Masterarbeit: Gute Lehre für Studierende im Autismus-Spektrum

  • Liebe Studierende,

    in meiner Masterarbeit an der Universität Hamburg möchte ichherausfinden, welche Gelingensbedingungen aus Sicht von Studierenden mitAutismus für ein gelungenes Unterrichten eine Rolle spielen. Ich möchte Siebitten, die Fragen schriftlich zu beantworten und mir Ihre Antworten per E-Mailzu schicken (karolin_ullrich@yahoo.de). Die Teilnahme ist selbstverständlichfreiwillig. Zielgruppe sind ausschließlich Studierende im Autismus-Spektrum. Das Ergebnis istfür alle, die es interessiert. Gerne versende ich die fertige Masterarbeit alsPDF.

    Ich muss die Masterarbeit zum 30.09.2020 bei der Uni Hamburgeinreichen. Wenn ich bis zum 31.8.2020 von 4 Personen eine Rückmeldung habe(alle Fragen oder zumindest einen Teil der Fragen beantwortet) ist das zeitlichausreichend. Auch für die Beantwortung einer Auswahl meiner Fragen bin ichdankbar. Ich hoffe sehr auf eine Beteiligung hier durch das Forum. Leider hatteich nämlich bisher keinen Erfolg über die Universitäten direkt.

    Viele Grüße und vielen Dank für Ihr Interesse,
    Karolin Lößlein

    E-Mail: karolin_ullrich@yahoo.de, Mobil: 0177/7518914


    Frage 1:
    Was war Ihre bemerkenswerteste Begegnung im Kontext vonLehre mit Dozierenden?

    Frage 2:
    a) Was müssten Ihrer Meinung nach Lehrende über Autismuswissen?
    b) In welchem Rahmen sollten Lehrpersonen über dieseautismusspezifischen Besonderheiten sensibilisiert und aufklärt werden?

    Frage 3:
    a) Was sollten Dozierende in der Planung und Durchführungihrer Hochschullehre unbedingt berücksichtigen, um auch Studierende aus demAutismus-Spektrum zu einem bestmöglichen Lernerfolg zu verhelfen?
    b) Reicht es Ihrer Ansicht nach aus, dieUnterstützungsmaßnahmen im Sinne eines individuellen Nachteilsausgleich zugestalten, oder müssten Strukturen und die Organisation von Hochschullehreinsgesamt angepasst werden?

    Frage 4:
    a) Bitte beschreiben Sie zunächst, was Sie als Fähigkeitenvon Menschen im Autismus-Spektrum sehen!
    b) Wie kann Hochschullehre an den jeweiligen Fähigkeiten vonStudierenden im Autismus-Spektrum orientiert werden?

    Frage 5:
    Auf welche Weise können Lehrende für eine vertrauensvolleund wertschätzende Kultur in ihren Lehrveranstaltungen und Sprechstundensorgen, so dass Menschen im Autismus-Spektrum ermuntert werden, nicht ihreBehinderung verstecken zu müssen?

    Frage 6:
    Kooperationen Seitens Lehrender mit Ihren Familien sinddurch Datenschutz und institutionelle Richtlinien in Universitäten erschwert.Alle Studierenden haben ein Recht auf Privatsphäre und Vertraulichkeit. Wiekönnen Familienmitglieder einbezogen werden ohne Ihre Selbstständigkeit zustören?

    Frage 7:
    Und zum Schluss noch eine coronaspezifische Frage. Wie habenSie die Lehre unter Coronabedingungen im Sommersemester 2020 (Stichwort:digitale Lehre) erlebt?

    Freiwilligkeit und Datenschutz
    Teilnehmende können jederzeit formlos und ohne Angabe vonGründen ihre Einwilligung zur Teilnahme an der Studie widerrufen, es entstehtihnen daraus kein Nachteil. Eine monetäre Vergütung für die Teilnahme gibt esnicht. Die Erhebung der Daten erfolgt psyeudonymisiert, das heißt in nichtnamentlich gekennzeichneter Form. Die Daten werden wissenschaftlich ausgewertetund für einen Zeitraum von 10 Jahren in Übereinstimmung mit derDatenschutz-Grundversorgung der EU aufbewahrt. Die Daten werden nicht an Dritteweitergegeben. Die Rechtsgrundlage zur Verarbeitung der genanntenpersonenbezogenen Daten bildet die Einwilligung gemäß Art. 6 (1) Buchstabe aEU-DSGVO.

