Ratschläge, Möglichkeiten, Entscheidungshilfe

  • Vielleicht habt ihr noch Ideen. Folgendes Szenario:

    Sehr belastende bis unerträgliche Wohnsituation → Umzug dringend nötig.

    Die Entscheidung, wohin der Umzug stattfinden soll, kann nicht getroffen werden:

    • sie müsste eigentlich abhängig von einem Arbeitsplatz oder auch nur irgendetwas gemacht werden, dass der Lebenslauf nicht weiter stagniert, doch das kommt nicht zustande:
    • es ist absolut illusorisch, ein Vorstellungsgespräch meistern zu wollen, dieses ganze "sich gut verkaufen", selbstbewusst auftreten usw. beherrsche ich nicht, dafür bräuchte ich erstmal Therapie oder Coachings oder deutlich mehr narzisstische Persönlichkeitsanteile. Das ist alles nicht zeitnah in Sicht, und so schließt sich der Kreis und bin ich wieder bei dem dringend nötigen Wohnungswechsel.
    • Ein "einfach nur zwei Straßen weiterziehen" ist keine Option, da die Mieten mittlerweile viel zu teuer sind bzw. die Nachfrage viel zu groß ist. Aufgrund der Covid-19-Pandemie gibt es auch gar keine offenen Besichtigungstermine mehr, sondern man muss eine kleine Bewerbung schreiben in der man u.a. angeben soll, welche Arbeit man z.Zt. hat. Also müsste ich raus aus der Stadt, aber das macht es auch nur komplizierter:
    • die Isolation wäre noch stärker, die Aussicht auf Arbeit und Therapie noch unwahrscheinlicher, und natürlich habe ich auch einfach überhaupt gar keine Ahnung, welcher Ort denn sinnvoll wäre. Ich möchte nicht mit verbundenen Augen einen Dartpfeil auf eine Deutschlandkarte werfen und sagen "ok, da ziehe ich jetzt hin".

    Im Winter fehlen mir die Fluchtmöglichkeiten aus dieser Wohnung und es ist ausgeschlossen, dass ich nochmal einen hier verbringen werde.

    Welche Möglichkeiten fallen euch noch ein, ausser Wohnung auflösen und in ein Kloster gehen?

  • Hallo L84,

    in meinen Augen hast du 3 Möglichkeiten:

    1. Du ziehst um - bleibst aber deiner Stadt treu:
    Hier ist die Frage, ob du eine Hilfe für dich organisieren kannst. Anlaufstellen dafür wären sozialspychologischen Dienste, Ambulant betreutes Wohnen (Autismuszentren), niederschwelligen Angebote für psychisch Kranke (hier variiert sich das von Kommune zu Kommune).

    2. Du ziehst in eine andere Stadt:
    Hier kann es problematisch werden, ohne feste Arbeit eine Wohnung zu finden (das berühmte "Ohne Wohnung keine Arbeit, ohne Arbeit keine Wohnung" kann schnell eine Sackgasse werden). Daher unbedingt strategisch vorgehen und deine Strategie zusammen mit externer Hilfe (Familie, Freunde) umsetzen. Dann mußt du auch berücksichtigen, daß du wieder bei 0 anfängst - also am Anfang keine Hilfen erwarten kannst.

    3. Kloster:
    Es gibt einen Thread mit Klosterleben. Bitte einmal den durchlesen und dann prüfen, ob es überhaupt für dich infrage kommt!

    Ich möchte nicht mit verbundenen Augen einen Dartpfeil auf eine Deutschlandkarte werfen und sagen "ok, da ziehe ich jetzt hin".


    Ich habe es gemacht - bei mir war es ein Zirkel mit 50km Abstand zum Elternhaus.

    Nach 25 Jahren bin ich in Paderborn angekommen und trotz Macken voll akzeptiert. Im nachhinein war es für mich richtig.

    Freundliche Grüße

    infla

  • Ich wollte eigentlich mal in die am dünnsten besiedelte Gegend von Baden-Württemberg ziehen, dafür habe ich mir extra eine Karte zur Bevölkerungsdichte beim statistischen Landesamt besorgt (vor vielen Jahren). Aber es wurde nichts draus, weil ich immer an den Arbeitsplatz gebunden war. Nun wohne ich am Rand einer Großstadt.

