Sind 40% der Autismus-Diagnosen falsch?

  • [...] dass Diagnostiker oder Forscher in Studien oft nur nachdem suchen, was sie sehen wollen und nur das sehen was sie für ihre Studien benötigen um ihre jeweiligen Hypothesen zu untermauern [...]

    Wobei das vielleicht auch irgendwo ein berechtigter Anspruch ist. Er unterscheidet sich bloß von dem rein behandelnder Psychiater.

    Vielleicht sollte man einfach nur Diagnosen von Forschern nicht mit denen von Behandlern durcheinanderwerfen und nach Situation entscheiden, welche Sicht angebracht ist.
    Wenn es um konkrete Hilfestellungen geht, ist mMn die Sicht eines Behandlers eher angebracht.
    Wenn man ein Lehrbuch "Was ist Autismus?" schreiben will, dann bedient man sich hingegen vielleicht besser der "klaren", "reinen" "Bilderbuchbeispiele".

    Wenn man aber wirklich raus finden wollte, wieviele Diagnosen falsch sind, müsste man es doch anders angehen. Beispielsweise müssten Autismus-Diagnostiker abstimmen, wen sie für die kompetentesten Diagnostiker halten. Und dann schickt man Patienten jeweils zu 5 dieser Diagnostiker mit den höchsten "Kollegen-Kompetenz-Werten" (ohne dass die wissen, wie die anderen Kollegen den Patienten diagnostiziert haben natürlich). Irgendwie so könnte man es vielleicht abschätzen.

    Jap, irgendwas in der Richtung wäre dann ein sehr viel besserer Ansatz.
    Wobei dann wahrscheinlich alle für ihre eigene Diagnostikstelle abstimmen. :lol:

    "He that can take rest is greater than he that can take cities." ~ Benjamin Franklin

    Ich hab mehr Spielwiesenbeiträge als du!

  • Die Aussage des Thread-Titels: ''40% der Autismus-Diagnosen sind falsch'' stammt von 2hoch8
    und ist so nicht belegbar.

    Es stammt nicht nur von 2hoch8.
    Hier findet Ihr es detaillierter https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-015-0494-x
    allerdings auf Englisch.

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe.
    Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Wobei dann wahrscheinlich alle für ihre eigene Diagnostikstelle abstimmen. :lol:

    Göttingen bestimmt :nod:

    Naja man könnte das ausschließen, indem eben vorgeschrieben wird, dass man nicht für sich selbst stimmen darf.

  • Göttingen bestimmt :nod:
    Naja man könnte das ausschließen, indem eben vorgeschrieben wird, dass man nicht für sich selbst stimmen darf.

    Wenn man die 5 besten Stellen berücksichtigen will ist das doch egal?
    Jeder vergibt 5 Stimmen an 5 verschiedene Stellen.

  • @Ginome Danke für den link zur Originalstudie.
    ''40% der Autismus-Diagnosen sind falsch''. Diese verallgemeinernde populistische Formulierung stammt von 2hoch8 und ist in der Studie so nicht zu finden. (siehe Beitrag 29)

    @alle
    D.h. ca 38% der 260 Probanden der MPI Göttingen Studie hatten laut deren Kriterien keine ASS.
    Das ist eine korrekte Aussage der Studie.

    Daraus wiederum zu folgern, dass deshalb in Deutschland eine viertel Million AS/HFA fehldiagnostiziert seien finde ich gewagt, pauschal und übertrieben, denn die Probandengruppe entspricht bei weitem weniger als einem zweitausendstel aller ASS (ca. 635.000 AS/HFA) in Deutschland und ist nicht repräsentativ, um sagen zu können:
    ''40% der Autismus-Diagnosen sind falsch''.
    Das ist keine korrekte Aussage über Fehldiagnosen,
    sondern schlicht eine pauschalisierende Fehlinformation.