    Löschung der Daten
    Wenn Teilnehmende im Rahmen der Befragung ihre E-Mail-Adresseangeben, wird ein persönlicher Zahlencode erstellt. Dieser wird denTeilnehmenden dann per E-Mail zugesendet. Der Zahlencode erlaubt keinenRückschluss darauf wer die Teilnehmenden sind. Mit diesem Code könnenTeilnehmende allerdings jederzeit die Löschung der Daten während desAufbewahrungszeitraums verlangen.

  • Ich weiß, dass es eigentlich nicht zum Thema passt, aber ich konnte die Anfrage nicht zu Ende lesen, da mich die fehlenden Leerzeichen zwischen einzelnen Wörtern total stören. Falls man als Auszubildender auch antworten soll, müsste es nochmal inkludiert werden.

  • Gut, ich bin nicht gefragt, mein Studium ist schon eine Weile her. Dennoch überlege ich mir, wie Sie darauf kommen, dass Familienmitglieder einbezogen werden sollten(?)/müssten(?)/dürften(?). Ist das inzwischen üblich, dass Familienmitglieder von Studierenden einbezogen werden? (Falls ja: Was machen die dann konkret an der Uni?) - Oder steckt da paternalistisches Gedankengut gegenüber Menschen mit ASS dahinter?

    Kooperationen Seitens Lehrender mit Ihren Familien sinddurch Datenschutz und institutionelle Richtlinien in Universitäten erschwert.Alle Studierenden haben ein Recht auf Privatsphäre und Vertraulichkeit. Wiekönnen Familienmitglieder einbezogen werden ohne Ihre Selbstständigkeit zustören?

    Surprised by the joy of life.

  • Ich finde es aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gut wissenschaftliche Studien über private E-Mail-Acccounts durchzuführen. Bisher kannte ich es eher so, dass (angehende) Wissenschaftler ihre Forschungsfragen innerhalb bestimmter Portale einstellen und den zugehörigen Link dann über verschiedene Universitäts-Mail-Verteiler an mögliche Interessierte weiterleiten. Teilnehmer konnten die Fragen dann per Klick innerhalb dieser Portale anonym beantworten und den Datenschutzbestimmungen zustimmen. In manchen Fällen war, im Rahmen bestimmter Vorgaben, auch eine selbständige Pseudonymisierung möglich.

    2 Mal editiert, zuletzt von Thajanu (3. August 2020 um 22:09)

  • in meiner Masterarbeit an der Universität Hamburg möchte ichherausfinden, welche Gelingensbedingungen aus Sicht von Studierenden mitAutismus für ein gelungenes Unterrichten eine Rolle spielen.

    Ich muss die Masterarbeit zum 30.09.2020 bei der Uni Hamburgeinreichen. Wenn ich bis zum 31.8.2020 von 4 Personen eine Rückmeldung habe

    Finde es irgendwie auch krass, dass die Uni Hamburg eine empirische MASTERarbeit mit 4 online befragten Personen akzeptiert, geschrieben in wenigen Wochen. Muss auch neu sein, zu meiner Zeit bzw. an meiner Hochschule waren die Ansprüche höher.

    Surprised by the joy of life.

