Häufiger Hyperfokus

  • Hallo, mir wurde vorhin erstmals richtig bewusst dass mein Hyperfokus (ich weiß nicht, ob es das richtige Wort ist) bei diversen Tätigkeiten zu anderen Problemen führt.

    Ich habe heute Morgen angefangen über etwas zu recherchieren, eigentlich wollte ich mich nur kurz über etwas informieren. Ruckzuck war schon 10 Uhr und ich hatte vergessen zu frühstücken, noch nichts getrunken, hätte mal lüften können und saß noch im Schlafanzug da. Es ging auch schon länger, dass ich erst um 14 Uhr plötzlich merkte, dass schon der halbe Tag vorbei war. Und ich saß auch noch im Schlafanzug da, hatte noch nichts gegessen, getrunken oder andere wichtige Dinge im Haushalt erledigt.

    Wenn ich mich über Dinge informiere, kann ich so damit beschäftigt sein dass ich alles andere vergesse. Ich wollte auch mal nur die Küche aufräumen und das endete dann in einer kompletten Umräumung der Schrank-Inhalte, Großreinigung und Neu-Sortierung aller Schrank-Inhalte. Hätte mein Tag 72 Stunden gehabt, hätte ich damit vermutlich ohne Pause auch mit dem Rest der Wohnung weiter gemacht. Wenn ich sehr auf etwas konzentriert bin, kann ich dabei auch fast den ganzen Tag vergessen aufs Klo zu gehen.

    Ich habe schon versucht, mir Wecker zu stellen, auch den Wecker weiter weg gestellt. Dann stehe ich auf, mache den Wecker aus, will die eine Sache (z.B. den einen Satz noch fertig lesen) zu Ende machen und merke nicht, dass daraus wieder 2 Stunden später wurden.

    Falls das jemand von euch kennt, wie ist das bei euch?

    Toleranz ist, wenn Toleranz kein Thema sein muss.

  • Beim Putzen ist mir das noch nie passiert, aber ansonsten ist dieses Zeit-vergessen mein Dauerzustand.

    ~ Es ist kein Zeichen von Gesundheit, an eine von Grund auf kranke Gesellschaft gut angepasst zu sein. ~

  • Was du da beschreibst, ist schon immer und durchgehend seit nunmehr bald 50 Jahren genau mein einzig möglicher Funktionsmodus. Hat Vor- und Nachteile. Ich habe es als mein So-Sein akzeptiert :)

  • Jetzt im HomeOffice merke ich das auch wieder verstärkt.
    Da sitz ich manchmal um 13 Uhr schon 4-5 Stunden am Rechner und wollte eigentlich nur während das Teewasser kocht, die Mails sichten.
    Das kommt zwar dem Intervallfasten zugute, was ich zu Hause besser ausprobieren kann, aber auf Dauer ist das sicherlich nicht gesund.

    _,.-o~^°´`°^~o-.,_Ich ess Blumen...,.-o~^°´`°^~o-.,_

  • Geht mir genauso! Es gibt bei mir meist nur zwei Modi:

    1) dysfunktional und mich durch Tätigkeiten quälend
    2) hyperfokussiert und alles um mich herum vergessend

    Hunger allerdings verspüre ich dann noch. Irgendwie habe ich fast immer Hunger, weil ich mehr verbrenne, als ich "tanke". Aber Durst fehlt dann und auch die Blase kann in Vergessenheit geraten.

  • (VA-Edition)

    "Nur mal kurz die Mails checken... Hmmm.... Nix interessantes dabei. Ach, bei der Gelegenheit mal noch in Wikipedia gucken... Oh, ein interessanter 'Artikel des Tages' (meist was technisches). Den lese ich eben auch noch." Und damit habe ich die 'Büchse der Pandora' geöffnet... ;) In solchen Artikel gibt es ja (leider... :nerved: ) auch immer Links zu weiteren Artikeln. Stunden später, nach etlichen gelesenen Artikeln und noch mindestens genau so vielen offenen Tabs wird mir irgendwie 'komisch'. Dann merke ich, daß ich schon lange nichts mehr gegessen und getrunken habe. Auch der Gang zur Toilette ist schon längst überfällig. Einerseits freue ich mich, daß ich so viel interessantes gelesen habe, aber andererseits ärger ich mich drüber, daß ich meine ursprünglich geplanten Aufgaben nicht erledigt habe. Stunden 'verplempert', die ich dann später vermisse.