    8 Mal editiert, zuletzt von maksa (12. November 2020 um 22:57)

  • @maksa: Die Autoren der Studie, u.a. Begemann und Ehrenreich, versteigen sich leider auch im Artikel selber dazu, sich zur überlegenen Kontrollinstanz zu erklären, z.B. durch die Zwischenüberschrift "High rate of ASD misdiagnoses in Germany".

    Die Probanden mit ASS-Diagnose von anderen Stellen, aber von ihnen nicht bestätigter ASS-Diagnose, dann einfach zur Kontrollgruppe ohne ASS zu erklären, ist ein meines Erachtens absolut unterirdisches Studiendesign und unterstreicht, wie sehr sie von der Unfehlbarkeit ihres diagnostischen Urteils, im Kontrast zum Urteilsvermögen der anderen, überzeugt waren.

    Mit solch einer Kontrollgruppe kommt meines Erachtens auch keine ordentliche Forschung bei raus, außer vielleicht zum Begemann-Ehrenreich-Syndrom. :sarcasm:

    “The amount of energy needed to refute bullshit is an order of magnitude bigger than to produce it.”
    ― Alberto Brandolini

    3 Mal editiert, zuletzt von Turtle (13. November 2020 um 07:59)

  • Vielleicht sollte man einfach nur Diagnosen von Forschern nicht mit denen von Behandlern durcheinanderwerfen und nach Situation entscheiden, welche Sicht angebracht ist.
    Wenn es um konkrete Hilfestellungen geht, ist mMn die Sicht eines Behandlers eher angebracht.
    Wenn man ein Lehrbuch "Was ist Autismus?" schreiben will, dann bedient man sich hingegen vielleicht besser der "klaren", "reinen" "Bilderbuchbeispiele".

    Dieser Gedanke kam mir auch schon. Das Diagosestellen die auch forschen, ihre Forschungsarbeit nicht durch evtl. falsch positiv diagnostizierte Probanden 'verschmutzen' wollen, verstehe ich durchaus. Ich halte es aber für keine gute Lösung, solchen 'Grenzfällen' die Diagnose zu verwehren. Wenn es wirklich ganz klar kein Autismus ist, ok. Aber, so wie ich das hier schon einige male gelesen habe, im Zweifel eher keine ASS Diagnose zu vergeben, halte ich für falsch. Warum machen solche Stellen in der Akte nicht einfach einen Vermerk: 'Grenzfall. Nicht für Forschung heranziehen.', oder so ähnlich?

  • ''40% der Autismus-Diagnosen sind falsch''. Diese verallgemeinernde populistische Formulierung stammt von 2hoch8 und ist in der Studie so nicht zu finden.

    Eben doch, wie von @Turtle bereits zitiert, da steht explizit "Fehldiagnosen" - und was wäre eine Fehldiagnose anderes als eine falsche Diagnose, zumal sie ja detailliert aufschlüsseln, was ihrer Meinung nach die korrekten Diagnosen seien?

    Die einzige Vergleichsstichprobe ist die der Schizophreniepatienten, als psychiatrisch unauffällig eingestufte Probanden fehlen komplett. Das ist ein Aufbau, der geradezu dazu verführt, Gruppen innerhalb der Stichproben zu finden, hier innerhalb der ASS-Stichprobe. Ohne Vergleich mit einer Stichprobe ohne psychiatrische Diagnose (oder auch nur mit Stichproben anderweitig bereits mit den angeblich identifizierten Störungen diagnostizierter Patienten) ist das eine methodische Luftnummer. Sie finden Unterschiede innerhalb der ASS-Gruppe, was niemanden überraschen sollte, es fehlt aber der Vergleichsmaßstab, an dem man erkennen könnte, ob das Untergruppen sind oder eben wie behauptet teilweise Fehldiagnosen anderer Stellen. Das ist wie der Vergleich von Äpfeln mit Birnen, wo man dann zu dem Schluß kommt, dass ein Teil der Äpfel doch eher Quitten seien. Vielleicht sind es aber verschiedene Apfelsorten, nur dass sich halt niemand echte Quitten zum Vergleich angeschaut hat.