  • Hallo Surprised,

    vielen Dank für Ihre Nachfrage. In der Vorbereitung der Fragen habe ich mich mit der Literatur zu Autismus und Higher Education beschäftigt. Die meisten Untersuchungen kommen aus dem anglo-amerikanischen Raum, ich konnte tatsächlich nur eine deutschsprachige Studie (Datenerfassung 2014. Veröffentlichung 2016) ausfindig machen. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Studien zu dieser Thematik insbesondere in den letzten beiden Jahren veröffentlicht wurden. Zahlreiche befassen sich mit dem Übergang von der Schule zur Hochschule. Einige wenige fokussieren die Themenbereiche Lernen oder Stigmatisierung. Die meiste Forschung stellt heraus, welche Hindernisse und Barrieren es gibt und geben könnte. Nur ganz selten werden überhaupt Vorteile von Denkmustern oder Wahrnehmungen als Ressourcen thematisiert. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass es eine große Anzahl von Menschen mit ASS gibt, die eine Allgemeine Hochschulreife machen, deutlich weniger beenden ein Studium. Woran liegt das? Die Daten sind aus den USA, dem Vereinigten Königreich, Australien usw. und sicherlich nicht unproblematisch auf die deutschsprachige Hochschullandschaft zu übertragen. "Gute Lehre" in der Hochschule ist lernendenzentriert. Da ich selbst in der Lehre tätig bin und mich diversitätssensible Lehre sehr beschäftigt, stelle ich in der Masterarbeit die Frage, was aus dem Blick von Studierenden mit ASS denn Gelingensbedingungen in ihren Lehrveranstaltungen sind.
    Die Frage 6 zu möglichen Kooperationen habe ich an dieser Stelle mit aufgenommen, da in den Studien zu den Übergängen von Schule zu Hochschule Studienteilnehmende (beiderseits: Studierende im ersten Semester und ihre wichtigen Bezugspersonen) bemängeln, dass sie sich mehr Einbeziehung der Bezugspersonen Seitens der Hochschule wünschen würden. Sicherlich sind diese Ergebnisse nicht generalisierbar. Oft sind die Untersuchungen interviewbasiert und mit nur wenigen Personen durchgeführt worden. Die Kooperation mit den Familien hätte den Übertritt, z.B. Organisationen oder auch die Offenlegung von Unterstützungsbedarfen bereits mit der Zulassung zum Studium, erleichtert. Sollte ich die Frage vielleicht in dem Kontext der Lehre nicht stellen? Oder anders formulieren, z.B. zweiteilen? "a) Wünschen Sie eine Kooperation von Lehrenden mit ihren wichtigen Bezugspersonen und b) wenn dem so ist, wie könnte dies umgesetzt werden?"
    Vielen Dank für Ihre Anregung und Diskussionsbereitschaft!

  • Ja, 4-6 Personen würden tatsächlich für diese Masterarbeit genügen. Es handelt sich um einen nebenberuflichen, weiterbildenden Master in Higher Education. Ich habe mich darin fortgebildet, die eigene Lehrveranstaltungen zu optimieren. Die Masterarbeit ist in drei Teile gegliedert, nur der zweite Teil mit 25 Seiten soll eine eigene kleine Untersuchung im Bereich Higher Education sein. Der erste Teil bezieht sich auf meine Werkstücke aus dem weiterbildenden Studium und der dritte Teil sind Transferleistungen. Sicherlich kann man diese Form der Masterarbeit nicht mit einer Masterarbeit in anderen Fächern vergleichen.

  • Finde es irgendwie auch krass, dass die Uni Hamburg eine empirische MASTERarbeit mit 4 online befragten Personen akzeptiert, geschrieben in wenigen Wochen. Muss auch neu sein, zu meiner Zeit bzw. an meiner Hochschule waren die Ansprüche höher.

    das Forschungsdesign klingt nach einem qualitativen Zugang zur Thematik, der eher explorativen Charakter zu haben scheint als hypotheseprüfend sein wird. Mit derlei offenen Fragen kann man keine statistischen Verfahren anwenden, die Schätzungen über die Population zulassen.


    Mir fehlt hier vor all deinen Fragen ersteinmal das Fachgebiet, in dem die Masterarbeit geschrieben wird. Psychologie? Soziologie? Bildungswissenschaften? In welchen Forschungskontext ist die Fragestellung eingebettet? Okay, ein bisschen mehr kam jetzt im Nachgang... Aber.... Puh.

    Ich schreibe in der Regel vom mobilen Endgerät aus - merkwürdige Wortkonstrukte sind ggf. der Autokorrektur geschuldet

  • Ich finde es aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gut wissenschaftliche Studien über private E-Mail-Acccounts durchzuführen. Bisher kannte ich es eher so, dass (angehende) Wissenschaftler ihre Forschungsfragen innerhalb bestimmter Portale einstellen und den zugehörigen Link dann über verschiedene Universitäts-Mail-Verteiler an mögliche Interessierte weiterleiten. Teilnehmer konnten die Fragen dann per Klick innerhalb dieser Portale anonym beantworten und den Datenschutzbestimmungen zustimmen. In manchen Fällen war, im Rahmen bestimmter Vorgaben, auch eine selbständige Pseudonymisierung möglich.