    Ein 'Ausweiten der ursprünglich geplanten Aufgabe' kenne ich auch. Aus 'Nur mal eben den klebrigen Cola-Ring in der Kühlschranktür wegputzen' wird dann ein komplettes Putzen des Kühlschranks inkl. Abtauen.

    Mein Perfektionismus erschwert mir mein Leben auch so manches Mal... 'Nur mal eben aus ein paar Resten Sperrholz eine kleine Kiste für das rumfliegende Werkzeug bauen. Optik egal, da die Kiste im Schrank verschwindet und durch das Werkzeug mit der Zeit eh Macken bekommt.' Diese Aufgabe erweitert sich dann von selbst... :nerved: Am Ende habe ich dann eine Kiste gebaut, die perfekt winklig, gerade und symetrisch ist. Alle Kanten sind fein säuberlich geschliffen und verrundet, so daß sich die Kiste wirklich angenehm anfassen lässt. Evtl. vorhandene Macken im Holz sind verspachtelt und geschliffen. Damit sich die Kiste später auch mal reinigen lässt, wurde sie grundiert, geschliffen, und mehrfach (inkl. Zwischenschliffen) lackiert. :d

    Aus der 'mal eben zusammengekloppten Kiste', für die ich maximal eine Stunde brauche, wird dann ein 'Schmuckkästchen', an dem ich viele Stunden verteilt über mehrere Tage (wegen dem Trocknen des Lackes) gewerkelt habe. Oft bin ich auch mit dem Lackierergebnis nicht so gaaaaanz zufrieden, so daß ich dann doch noch Mal anschleife und eine weitere Schicht Lack auftrage... :m(: Wenn ich mir das perfekte Ergebnis angucke, dann freue ich mich sehr drüber, ärger mich aber auch über die viele Zeit, die ich für eine 'blöde Kiste' gebraucht habe. Bei solchen Arbeiten verliere ich leider den Blick für das Wesentliche. Tjaaaaaa... Und dann kommt der Moment, in dem ich das alte (schmutzige und rostige) Werkzeug in die Kiste legen will...

    "Ach, ich könnte ja das Werkzeug vorher noch etwas sauber machen.... Wenn ich schon mal dabei bin, grob den Rost entfernen. Na ja, Sandstrahlen ist dann doch gründlicher... Und damit es nicht wieder anfängt zu rosten, gleich nach dem Sandstrahlen lackieren. Muß ja nicht schön sein, hauptsache es rostet nicht..." Ihr könnt euch vorstellen, wie das endet...? :d :nerved:

  • Ich kennen das auch. Ist mir besonders stark bei meiner Bachelor und Master Arbeit passiert... Mich hat das so so sehr interessiert, dass ich auch das Essen vergessen habe.
    Wenn ich mir nicht selbst regelmäßig Wecker gestellt hätte, um Pause zu machen - ich hätte nie aufgehört.
    Das war auch einer der Gründe warum ich die Promotion verschoben habe. Das war in meinem Fall irgendwann nicht mehr gesund so eine Dauerarbeit...
    Aktuell geht es besser, aber es fällt mit immer noch schwer Tätigkeiten zu wechseln bzw. Neue zu beginnen.

  • Also beim Putzen ist mir das auch noch nicht passiert, schade eigentlich, weil ich da eher zum Prokrastinieren neige.
    Aber beim Surfen im Internet oder auch bei der Arbeit gerate ich auch in den Hyperfokus, sodass ich stundenlang meine Umgebung und mich nicht mehr wahr nehme.
    Im Homeoffice ist das auch noch extremer.
    Manchmal kann das aber auch problematisch sein. Letztens habe ich so bestimmt zwei Stunden lang Pellkartoffeln auf dem Herd vergessen, weil ich am Arbeiten war und selbst den Geruch der angesengten Kartoffeln nicht wahr genommen habe.

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    Glaub nicht alles, was du denkst.
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    Einmal editiert, zuletzt von kim (9. Oktober 2020 um 17:57)

  • Ich habe heute Morgen angefangen über etwas zu recherchieren, eigentlich wollte ich mich nur kurz über etwas informieren. Ruckzuck war schon 10 Uhr und ich hatte vergessen zu frühstücken, noch nichts getrunken, hätte mal lüften können und saß noch im Schlafanzug da. Es ging auch schon länger, dass ich erst um 14 Uhr plötzlich merkte, dass schon der halbe Tag vorbei war. Und ich saß auch noch im Schlafanzug da, hatte noch nichts gegessen, getrunken oder andere wichtige Dinge im Haushalt erledigt.