    Die Diskussion um diesen angemaßten Status der Göttinger als deutscher ASS-Vatikan haben wir alle Jahre wieder, gerne angestoßen von dort Diagnostizierten, die damit ihren Status als "TÜV-geprüft" im Gegensatz zu anderen Usern herausstellen wollen - so als wäre das hier der Wettbewerb "Deutschland sucht den Super-Aspie"

  • Nur um das klarzustellen: Da ich meine Diagnose schon so oft erhalten habe und sie überall bestätigt wurde, egal wo ich hingehe, liegt mir gar nichts daran, die Diagnostiker in Göttingen besonders zu loben oder zu verteidigen.

  • Ich persönlich habe auch den Eindruck, dass es etliche Fehldiagnosen gibt, wurde aber nicht in Göttingen diagnostiziert. Ich weiß auch nicht, ob ich dort die Diagnose bekommen würde. Je nach Tagesverfassung vielleicht....

    Es würde mich interessieren herauszufinden ob ich von einem sogenannten strengeren Diagnostiker wie Fr Ehrenreich "ausgesiebt" werden würde. Es könnte sein dass man mir sagen würde dass ich keine psychiatrischen Auffälligkeiten habe sondern nur "ein bisschen anders" bin und "Lebensprobleme" habe. Oder vielleicht waren meine Diagnostiker streng und ich auch bei Fr Ehrenreich et al. "durchkommen" würde.


    Ich hoffe, es ist nicht übergriffig von mir, aber ich denke bei dir immer, dass es so eindeutig ist, dass du überall eine Diagnose bekommen würdest. Mit eindeutig meine ich die "Kernsymptome" des frühkindlichen Autismus, das Stimming, das bei dir sehr deutlich ist, und das Auftreten aller Symptome in der frühen Kindheit. Bei mir ist das längst nicht so eindeutig.

    Genauso geht es mir mit der Aussage von 2hoch8

    Ich kann das mitunter gut nachvollziehen. Wenn ich im Forum Beiträge lese, wo ich keinerlei Wiedererkennungswert habe, und die mich auch nicht entfernt an die Diagnosekriterien erinnern, dann geht es mir wie 2hoch8.
    Ich kann es also auf emotionaler Ebene verstehen. Leider oder zum Glück muss man sich entsprechende Kommentare eigentlich verkneifen.
    Aber wie kann es sein, dass es bei angeblich gleicher Diagnose überhaupt keinen Wiedererkennungswert gibt? Bei manchen Leuten wirklich Null? Ist das nur die Momentaufnahme, oder gibt es Autisten, die hier grundsätzlich keine Probleme teilen und sich ganz anders darstellen als sie wirklich sind? Das gibt tatsächlich immer wieder Rätsel auf.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Ich persönlich habe auch den Eindruck, dass es etliche Fehldiagnosen gibt,

    Mit Sicherheit gibt es die, weil die Diagnose ja auf dem subjektiven Urteil der Diagnostiker beruht. Nur die 40% der Göttinger halte ich erstens für nicht sauber dargestellt und zweitens aus einem anderen Grund für zu hoch: da läge vermutlich die Quote zutreffenden der Eigen- (Verdachts-)Diagnosen nicht viel schlechter, wenn die Fachleute schon nur auf gut 60% kommen. Damit wäre dann eine Fehlerquote erreicht, wo man eigentlich die Psychiatrie abschaffen und die Leute gleich Eigendiagnosen stellen lassen kann. Man kann natürlich die gesamte Psychiatrie zum Hokuspokus erklären, weil keine objektiv messbaren Diagnosen vorliegen, aber das ist wohl nicht das, was die Göttinger erreichen wollen.

  • Aber wie kann es sein, dass es bei angeblich gleicher Diagnose überhaupt keinen Wiedererkennungswert gibt? Bei manchen Leuten wirklich Null? Ist das nur die Momentaufnahme, oder gibt es Autisten, die hier grundsätzlich keine Probleme teilen und sich ganz anders darstellen als sie wirklich sind? Das gibt tatsächlich immer wieder Rätsel auf.