    Das kann ich sehr gerne machen. Vielen Dank für das Teilen Ihrer Bedenken.

  • Oder anders formulieren, z.B. zweiteilen? "a) Wünschen Sie eine Kooperation von Lehrenden mit ihren wichtigen Bezugspersonen und b) wenn dem so ist, wie könnte dies umgesetzt werden?"

    Ja, fände ich besser so.

    Die Kooperation mit den Familien hätte den Übertritt, z.B. Organisationen oder auch die Offenlegung von Unterstützungsbedarfen bereits mit der Zulassung zum Studium, erleichtert.

    Ich muss mich echt an den Gedanken gewöhnen, dass es inzwischen an der Uni so zuzugehen scheint wie an der Grundschule. Da geht dann also gegebenenfalls das Elternteil z.B. zum Professor für Ontologie, zu dem für Erkenntnislehre und zu der Professorin für Ethik und bespricht einzeln mit denen was Sohn/Tochter braucht? Ginge es nicht eher um Nachteilsausgleiche also z.B. ums Prüfungsamt, also Stichwort Prüfungszeitverlängerung, gesonderter Raum etc.

    Aber es melden sich hoffentlich noch aktuelle Studis.

    Ich habe im Studium keine Unterstützung gebraucht. Was ich nicht mochte waren Gruppenarbeiten und Präsentationen und Kleingruppenarbeit, weil es dann im Seminarraum so laut war. Ungut fand ich auch, wenn ich mal fehlte und auf Aufschriebe von anderen angewiesen war, denn ich war ja mit kaum jemandem in Kontakt.
    Für mich spielte das Umfeld die größere Rolle: Ich war froh, dass die Uni in einer ruhigen Umgebung war und es Räume gab, in die ich mich zurückziehen konnte.

    Aber ist ja schön, dass Sie als Lehrende sich fragen, wie Sie Ihre Lehre autistengerechter gestalten können.

    Grundsätzlich denke ich, dass Autisten so verschieden sind, dass es vielleicht am besten wäre, wenn der Lehrende sich jeweils flexibel auf die Bedarfe des Einzelnen einstellen kann.

    Surprised by the joy of life.

    Einmal editiert, zuletzt von Surprised (4. August 2020 um 09:17)

