bei Aspekten, die eigentlich nicht mal einen Nachteil mit sich bringen wie Geschlecht oder Hautfarbe. Wenn man dann tatsächlich beispielsweise soziale Schwierigkeiten oder andere Verhaltensbesonderheiten mit sich bringt ist es natürlich super, wenn man einen Chef hat, der mehr auf Kompetenz guckt, als auf Verhalten. Ich hab das Glück, dass mein Chef sich auch mal von mir Monologe anhört oder sich unterbrechen lässt, wenn ich mal wieder einen redefluss haben. Wobei ich es nicht als typisch autistisch bezeichnen würde, dass man Probleme mit Hierarchien hat. Es gibt ja eher einen Hang zum Regelbefolgen und die Regeln besagen eben, dass Person xy entscheidet. Wobei das dann wohl auch davon abhängt, ob man seinen Vorgesetzten prinzipiell für kompetent hält.

  • Interessant.
    Bin auch in der Medizin tätig. Und habe schon schlechte und gute Erfahrungen mit dem Umfeld gemacht. Momentan bin ich mal wieder sehr am Hadern. Aber ist scheinbar nicht so leicht von der praktischen Tätigkeit weg zu kommen, ohne seine Profession damit ganz aufzugeben. Das macht mich sehr traurig.
    Ich habe keine offizielle Diagnose. Darum kann ich zur Frage oben nichts beitragen. Obwohl ich schon immer auffällig war und seit Kindheit immer wieder in Therapien. Das hat mir aber bei der Erteilung der Approbation nicht geschadet. Brauchte nur einen Wisch vom Arzt, das es ok ist. Wie das ganz im speziellen mit einer Autismus Diagnose ist, weiß ich nicht.
    Ich würde heute aber wohl eher etwas anderes studieren, wenn ich damals schon gewusst hätte wie viel Energie die Interaktion mit so vielen verschiedenen Patienten mir täglich raubt. Deswegen bin ich gerade auch etwas in Not.

    Einmal editiert, zuletzt von Lykana (13. Dezember 2020 um 09:05)

  • Ich habe keine offizielle Diagnose. Darum kann ich zur Frage oben nichts beitragen. Obwohl ich schon immer auffällig war und seit Kindheit immer wieder in Therapien. Das hat mir aber bei der Erteilung der Approbation nicht geschadet. Brauchte nur einen Wisch vom Arzt, das es ok ist. Wie das ganz im speziellen mit einer Autismus Diagnose ist, weiß ich nicht.

    Wenn es wirklich so wäre, dass eine Autismusdiagnose als Ausschlussgrund gelten würde, wäre es ein Verstoß gegen die UN-Konvention. Dann könnten ja in Zukunft viele junge Menschen, die schon in ihrer Kindheit diagnostiziert wurden, manche Berufe nicht mehr ausüben.
    Bei Lehrern ist es glaube ich schwierig damit in ein Beamtenverhältnis zu kommen, aber das betrifft auch andere körperliche Krankheiten. Da geht es ja z.B. um Beihilfezahlungen.
    Es ist halt die Frage, ob es in der Approbationsordnung geregelt ist oder nicht. Da müsste man sich rechtlich genau erkundigen. Ich kann es mir aber ehrlich gesagt nicht vorstellen.

  • Ich studiere auch Medizin.
    Bzgl möglicher Probleme mit der Approbation hatte ich vor Beginn mit meinem Neurologen gesprochen (hab zusätzlich Epilepsie). Er meinte, es muss einfach nur ein Arzt unterschreiben, dass du "nicht für den Arztberuf ungeeignet" bist, mehr nicht. Und dass du das PJ überlebt hast, sollte da eigentlich jedem Arzt Beweis genug sein. Und wenn wirklich jemand die Unterschrift verweigert, gehst du halt zum nächsten Arzt. Und in den meisten Bundesländern kann das jeder Kassen- oder Klinikarzt sein, der nicht mit dir verwandt ist. Also kann´s auch ein ehemaliger Kommilitone aus dem Jahrgang drüber sein ;)

  • Habt ihr Tipps wie man sich das PJ am besten gestalten kann. Es ist ja sowieso für die meisten Studierenden eine stressige Zeit und häufiger auch wenig spaßig. Habt ihr vielleicht in eurem PJ ein paar Strategien entwickelt, die den Stress insbesondere mit den KollegInnen auf Station und den Planungen/Routinen erleichtern können?
    Hab ihr euch jemals geoutet im PJ?