    :thumbup: Sehr gute Frage. Meiner Meinung nach ist das nicht möglich.
    Nimm jede andere Diagnose, die möglich wäre: Es gibt immer Gemeinsamkeiten.
    Ich persönlich denke auch nicht, dass man autistische Probleme erst bemerken kann, wenn es Schwierigkeiten gibt (dann werden sie vielleicht stärker) oder das man sie komplett ausschalten kann.

    Jemand hat hier geschrieben, dass es bei Autismus vielleicht weniger um stark und schwach ausgeprägt geht, sondern um einen bestimmten Typus. Das fand ich sehr logisch.

  • Ansonsten kann Göttingen doch nur sagen "40% der Diagnosen sind unserer Meinung nach falsch".

    Hervorragend! :thumbup:

    Das drückt die Relativität der ersten Formulierung ("sind falsch") trefflich aus....


    Da er der einzige ist, der den Autismus angezweifelt hat (und ich hatte viel Kontakt zu Psychiatern, Psychologen und Sozialarbeitern) bin ich mir inzwischen (wieder) sicher, dass er sich geirrt hat. Ich vermittelte wohl nicht das typische Bild was er erwartet hat, und dann sah er eben was er sehen wollte und freute sich, mal wieder einen "Fehldiagnostizierten" überführen zu können. Welchen seelischen Schaden er damit bei mir anrichtet und welchen Vertrauensverlust in Ärzte, war ihm offensichtlich nicht bewusst oder egal. Er hat seine Agenda, dass es in Deutschland von Fehldiagnostizierten wimmelt (und diese Agenda gibt er auch gerne an Patienten weiter), dass er aber selbst der sprichwörtliche "Geisterfahrer" sein könnte, kommt ihm offensichtlich nicht in den Sinn. Das sind zumindest meine Schlüsse aus dieser ganzen leidigen Geschichte.

    Das kann ich inhaltlich sehr gut nachempfinden. - Schön, dass du drüber weg bist.

    Ich denke es ist wichtig, die Zusammenhänge diesbezüglich für die Zukunft zu berücksichtigen und auch zu erkennen. Weil es dann nicht mehr nur um Prozentzahlen geht sondern immer auch um Menschen, die von obigen Fehlinterpretationen verunsichert zurückgelassen werden. Das finde ich rücksichts- und verantwortungslos.

    Auch hier möchte ich vorsichtig zustimmen!
    Ohne Häme erinnere ich hier auch an meine eigene Berichterstattung in einem anderen Unterforum zu einer anderen Ambulanz.

    Ob das beschriebene Vorgehen nun "rücksichts- und verantwortungslos" ist oder "nur" leichtfertig zu nennen ist, lassen wir vielleicht besser dahingestellt sein.
    Ich erinnere mich auch an Diskussionen zur Professorin aus Marburg, deren Name mir gerade einfach nicht einfällt (I. Kamp-Becker?), die sich auch vehement gegen (aus ihrer Sicht) falsch vergebene Diagnosen stellte.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • ....vermutlich die Quote zutreffenden der Eigen- (Verdachts-)Diagnosen nicht viel schlechter, wenn die Fachleute schon nur auf gut 60% kommen. Damit wäre dann eine Fehlerquote erreicht, wo man eigentlich die Psychiatrie abschaffen und die Leute gleich Eigendiagnosen stellen lassen kann.

    Hihi :d Na hör mal, willst du unser Gesundheitssystem etwa kritisieren? :irony:

    In der Tat hat die Psychiatrie ihre Probleme, nicht nur mit Psychopharmaka, auch mit der Validität ihrer Diagnosen, mit den Tücken des Abrechnungssystems (Kassenärztliche Vereinigung usw.).

    Aber auf dem Gebiet der Neurologie oder Neuropsychologie sind die ASS ja noch nicht angekommen.