  • Guten morgen,

    vielen Dank für die Rückmeldung zu der Umformulierung der Frage 6! Das hat mir sehr geholfen.
    Ich hatte mir vorgenommen ausschließlich aktuell eingeschriebene Studierende schriftlich zu interviewen, da sich seit 2018 schon nochmal einiges getan hat an den Universitäten was die Umsetzung der Hochschule für Alle betrifft. Die Kluft zwischen Rechtsvorschiften und Umsetzung: es ist erschreckend wie träge sich dieser Prozess vollzieht. Trotz vieler hochschulpolitischer Bemühungen erleben Studierende mit "studienerschwerenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen" (wie es heißt) in der Hochschulbildung eine Mischung unterschiedlicher Lernhindernisse. In einer Untersuchung von 2011 habe ich gelesen, dass nur 40 % der Studierenden mit ASS ihr Studium auch abschließen. Und das läge eher an nicht-akademischen als an akademischen Fähigkeiten. Als 2016 die letzte Erhebung der Studierendenwerke erfolgte gaben insbesondere Studierende mit psychischen Erkrankungen an, im Studium (sehr) stark beeinträchtigt zu sein. In meiner Arbeit als Lehrende habe ich insbesondere Belastungen durch Angstzustände als hemmend bei Studierenden wahrgenommen. Da anscheinend doch oft gezögert wird, eigene Unterstützungsbedarfe offen zu legen (z.B. wegen Stigmatisierung, Bedenken und Vorerfahrungen anders behandelt zu werden, Auswirkungen auf die spätere Karriere, Vorteile einer Offenlegung werden bezweifelt usw.) habe ich in den letzten Wochen in der Auseinandersetzung mit der spärlich verfügbaren Literatur gelesen, dass es zu einer Gelegenheit eines jeden einzelnen werden sollte die eigenen Lernbedürfnisse zu formulieren. Auch wird gefordert, dass der Anspruch an eine inklusive Hochschulbildung eben nicht nur auf den Einzelfall im Sinne eines Nachteilsausgleiches zu beziehen sei, sondern allgemeine Strukturen / Vorkehrungen geschaffen werden müssen, die Zugänglichkeit zur Hochschulbildung und ein erfolgreiches Studium zu erhöhen. Einige gehen sogar soweit zu postulieren, dass nicht nur strukturelle sondern auch inhaltliche Anforderungen mit Inklusion verbunden sind: Lehr- und Forschungsinhalte, z.B. in Curricula , Lehr- oder Lernmaterialien und Methoden würden auf den Prüfstand gehören. Ich weiß es nicht. Meine Erfahrung aus der Lehre ist, dass das Prinzip "One-size-fits-all" nicht aufgeht. Da stimme ich Ihnen zu!
    Ich habe mich sehr gefreut zu lesen, Surprised, dass Sie keine Unterstützung gebrauch haben, und Sie sich anscheinend Großteils auch wohl gefühlt haben im Hochschulalltag. Ich kann mir vorstellen, dass es aber nicht allen so geht. Hochschule bietet häufig weniger Routine und feste Strukturen wie die Schule, Hörsäle sind manchmal überwältigend groß.
    Als Lehrende fühle ich mich manchmal hilflos, wie ich den sich auch zum Teil ändernden Bedarfen eines jeden einzelnen gerecht werden kann. Gerade bei der Betreuung von großen Studierendenkohorten. Ich bin sehr dankbar, dass es die Möglichkeit für Lehrende gibt, sich da weiterzubilden. Ein Bewusstsein für die individuellen Bedürfnisse von Studierenden zu haben, ist ja häufig schon ein erster Schritt um Lernen zu erleichtern.
    So, ich muss mich jetzt eigentlich wieder der Masterarbeit widmen, wie Sie bereits schrieben haben - 12 Wochen sind eine sehr knapp bemessene Zeit für solch ein Unterfangen neben dem Beruf.

    Beste Grüße!
    Loesslein

  • ... und ja, Studierende berichten in den verfügbaren Untersuchungen, dass es sie frustriere und unnötige Energie koste, Dozierende wiederholt über ihre Bedarfe informieren zu müssen. Betont wird dabei insbesondere das fehlende Wissen von Hochschullehrenden über spezifische Lernschwierigkeiten. Eine Autorin geht soweit, dass sie ein automatisiertes Registriersystem vorschlägt, dass die Bedürfnisse eines jeden einzelnen Lernenden identifiziert und somit den Dozierenden hilft, eine maßgeschneiderte universitäre Ausbildung zu gewährleisten. Ich denke, dass Lehrveranstaltungen eher von vornherein so geplant werden sollten, dass alle Studierende mitarbeiten und lernen können. Und das geht deutlich darüber hinaus, auf sein Sprechtempo zu achten, in den Hörsälen um Ruhe und Rücksicht aufeinander zu bitten, Vorlesungsfolien vor der Veranstaltung zur Verfügung zu stellen und auch schriftliche Beratungen anzubieten...

  • Ich bin zwar nicht diagnostiziert, sondern eben aktuell noch "nur verdächtig" (von meiner Therapeutin gestützter Verdacht). Nach zwei abgebrochenen Präsenzstudien studiere ich nun an der Fernuniversität Hagen. Meine Probleme an den Präsenzuniversitäten gingen schon los, bevor ich überhaupt im Hörsaal angekommen war. Studienabläufe, Wahl von Lehrveranstaltungen (passen die zu den Modulen, wenn es Wahlpflichtveranstaltungen sind?), welcher Ansprechpartner ist wofür zuständig, Orientierung über diverse Gebäude und Fakultäten/Institute hinweg (hatte u. a. auf Lehramt studiert und da waren diverse Institute mit ihren eigenen undurchsichtigen Regelungen vertreten), was genau ist prüfungsrelevant, usw. Und dann muss man sein Anliegen an jeder Tür, an die man klopft wieder von Neuem vortragen.