    Wenn man Familie oder Bekannte hat und man in deren Nähe bleiben will, dann ist der Suchbereich auch kleiner.

    Ansonsten hast du freie Auswahl. Ländlich zu wohnen hat den Nachteil, dass es schwer ist, in die Dorfgemeinschaft reinzukommen. Dafür hat man den Vorteil, dass es, wenn man die Wohnung geschickt wählt, sehr ruhig ist und viel Natur drumherum. Sehr wahrscheinlich wird man auch leichter eine Wohnung bekommen in einer ländlichen Gegend. Evtl. ist eine größere Stadt in erreichbarer Nähe, dann hat man auch die Vorteile einer Stadt dazu. Deutschland ist ja relativ dicht besiedelt.

    Unterschätze aber die Auswirkungen eines Umzugs nicht. Die Umgewöhnung kann grausam sein, wenn die neue Wohnung nicht gerade 100% perfekt ist. Und das merkt man leider meist erst nach dem Umzug.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

    Einmal editiert, zuletzt von Shenya (6. August 2020 um 15:43)

  • Du ziehst um - bleibst aber deiner Stadt treu:
    Hier ist die Frage, ob du eine Hilfe für dich organisieren kannst. Anlaufstellen dafür wären sozialspychologischen Dienste, Ambulant betreutes Wohnen (Autismuszentren), niederschwelligen Angebote für psychisch Kranke (hier variiert sich das von Kommune zu Kommune).

    Die sozialpsychologische Dame, mit der ich das Vergnügen hatte sagte mir, dass ich suchen müsse, dann würde das auch schon was, sie könne mir die Entscheidung nicht abnehmen. Nur bringt es nichts, zu suchen, da alle Angebote einfach überhaupt nicht in Frage kommen (es sei denn, ich hätte eine Arbeit und könnte mir eine leisten, die teuer genug ist um mich nicht gegen 100 Mitbewerber durchsetzen zu müssen oder nicht schon von vornherein aussortiert werde, weil ich in meiner Bewerbung keinen Beruf angeben kann).

    Beim Autismuszentrum war ich neulich, es gibt die Möglichkeit einer Therapie (grundsätzlich, ob bewilligt wird und wann das was werden könnte, ist völlig unklar) und Selbsthilfegruppen zu besuchen.

    Ich sehe diese Möglichkeit, innerhalb der Stadt umzuziehen also nur an die Voraussetzung einer Arbeit geknüpft.

    Es gibt einen Thread mit Klosterleben. Bitte einmal den durchlesen und dann prüfen, ob es überhaupt für dich infrage kommt!

    Mich interessieren erstmal andere Möglichkeiten. Wenn keine andere bleibt, werde ich den aber lesen.

    Ländlich zu wohnen hat den Nachteil, dass es schwer ist, in die Dorfgemeinschaft reinzukommen.

    Ja, ich habe auch wenig Lust mich als der vorzustellen, der arbeitslos ist und keinen Plan hat, wie es in seinem Leben weitergehen soll.

    Sehr wahrscheinlich wird man auch leichter eine Wohnung bekommen in einer ländlichen Gegend.

    Ja, nur darum geht es. Ansonsten würde ich irgendeine eine Straße weiter nehmen.

  • Sofern du keine soziale Bindung an eine bestimmte Region hast, es also im Endeffekt total egal ist wohin du ziehst, wären für mich folgende Aspekte relevant:

    - Beruf: Wenn du z.B. Kapitän sein solltest wäre es vermutlich vorteilhaft wohin zu ziehen, wo überhaupt Kapitäne gebraucht werden. Gleiches würde gelten falls du im Bergbau arbeitest, dann also nicht unbedingt nach Sylt ziehen. Wenn es deinen Beruf überall gibt und auch überall freie Stellen dürfte es egal sein wohin du ziehst.

    - Für mich wäre klar, dass ich in einer Stadt leben möchte. Ich würde prüfen, welche Städte in Deutschland noch viel preiswerten Wohnraum haben und mich dann in den Städten nach einer Wohnung umsehen.