    Wenn ich mich über Dinge informiere, kann ich so damit beschäftigt sein dass ich alles andere vergesse. Ich wollte auch mal nur die Küche aufräumen und das endete dann in einer kompletten Umräumung der Schrank-Inhalte, Großreinigung und Neu-Sortierung aller Schrank-Inhalte. Hätte mein Tag 72 Stunden gehabt, hätte ich damit vermutlich ohne Pause auch mit dem Rest der Wohnung weiter gemacht. Wenn ich sehr auf etwas konzentriert bin, kann ich dabei auch fast den ganzen Tag vergessen aufs Klo zu gehen.

    Das kommt mir sehr bekannt vor. Diese beiden Absätze hätten auch von mir stammen können.

    Ich habe sowas nicht oft. Aber wenn es mich überkommt, dann gibt es kein Halten mehr. Wenn mich eine Beschäftigung "gefangen genommen" hat, versinke ich geradezu für viele Stunden darin. Ich merke dann auch keine Ermüdungserscheinungen und bin über viele Stunden hochkonzentriert.

  • 1) dysfunktional und mich durch Tätigkeiten quälend

    2) hyperfokussiert und alles um mich herum vergessend

    Ich auch, der Hyperfokus ist mir aber bedeutend lieber. Eigentlich bin ich süchtig danach. Ohne ausreichend Fokus werde ich nach ein paar Tagen depressiv.
    Zum Glück habe ich eine für mich im Ansatz funktionierende Hilfe gefunden, um die dysfunktionalen Phasen mit etwas Fokus zu füllen und dadurch nicht so schnell abzurutschen.

  • (VA)
    Kenne ich auch.
    Besonders passiert mir das wenn ich lese (freiwillig, das ist das einzige Kriterium). Oder zeichne.
    Im Schulunterricht hatte ich das in einem Fach sehr extrem. Der Ablauf war immer gleich: Arbeitsblatt bekommen, durchlesen, warten bis alle fertig sind, Fragen zum Inhalt beantworten, wieder von vorne.
    Ich war immer so früh fertig mit Lesen, dass ich danach etwas gezeichnet habe. Und ich habe verdammt oft (auch hintereinander) die blöden Frage-Phasen verpasst. Das war unglaublich frustrierend.

    Ich höre dann auch kaum was. Als ich tagelang am Stück Harry Potter las, musste man mich mehrfach zum Essen rufen, und hatte Glück wenn ich kam. Hunger hatte ich dann nicht gespürt, Durst habe ich eh sehr selten (bzw spüre ich auch grundsätzlich nicht).
    Müdigkeit musste sich erst körperlich äußern indem mir die Augen zufielen, erst wenn ich sie nicht mehr offen halten konnte, habe ich kapituliert.

    Ich glaube aber inzwischen habe ich tatsächlich so eine Art Hintergrund-Automatik, die zB recht zuverlässig verhindert, dass der (noch junge) Hund in die Wohnung pinkelt, weil ich dann doch manchmal nach ihm sehe oder es wahrnehme, wenn er unruhig wird.
    Andererseits bin ich dann vermutlich auch nicht im Hyperfokus.
    Wie lange dauert der bei euch am Stück jeweils etwa an? Oder ist das auch abhängig von der Länge der Aufgabe? Bei mir nämlich ist es oft so, dass ich auch extrem schnell fertig werde mit Aufgaben, wenn ich so fokussiert bin. Leider passiert das oft bei Sachen die mir Spaß machen und weniger oft bei Sachen die notwendig sind. Kann mich aber auch erinnern, dass es schon bei Putzen passiert ist, wobei es dann stellenweise sehr gründlich und an anderen Stellen gar nicht sauber wurde, weil halt der Fokus komplett bei einer bestimmten Sache lag. "Verzetteln" ist so ein Wort, das mir dazu noch einfällt. Oder "verplant sein", obwohl es mit Planung wenig zu tun hat.

  • Wie lange dauert der bei euch am Stück jeweils etwa an?

    Wenn ich in einen Hyperfokus gerate, kann ich gut und gerne bis zu 12 Stunden am Stück durcharbeiten, ohne, dass ich Ermüdungserscheinungen spüre. Essen, Trinken und auf die Toilette gehen vernachlässige ich dabei fast vollständig.