    Zusätzliche Schwierigkeiten bei mir waren: das Lehramtstudium war im auslaufenden Diplomsystem, das zweite Studium (kath. Theologie) befand sich durch Bologna und die Schwierigkeiten, die die Kirche damit hatte, noch im Akkreditierungsverfahren. Da wussten beide Male sogar die Lehrenden nicht 100%, was für jeden einzelnen Studenten gerade richtig ist. Das war alles sehr verwirrend für mich. Aber was soll mir der Dozent der Vorlesung "Monastische Strukturen des frühen Mittelalters" auch zu meinem Studienverlauf sagen können, das ist nicht sein Job - aber er muss mich trotzdem prüfen. Hmmm!?

    Jetzt schätze ich in der Fernuniversität eben sehr, dass diese Dinge einfach sehr sehr konkret ausgearbeitet sind, da sie für möglichst viele in unterschiedlichen Lebenssituationen verständlich sein sollen. Ich weiß genau, wo ich welche Mail hinschreiben muss.

    In Lehrveranstaltungen half es mir immer besonders gut, wenn ich die Inhalte auf unterschiedliche Weise erschließen konnte. Vorlesungen allein gehen bei mir schwer in den Kopf. Gut zusammengestellte Pflichtlichtliteratur macht bei mir den primären Lernerfolg aus. Die Folien der Vorlesungen werden mittlerweile ja fast überall zugänglich gemacht, da ist es super, wenn sie kurz vor der Vorlesung zur Verfügung stehen, damit Mitschriften in die Folien getätigt werden können.

    An Raumgröße und den Verhalten anderer Studenten lässt sich ja kaum etwas ändern. Und leider auch nicht an diesen gräßlichen Neonröhren im Philosophikum in Köln. Obwohl die nach 15 Jahren vielleicht ja sogar schon ersetzt wurden...

    Ich schreibe in der Regel vom mobilen Endgerät aus - merkwürdige Wortkonstrukte sind ggf. der Autokorrektur geschuldet

  • da in den Studien zu den Übergängen von Schule zu Hochschule Studienteilnehmende (beiderseits: Studierende im ersten Semester und ihre wichtigen Bezugspersonen) bemängeln, dass sie sich mehr Einbeziehung der Bezugspersonen Seitens der Hochschule wünschen würden.

    Na klar: in den angelsächsischen Ländern wird die Hochschulreife z.T. bereits mit 17 erworben, da kommen regelmäßig Studenten an die Uni, die noch nicht volljährig sind. Das ist bei uns aber völlig anders, da betrifft das höchstens wenige 100 pro Jahr in ganz D. Da wäre es vielleicht sinnvoll, die Fragestellung nicht einfach 1:1 aus USA zu übernehmen, sondern an hiesige Verhältnisse anzupassen.

    4 Teilnehmer als Stichprobengröße? Die aufgrund der Methode der Stichprobenziehung zudem garantiert nicht zufällig ausgewählt sind? Und ich dachte immer, dass Bologna mit dem frühen Aussieben per Bachelor das Niveau der alten Diplom/Magisterprüfungsordnungen beim Master zumindest halten sollte.... Ist hoffentlich fachspezifisch, bei uns zumindest ist der Anspruch doch noch etwas höher. Bzw. wenn fachspezifisch, dann fragt man sich natürlich nach dem Wert eines solchen Abschlusses. Liest sich mir eher nach einer didaktischen Weiterbildungsmaßnahme denn einem ernsthaften akademischen Abschluß.