    Was bleibt, ist - aus meiner Sicht- mehr Sorgfalt bei der Diagnoseerstellung und -vergabe zu fordern. Und man kann trotzdem auch mal "fünf gerade sein lassen", wenn ein Menschenkind die Diagnose dringend für weitere Hilfen benötigt.

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Damit wäre dann eine Fehlerquote erreicht, wo man eigentlich die Psychiatrie abschaffen und die Leute gleich Eigendiagnosen stellen lassen kann.

    Wohl wahr. Es wäre auch nicht passend, wenn ausgerechnet in Autismusambulanzen so eine hohe Fehlerquote bestehen würde, denn die Leute nehmen sich dort ja extra Zeit dafür und sind darauf spezialisiert. Fehldiagnosen in Arztpraxen oder in normalen psychiatrischen Kliniken könnten häufiger vorkommen. Wo jetzt die 40% bei den Göttingern herkommen, weiß man nicht, aber offenbar haben sie ja auch keine Hemmungen, die Diagnosen anderer Autismusambulanzen in Zweifel zu ziehen, nicht nur die Diagnosen niedergelassener Ärzte oder psychiatrischer Kliniken.

    Ein Problem hat man erst, wenn man es als solches auch erkennt.
    Möglich ist also auch, dass vorliegende Probleme als "normal" hingenommen werden.

    Das kann sein.
    Das Kernsymptom "meines" (persönlichen) Autismus sehe ich darin, dass ich mich nirgends zugehörig fühle. Dass immer eine Kluft zwischen mir und anderen ist. Das bleibt grundsätzlich auch dann so, wenn ich mal vorübergehend die Erfahrung mache, dass es auch anders sein kann, dass ich mich also mal einer Gruppe zugehörig fühle. Ich kenne diese gute Erfahrung auch, aber sie bleibt immer eingeschränkt durch irgendwas.
    Darüber hinaus fühle ich mich aber einigermaßen psychisch gesund bis auf Stimmungstiefs oder kleinere Probleme und Krisen.

    Wenn ich Beiträge lese, wo ich den Eindruck bekomme, da hat jemand überhaupt keine Schwierigkeiten, Anschluss zu finden, oder wo man das Gefühl bekommt, da wird durchgehend Party gefeiert, es gibt ein erfülltes Leben mit Partner und Kind und kein Autismus ersichtlich ist, dann empfinde ich kein Wiedererkennen, sondern Befremden. Genauso, wenn eigenartige Symptome beschrieben werden, die mehr mit anderen Diagnosen zu tun haben. Zu manchen Zeiten nimmt das überhand, dann fühle ich mich hier genauso als Außenseiter wie "draußen".
    Das ist keine Kritik an den Beiträgen, sondern nur mein Gefühl. Ich denke, so erklärt es sich auch bei anderen, die hin und wieder Diagnosen in Zweifel ziehen, wie das zustande kommt. Das ist nicht einfach Willkür oder Kleinlichkeit. Hinzu kommt auch der Drang, Dinge genau zuordnen zu können.

    Es fällt mir schwer zu verstehen, wie es einem egal sein kann, ob Diagnosen stimmen oder nicht. Fühlst du dich/ihr euch immer zugehörig, auch wenn es inhaltlich mit dem, was andere schreiben, überhaupt nicht passt? Wie geht ihr damit um, wenn beim Lesen von Beiträgen mehr Befremden als Wiedererkennen da ist?

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Na hör mal, willst du unser Gesundheitssystem etwa kritisieren?

    Das liegt mir in diesem Punkt völlig Ferne - ich wollte nur aufzeigen, wohin die Göttinger Argumentation führen kann. Wenn sich herausstellen sollte, dass sie doch recht haben, dann allerdings würde ich die Psychiatrie (nicht das Gesundheitssystem als ganzes) in der Tat in Frage stellen. Eine Wissenschaft, deren Trefferquote nicht weit über der von Laien liegt, ist wohl eher keine, aber das halte ich eben deshalb für seeehr unwahrscheinlich - über 100 Jahre Forschung plus klinische Praxis, und dann kommt nicht mehr raus? Ich fürchte, in ihrem Geltungsdrang übersehen die Göttinger, dass sie v.a. den Wissenschaftsleugnern Munition liefern.