    - Eventuell würde ich prüfen wo es gute Angebote für Autisten gibt, also gute Autismuskompetenzzentren und dann dahin ziehen. Je nach Bedarf würde ich vielleicht auch Ausschau halten nach Wohnen für Autisten oder Perspektiven in beruflicher Hinsicht. So gibt es m.W. z.B. Diversicon aktuell nur in Berlin. Autismus Deutschland hat eine Übersichtskarte auf ihrer Homepage wo welche Angebote sind. (Aber glaube ich nicht vollständig.)

    - Ein anderer Aspekt könnte auch Mentalität sein: An der Nordsee ist die anders als in Hoyerswerda oder Garmisch Partenkirchen.

    Surprised by the joy of life.

  • um mich nicht gegen 100 Mitbewerber durchsetzen zu

    Also je nach deiner finanziellen und sozialen Situation (wenig Geld? Schwerbehinderung?) könntest du es auch über einen Antrag auf eine Sozialwohnung versuchen. Da hättest du vielleicht allein dann schon gute Chancen wenn deine Schufa nicht zum Weglaufen (RW) aussieht.

    Surprised by the joy of life.

  • Wenn es deinen Beruf überall gibt und auch überall freie Stellen dürfte es egal sein wohin du ziehst.

    Tendentiell wohl am ehesten in der Stadt, das ist das Problem. Aber Du hast Recht, es gibt sicher im Osten noch Städte mit günstigem Wohnraum. Ein Umzug quer durch die Republik ist aber auch kompliziert und beißt sich ein wenig mit Deinem anderen Punkt. Wenn ich nun Therapie beim ATZ in Hamburg beantrage wäre es blöd, nach Dresden oder so zu ziehen.

    Also je nach deiner finanziellen und sozialen Situation (wenig Geld? Schwerbehinderung?) könntest du es auch über einen Antrag auf eine Sozialwohnung versuchen.

    Ja, das Budget bzw. Grundsicherungseinkommen lässt nur Sozialwohnungen zu (wenn überhaupt). Ich lebe in einer. Es war lange okay, aber mittlerweile gehört eigentlich alles am Markt nur noch einem Vermieter und der lässt die Wohnungen nur kaputtwerden bis man auszieht, weil es einfach nicht mehr menschenwürdig ist. Anschließend aufwendige Modernisierung und dann ist der Preis nicht mehr der einer Sozialwohnung.

  • Hallo nochmal,

    also wenn du zum Autismus-Therapie-Zentrum nicht gleich "nein" sagst / schreibst, wäre wohl ein ambulant betreutes Wohnen / BeWo seitens ATZ wohl für dich das optimale.

    Frage also das Autismus-Zentrum gezielt nach dem betreuten Wohnen.

    Die einzelnen Wohn-Optionen solltest du dann mit der Hilfe durchgehen, weil sie dich besser "kennt" als wir hier.

    Freundliche Grüße

    infla

  • Ok, Danke @infla

    Kennen tun die mich nicht, ich war nur neulich erstmals zu einem Beratungsgespräch dort um zu erfahren welche Möglichkeiten es gibt. Von betreutem wohnen wurde nichts erwähnt, aber ich werde mal fragen oder danach suchen.

  • Noch ein Tipp zur Wohnungssuche / -sichtung:

    Viele ältere Menschen stellen ihre Wohnungen nur über Zeitungsanzeigen ein und nicht im Internet. Es lohnt sich da mal zu schauen (meistens günstiger und weniger Mitbewerber)

    Ich kann gut Mitmenschen umgehen

  • Ich wohne in einem Vorort am äußersten Rand einer Großstadt, fast schon ländlich. Die ÖPNV Anbindung ist sehr gut und die Mieten sehr günstig. Der Vermieter bevorzugt sogar H4 Bezieher - da ist die Miete in der heutigen Zeit wenigstens sicher.

    Mir war wichtig, dass ich relativ ruhig wohne und wäre am liebsten so richtig aufs Land gezogen. Aber die medizinische Versorgung ist in der Stadt halt besser und die Erreichbar mit ÖPNV auch.