    Einmal editiert, zuletzt von HCS (4. August 2020 um 12:38)

  • Guten Abend,

    @Surprised: ja, die Broschüren kenne ich gut und ich habe sie auch in der Masterarbeit bereits eingearbeitet. Teilweise sind die formulierten Fragestellungen auch auf Grundlage solcher Best Practice Informationen entstanden. Leider basieren diese Aussagen auf Erhebungen aus dem Jahre 2014, sind sicherlich noch allgemein gültig, aber in den letzten Jahren hat sich (glücklicherweise) auch noch einmal viel getan was das Lehren und Lernen mit studienerschwerenden Beeinträchtigungen betrifft. Gerade deswegen interessiere ich mich für Rückmeldungen von aktuell eingeschriebenen Studierenden. Alternativ zu der eigenen kleinen Erhebung könnte ich auch eine systematische Literaturanalyse machen. Aber irgendwie hoffe ich immer noch, dass ich von einigen Studierenden selbst ihre Erfahrungen und ihre Meinungen zu Gelingensbedingungen in Lehrveranstaltungen erfahre. Mal sehen. Von Frau Preißmann habe ich bereits Vorträge gehört und auch ein Buch zu Mädchen und Frauen im Autismus-Spektrum, aber noch nichts von ihr konkret für den Bereich der Hochschullehre gelesen. Dankeschön für den wertvollen Hinweis!

    @HCS: Für mich persönlich - und ich hoffe auch für meine jetzigen und zukünftigen Studierenden - hat dieser Abschluss schon einen Wert. Tatsächlich ist es weniger der Abschluss (denn was soll ich damit auch machen?) aber der Inhalt der, wie Sie es trefflich formulieren, systematisch aufgebauten hochschuldidaktischen Weiterbildung. Für mich wird der Abschluss einen weiteren Wert haben: dass ich mich 5 Jahre neben einem Vollzeitjob und meiner Familie mit dem Thema Lehren und Lernen befasst habe macht mich auch mächtig stolz.
    Bei der Studienordnung, in der ich noch den Master begonnen habe zu studieren und mich auch entschieden habe ihn nun zu beenden, handelte es sich um ein Pilotprojekt. In der Form, wie ich diesen Master studiert habe, gibt es ihn tatsächlich nicht mehr. Inzwischen fußt dieser Masterstudiengang auf einer neuen Studienordnung und gleicht einem "richtigen" Master-Abschluss mit akademischem "Wert". https://www.uni-hamburg.de/campuscenter/s…html?1115114810
    Zu meiner Zeit (Studienbeginn 2015) saßen in diesem Studium an vielen Wochenenden ausschließlich Lehrende zusammen, die seit vielen Jahren an Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz tätig sind. Inhaltlich ging es Großteils darum, seine eigene Lehre vor dem Hintergrund von Theorien, Fachdiskursen und vereinzelnd auch Studien zu reflektieren und neu zu gestalten. Wir Teilnehmenden wurden also professionell angeleitet und darin unterstützt unsere eigene Lehre zu optimieren. Ein juristischer Kollege / Mitstudent fasste es einmal als "Palaver" zusammen.
    Vor dem Hintergrund der Optimierung eigener Lehre geht es also auch in der Masterarbeit hauptsächlich darum, seine eigenen Werkstücke als Lehrperson zu präsentieren, zu reflektieren und zu diskutieren. Der Aufbau und er erforderte Erkenntnisgewinn sind im Vergleich mit einer klassischen Masterthesis sicherlich nicht vergleichbar. Es geht vielmehr darum, Prozesse der Entwicklung der eigenen Lehrpersönlichkeit sichtbar werden zu lassen. Wen es interessiert: in Teil 1 werden ausgewählte Werkstücke der eigenen Lehrerfahrungen zur Generierung der Problemstellung dokumentiert. Es geht in meinem Fall um eine ganz persönliche Auseinandersetzung mit der eigenen Lehr-Lern-Persönlichkeit und Momenten guter Lehre im eigenen beruflichen Handeln. Dieser Teil wird sogar aus der Ich-Perspektive formuliert, unvorstellbar in einer klassischen Masterarbeit. Ausschließlich in Teil 2 wird dann die Problemstellung gelungener Lehre unter Berücksichtigung von Bedürfnissen von Studierenden im Autismus-Spektrum wissenschaftlich abgehandelt. Hierbei besteht nicht der Anspruch generalisierbare Ergebnisse zu erlangen. Die sehr individuellen Erfahrungen der Studierenden soll vielmehr dazu dienen, in Teil 3 der Arbeit mögliche geeignete Unterstützungsmaßnahmen in der Anwendung auf MEINE Lehrveranstaltungen zu entwickeln und zusammenzufassen. Es geht dabei ganz konkret um den Transfer auf meine eigene Lehrpraxis. Der Bezug zum Autismus ist aus meinem Interesse an diversity-sensibler Lehre entstanden und weil ich mich seit nunmehr 11 Jahren im Arbeitskontext mit Autismus beschäftige.
    Sie haben sicherlich recht mit Ihrer Anmerkung zum Alter der Studienanfänger/innen. Nach Ihren aller Rückmeldungen werde ich die Frage 6 wohl am besten streichen. Zwar wird auch in den o.g. Best Practice - Informationen wiederholend diese Kooperationen betont, aber auch diese basieren auf Daten aus anderen Ländern.