    Wenn ich eine Aufgabe habe, die mir nicht so liegt, versuche ich die so schnell wie möglich hinter mich zu bringen, und erledige nur das Nötigste. Ich lasse mich dabei auch gerne durch alles Mögliche ablenken. Plötzlich bemerke ich dann irgendwo Staub in der Wohnung, der sofort beseitigt werden will, ich bekomme Appetit auf Dinge, die ich erstmal aufwändig in der Küche zubereiten muss, ich gehe immer mal wieder auf den Balkon, um zu gucken, was das Wetter macht, ich google irgendwelchen Dinge, die nichts zur Sache tun, oder, oder, oder...

    Manchmal schaffe ich es aber auch, unliebsame Aufgaben zu einem "ich ziehe das jetzt durch Projekt" zu machen. Dann gerate ich auch in einen Hyperfokus. Der ist aber nicht so intensiv, und bei Weitem nicht so langandauernd wie der bei Aufgaben, die ich gerne mache.

  • ...
    Zum Glück habe ich eine für mich im Ansatz funktionierende Hilfe gefunden, um die dysfunktionalen Phasen mit etwas Fokus zu füllen und dadurch nicht so schnell abzurutschen.


    Darf ich fragen, wie du das schaffst?
    Ich selber habe da bisher nur die "Knochenbrechermethode" in Form von striktesten Zeitplänen, die ich knüppelhart einzuhalten habe, damit nicht alles aus dem Fugen gerät. Zwischendurch wird dann mit Hyperfokus abgedriftet :-p

  • Darf ich fragen, wie du das schaffst?

    1. Vermeiden jeglicher akustischer Ablenkung, ich bin hier sehr empfindlich
    2. Schaffen von Gleichförmigkeit und Wiederholung. Dadurch komme ich in eine Art Trance, die mir den grundlegenden Fokus verschafft um dann an einer Aufgabe dran zu bleiben.

    In meinem Fall bedeutet dies NC-Kopfhörer und einfache monotone, sich stetig wiederholende Rhythmen. So, wie es Schamanen vor zig tausenden von Jahren schon machten.
    Taskswitching, also der Wechsel zu einer anderen Aufgabe wird dadurch zwar nicht direkt ermöglicht - durch die gewonnene Ruhe und die durch den Fokus erhaltene Energie klappt das aber viel besser, als wenn ich die ganze Zeit mit Gewissensbissen vor mich hin gammel und abdrifte...

    Ich weiß nicht ob dir das weiterhilft. Muster, Wiederholungen und Rhythmen sind oftmals das einzige, was mich in der Reizüberflutung vor dem Zusammenbruch bewahren kann. Ich habe da also eine gewisse hilfreiche Neigung dazu.

  • Geht mir genauso! Es gibt bei mir meis:


    1) dysfunktional und mich durch Tätigkeiten quälend
    2) hyperfokussiert und alles um mich herum vergessend

    Das gilt größtenteils auch für mich. Mein "normaler" Alltag wird eher durch Variante eins bestimmt und ist extrem anstrengend.
    Um in den Hyperfokus zu kommen, muß ich erst einmal meine Strukturierungsschwäche überwinden. Wenn ich dann einmal angefangen habe gibt es dann nichts anderes mehr. Ich habe dann aber auch zu tun um zielgerichtet weiterzukommen. Da ich eher detailfokussiert bin fallen mir ständig Dinge auf, die ja auch noch gemacht werden müssen. Ich fange dann an mehrere Dinge gleichzeitig in andauernden Wechsel zu erledigen. Das ist enorm anstrengend und funktioniert nur, wenn ich alles andere ausblende. Aufhören kann ich dann aber auch erst, wenn ich fertig bin. Das ist übrigens auch eine Eigenschaft, an der meine Eltern früher oft verzweifelt sind. Ich war immer erst zu gebrauchen, wenn ich fertig gespielt hatte.

  • Hyperfokus ist eine geniale Geschichte. Ohne Hyperfokus hätte ich keine 7 Jahre im Großraumbüro arbeiten können. Fokus an Umwelt aus, da kann etwas passieren und ich bekomme es nicht mit. Ich brauch nach dem aprubten verlassen des Hyperfokus einen kurzen Moment bis ich wieder voll in der Realität bin.

    Schade ist, dass ich ihn noch nicht kontrolliert einsetzen kann. Bei den spannenden und interessanten Tätigkeiten, bin ich schnell im Fokus.

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