    Vielleicht kommst du deinen Wünschen näher, wenn du bestimmte Dinge für dich ausschließt? Ich mache das gern, wenn ich nicht weiter weiß, weil es einfacher für mich ist, zu wissen was ich nicht will.

    ~ Es ist kein Zeichen von Gesundheit, an eine von Grund auf kranke Gesellschaft gut angepasst zu sein. ~

  • Tendentiell wohl am ehesten in der Stadt, das ist das Problem. Aber Du hast Recht, es gibt sicher im Osten noch Städte mit günstigem Wohnraum. Ein Umzug quer durch die Republik ist aber auch kompliziert und beißt sich ein wenig mit Deinem anderen Punkt. Wenn ich nun Therapie beim ATZ in Hamburg beantrage wäre es blöd, nach Dresden oder so zu ziehen.

    Das klingt bei Dir nach derzeitigem Wohnort Hamburg oder in der Nähe. Ich habe die letzten Jahre durch eigene Umzüge mitbekommen wie sich die Preise entwickeln und wie weit man raus muss damit es günstiger wird. Wäre z.B. eine Stadt wie Elmshorn für Dich denkbar? Die Bahnanbindung nach HH ist sehr gut und Du müsstest Deinen Job deswegen nicht zwingend wechseln. Wenn man so im Kreis um Hamburg rumguckt, würden mir noch Kaltenkirchen, Oldesloe, Lauenburg, Buchholz, Stade in den Sinn kommen. Die Mitniveaus müsste man natürlich erstmal prüfen. Lüneburg hab ich direkt weggelassen, da bin ich mir relativ sicher, dass es zu teuer wäre.

    Alle wollen individuell sein ... aber wehe, jemand ist anders!

  • Das klingt bei Dir nach derzeitigem Wohnort Hamburg oder in der Nähe. Ich habe die letzten Jahre durch eigene Umzüge mitbekommen wie sich die Preise entwickeln und wie weit man raus muss damit es günstiger wird.

    Ja, eine andere Sozialwohnung ("bezahlbare Wohnung") als die jetzige werde ich in HH nicht finden. Es ist zwar nicht gänzlich unmöglich, aber man muss dann eben auch bereit sein vielleicht ein Jahr lang oder länger auf der Suche zu sein.

    Danke für die Ortsnamen, werde ich mir anschauen. Das ist auch so ein Problem, ich kenne mich um Hamburg herum null aus. Ich kenne die Orte nur von den Namen her.

  • Tendenziell denke ich auch, dass eine Vorstadt mit guter ÖPNV-Anbindung keine so schlechte Idee ist. Kenne mich leider in/um Hamburg nicht aus.
    Inzwischen siedeln sich eh viele Firmen rund um die Großstädte an, weil da mehr Platz ist und meist auch die Gewerbesteuer niedriger ist.

    Ländlich in einem Dorf habe ich über 20 Jahre gewohnt, und ich habe immer mehr gemerkt, dass das nicht mein Fall ist. An Leuten gibt's fast nur Alteingesessene und ausgesprochene Familienmenschen. Die jungen Menschen, mit denen ich vielleicht was hätte anfangen können, sind fast alle nach der Schule weggezogen. Ich wurde oft schief angeschaut, wenn ich allein zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs war (fast jeder war entweder mit Freunden, Partner oder Hund unterwegs). Und die Infrastruktur, die ich mir gewünscht hätte (v.a. schnelles Internet und anständiger ÖPNV) gab's nicht.
    Ich bereue es überhaupt nicht, dass ich da weggezogen und an den Rand von München gezogen bin. Da bin ich etwas anonymer, habe viel bessere Infrastruktur und einen sehr kurzen Arbeitsweg. Für mich hatte das Dorf fast nur Nachteile.

    Den Umzug fand ich nicht so schlimm, ich habe allerdings auch nicht viel Krempel.

    Danke für die Ortsnamen, werde ich mir anschauen. Das ist auch so ein Problem, ich kenne mich um Hamburg herum null aus. Ich kenne die Orte nur von den Namen her.

    Du kannst ja einfach mal auf Google Maps schauen.

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