    Alternativ zu Studierendenaussagen könnte ich auch eine systematische Literaturanalyse erstellen und diese Ergebnisse in Teil 3 heranziehen. Oder auch beides machen.

    Herzliche Grüße und einen schönen Abend,
    Loesslein

  • Ich bin zwar nicht diagnostiziert, sondern eben aktuell noch "nur verdächtig" (von meiner Therapeutin gestützter Verdacht). Nach zwei abgebrochenen Präsenzstudien studiere ich nun an der Fernuniversität Hagen. Meine Probleme an den Präsenzuniversitäten gingen schon los, bevor ich überhaupt im Hörsaal angekommen war. Studienabläufe, Wahl von Lehrveranstaltungen (passen die zu den Modulen, wenn es Wahlpflichtveranstaltungen sind?), welcher Ansprechpartner ist wofür zuständig, Orientierung über diverse Gebäude und Fakultäten/Institute hinweg (hatte u. a. auf Lehramt studiert und da waren diverse Institute mit ihren eigenen undurchsichtigen Regelungen vertreten), was genau ist prüfungsrelevant, usw. Und dann muss man sein Anliegen an jeder Tür, an die man klopft wieder von Neuem vortragen.

    Zusätzliche Schwierigkeiten bei mir waren: das Lehramtstudium war im auslaufenden Diplomsystem, das zweite Studium (kath. Theologie) befand sich durch Bologna und die Schwierigkeiten, die die Kirche damit hatte, noch im Akkreditierungsverfahren. Da wussten beide Male sogar die Lehrenden nicht 100%, was für jeden einzelnen Studenten gerade richtig ist. Das war alles sehr verwirrend für mich. Aber was soll mir der Dozent der Vorlesung "Monastische Strukturen des frühen Mittelalters" auch zu meinem Studienverlauf sagen können, das ist nicht sein Job - aber er muss mich trotzdem prüfen. Hmmm!?

    Jetzt schätze ich in der Fernuniversität eben sehr, dass diese Dinge einfach sehr sehr konkret ausgearbeitet sind, da sie für möglichst viele in unterschiedlichen Lebenssituationen verständlich sein sollen. Ich weiß genau, wo ich welche Mail hinschreiben muss.

    In Lehrveranstaltungen half es mir immer besonders gut, wenn ich die Inhalte auf unterschiedliche Weise erschließen konnte. Vorlesungen allein gehen bei mir schwer in den Kopf. Gut zusammengestellte Pflichtlichtliteratur macht bei mir den primären Lernerfolg aus. Die Folien der Vorlesungen werden mittlerweile ja fast überall zugänglich gemacht, da ist es super, wenn sie kurz vor der Vorlesung zur Verfügung stehen, damit Mitschriften in die Folien getätigt werden können.

    An Raumgröße und den Verhalten anderer Studenten lässt sich ja kaum etwas ändern. Und leider auch nicht an diesen gräßlichen Neonröhren im Philosophikum in Köln. Obwohl die nach 15 Jahren vielleicht ja sogar schon ersetzt wurden...

    Hallo Mandelkern,

    Sie sind herzlich eingeladen (sofern Sie Lust und Zeit haben) sich mal meine Fragen anzusehen und auf diese bestenfalls zu antworten. ich werde - nach einem Vorschlag in diesem Forum - die Fragen anonym erfassen mithilfe eines Links. Diesen werde ich hier veröffentlchen, sobald ich es vorbereitet habe.

    Viele Grüße,
    Loesslein

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