  • Als Vorbemerkung: Ich habe Medizin nach dem Bio-Diplom studiert, und hätte wohl ohne das Kontingent für Zweitstudenten ohnehin keinen Platz bekommen. Danach habe mein Medizinstudium nach 9 Semestern abgebrochen, und mich drei Jahre später nach Arbeit im Pharmaaußendienst wieder immatrikuliert. Dann musste ich praktisch das gesamte Hauptstudium wiederholen. Anschließend mit fast vierzig (zu Hammerexamens-Zeiten) ohne zweites ins PJ, wo ich a) eingesehen habe, dass ich mit dem Stress auf Station nie klarkommen werde, und dann b) eine Gefahr für die Patienten darstellen würde. Daher (u.a.) habe ich die Abschlussprüfung nicht gemacht.

    Zum PJ: Chirurgie ist OK, im OP geht's eher ruhig zu. Innere... ...weniger. Nimm ein reizarmes 3. Fach - Anästhesie z.B., oder Radiologie, Arbeits- oder Rechtsmedizinmedizin,...

    Der oben erwähnte Innere-Stress bedeutete:
    - Ständige Störungen
    - Standige Gespräche im Hintergrund (mein absoluter Reizfilter-Überlastungs-Hammer)
    - Ewige Visiten
    - Ständige sich widersprechende Anweisungen, wie z.B. Arztbriefe zu schreiben sind etc., je nach Doc...
    - Zusätzlich "handwerklicher" Abbau dadurch - am Ende konnte ich noch nichtmal mehr zuvrlässig Zugänge legen. (Meine motorische Autismus-Komponente führt zu zunehmender Verkrampfung bzw. Verspannung unter dem ständigen Stress)

    Die ersten zwei Jahre danach musst Du meines Wissens - egal welcher Facharzt angestrebt wird - zum Erlangen der Vollapprobation und des Facharztes auf Stationen verbringen, um die notwendigen Kataloge zu "füttern". Erst danach kannst Du Dich ohne Probleme wieder in ein ruhigeres Fach retten.

    Die vier Monate Innere... ...lassen sich durchstehen. Die zwei Jahre danach? Die Frage solltest Du Dir beantworten.

    Stress mit Kollegen... ...war bei mir erträglich, wobei ich außer dem immer gewährten "Welpenschutz" u.a. wohl aufgrund meines Alters noch einen gewissen "Rentnerschutz" hatte. Außerdem habe ich allen erzählt, dass ich noch an vier Tagen nach dem PJ-Tag vier bis sechs Stunden gearbeitet habe, was auch als zusätzliche Belastung etwas mehr Wohlwollen sicherte. Auch von den Leuten in Pflege, die ebenfalls Stress machen können.
    Du musst allerdings schon damit klarkommen, hier und da auch mal unfreundlich behandelt zu werden.

    Wenn Du zweifelst, ob Du das überstehst, empfehle ich Dir eine dreimonatige Famulatur en bloc zu machen - das gibt Dir einen ziemlich guten Vorgeschmack.

    Vom Auting bei der Arbeit rate ich dringend ab, auf jeden Fall solange Du keinen Nachteilsausgleich haben willst. Und auch dann nicht auf Station.

    ...schon unterwegs!

    2 Mal editiert, zuletzt von Godot (14. November 2022 um 02:05)

  • .....ist es natürlich super, wenn man einen Chef hat, der mehr auf Kompetenz guckt, als auf Verhalten. Ich hab das Glück, dass mein Chef sich auch mal von mir Monologe anhört oder sich unterbrechen lässt, wenn ich mal wieder einen Redefluss haben. Wobei ich es nicht als typisch autistisch bezeichnen würde, dass man Probleme mit Hierarchien hat. Es gibt ja eher einen Hang zum Regelbefolgen und die Regeln besagen eben, dass Person xy entscheidet. Wobei das dann wohl auch davon abhängt, ob man seinen Vorgesetzten prinzipiell für kompetent hält.

    Höhö! Da stimme ich doch glatt zu! ;)

    Eine gute Chefin - eine dir gewogene vielleicht noch dazu - ist eigentlich immer gut, um im Medizinbetrieb keine Minderwertigkeitskomplexe zu entwickeln.
    Die fallen aber nicht vom Himmel.
    Also nach der Pflichtzeit (AIP, PJ , usw.) immer gute Arbeitsbedingungen suchen.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

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