  • Ich kann so viel sagen: Es wurden in Göttingen sowohl Diagnosen von niedergelassenen Ärzten als auch von Ambulanzen (in dem Fall, den ich kenne Freiburg) widerlegt, ebenso aber auch von allen möglichen Diagnosestellen welche bestätigt.

  • Ich denke mir da, dass ein schriftlicher Eindruck auch täuschen kann. Zusätzlich hat eben nicht jeder die gleichen Wahrnehmungen.

    Es kann sich durchaus jemand "einbilden" super in Gruppen integriert zu sein und wird letztlich am Ende doch nur in soweit geduldet, dass er nicht direkt der Party verwiesen, sondern "ertragen" wird.
    Der eine merkt dieses nicht Zugehörige dann, der andere bekommt es nicht mit und hält den Rest der Party für seinen guten Freundeskreis.

    Ich konnte zB sehr lange manches gar nicht als Problem einordnen, weil ich zB gedacht habe, dass die Fähigkeit andere anzusprechen irgendwann zum Erwachsenenalter "vom Himmel fällt" und lediglich manche "Frühreife" bewundert habe, dass sie es schon konnten.

    Ich habe den "Fehler im System" bei mir also schlicht lange nicht gesehen. Ich war halt einfach ich.
    Das gilt sogar für körperliche Besonderheiten. Mit etwa 12 ist mir aufgefallen, dass ich meine Hand nicht mit einem mal flach auf den Tisch legen kann - aber das "nachfordern" kann (ich habe einen Gendefekt, der unter anderem die Handmittelknochen zum Ringfinger sehr verkürzt hat, der Knöchel sitzt "eine Reihe weiter hinten). Das ist auch der Grund warum ich schlechter greifen kann als andere. Bis mir das aber bewusst war dauerte es nochmal einige Jahre - anfangs fand ich es nur lustig anzuschauen und dachte sogar, das "kann" jeder.

    Auffällig scheint es bei mir aber dennoch zu sein. Der Psychiater äußerte die Verdachtsdiagnose ohne dass ich ihn darauf angesprochen habe ob es in Frage kommt.
    Mein Englischkurs kommentierte die Empfindungen zum Film Rainman damals mit "Sorry but Polarlicht" - und ich saß da und war außer den auswendig gelernten Telefonnummern nicht fähig irgendwas "unnormales" zu erkennen.

    Ich lebe recht jetztbezogen. Kann mich über die Kleinigkeiten am Wegesrand freuen - von denen ich mittlerweile weiß, dass es nicht die Sehkraft ist weswegen andere diese Schönheit oft nicht sehen.
    Das hätte ich aber nicht als "Problem" eingeordnet (ich habe sowas wie losgehwecker und andere Zeitfenster gesetzt um die Zeit nicht zu vergessen).

    Ich erwarte für mich keine 100% Übereinstimmung. Bei 0% kann es aber durchaus daran liegen, dass ich die anderen 90% vom Gegenüber nicht kenne. Daher vergleiche ich nur Punktweise. Je mehr nicht zutreffende Punkte da sind, desto mehr wundere ich mich aber auch. Meist habe ich aber den Eindruck, dass es eben nicht das Gesamtbild war und ggf schlicht etwas entscheidendes fehlt.

  • Es wurden in Göttingen sowohl Diagnosen von niedergelassenen Ärzten als auch von Ambulanzen (in dem Fall, den ich kenne Freiburg) widerlegt,

    Aber nur dann, wenn Göttingen unfehlbar ist - wer das für Hybris hält muss sagen: die Diagnosen wurden den Patienten abgesprochen, keineswegs widerlegt

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