Montessorischule oder Waldorfschule für junge Autisten?

  • Hâtte mal eine Frage, Regelschulen scheinen auf neurotypische Menschen zugeschnitten zu sein.

    Da ich sehr spât die Asperger Diagnose bekommen habe, habe ich mein Leben lang, andere Menschen versucht zu kopieren, da vieles bei denen doch auch gut ging.
    Dass fûhrte zur Ûberanpassung, wobei ich Autismus-typische Themen ignorierte, was mich ständig in die Ûberforderung brachte und noch bringt.

    Dass Montesorischulkonzept scheint nach dem Motto Hilfe zur Selbsthilfe ausgerichtet zu sein.
    Ich Frage mich, ob die Resourcen der jungen Autisten dort besser gefôrdert werden kônnen.
    Anderseits glaube ich, dass in diesen Schulen weniger Struktur vorherrscht, was sicherlich anspruchsvoll wäre.
    Andererseits könnte ich mir vorstellen, dass Autisten in diesen Schulen, môglicherweise besser auf ein môglichst selbstständiges, selbstbestimmtes Leben vorbereitet werden koennten.
    Muss mal nachlesen ob die Klassengrößen dort niedriger als in den Regelschulen sind.
    Hilfe zur Selbsthilfe klingt für mich schon mal gut.
    Mehrere Autisten in einer Schulklasse wäre evtl komplex, könnte es aber funktionieren, wenn ein niedriger Autistenanteil pro Klasse unterrichtet wird?


    Quelle.
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Montessorip%C3%A4dagogik

    Zitat.
    Montessoripädagogik ist ein von Maria Montessori ab 1907 entwickeltes und namentlich in Montessori-Schulen angewandtes pädagogisches Bildungskonzept, das die Zeitspanne vom Kleinkind bis zum jungen Erwachsenen abdeckt. Sie beruht auf dem Bild des Kindes als „Baumeister seines Selbst“ und verwendet deshalb zum ersten Mal die Form des offenen Unterrichts und der Freiarbeit. Sie kann insofern als experimentell bezeichnet werden, als die Beobachtung des Kindes den Lehrenden dazu führen soll, geeignete didaktische Techniken anzuwenden, um den Lernprozess optimal zu fördern. Als Grundgedanke der Montessoripädagogik gilt die Aufforderung „Hilf mir, es selbst zu tun“.
    Zitat Ende.

    Herzlichen Dank.
    L.G. Daniel :thumbup: :thumbup:

  • Ich halte beide Schulformen für hochfunktionale Autisten für ungeeignet. Es fehlt Struktur. Es werden sinnlose Sachen gemacht (Eurythmie) und viel anderes esotherisches Zeug. Zu allem Überfluss ist in solchen Schulen Teamarbeit noch viel wichtiger als in normalen Schulen und dort überfordert das schon.
    Ich persönlich halte für hochfunktionale Autisten tatsächlich den guten alten Frontalunterricht für das sinnvollste.

    Hohe Zahlen bei der Editierungsanzeige zeigen nicht, dass ich permanent meine Meinung ändern würde. Ich habe nur Probleme Rechtschreib- und Grammatikfehler zu tolerieren und korrigiere diese daher, wenn ich sie sehe.
    Dennoch kann auch ich Tippfehler übersehen. In diesem Fall bitte ich um Nachsicht.

  • Aus eigener Erfahrung kann ich das Montessori- Schulkonzept nur empfehlen, und ja, es ist sicher besser für Autisten geeignet als die herkömmlichen Regelschulen. Mein Neffe (NT) war auf dem Montessori- Gymnasium in Köln und ich glaube, das war die richtige Entscheidung. Am Lernprinzip hat sich dabei wenig geändert und es gibt durchaus eine ausreichende Struktur.

    Über Waldorfschulen angeht kann ich leider nicht viel sagen. Was ich so gehört habe, könnte ich mir vorstellen, das eine Waldorfschule auch für Autisten geeignet ist. Vielleicht gibts ja ne Möglichkeit zum "Probebesuch"?

  • Über Waldorfschulen angeht kann ich leider nicht viel sagen. Was ich so gehört habe, könnte ich mir vorstellen, das eine Waldorfschule auch für Autisten geeignet ist. Vielleicht gibts ja ne Möglichkeit zum "Probebesuch"?

    Von Waldorfschulen würde ich strikt abraten. Zumindest wenn sie dem Konzept von Steiner folgen. Dieses Konzept ist über 100 Jahre alt, nicht mal von einem Pädagogen und dazu noch sehr strikt und streng sowie sehr esoterisch. Also da ist nicht viel mit individuell eingehen auf die Leute. Das beinhaltet beispielsweise das man nicht vor dem 7 Lebensjahr lesen und schreiben lernen darf, alle müssen russisch lernen als erste Fremdsprache und es gibt 4 Temerpamente, wo jeder einem zugeordnet wird und auch glaube ich entsprechend im Klassenraum zu sitzen hat. Und das sind noch die harmlosesten Sachen.

  • Puh, das kann ich nur schwer beurteilen.

    Ich bin zu Beginn meiner Schulkarriere tatsächlich auf eine Montessori-Grundschule gegangen, dann aber im späteren Verlauf auf eine weiterführende Regelschule gewechselt.
    Ob es besser gewesen wäre, wenn ich auf eine Regel-Grundschule gegangen wäre, weiß ich daher gar nicht. Ich kannte die Alternative nicht.

    Noch zu Grundschulzeiten bekam ich meine AS-Diagnose und dementsprechend auch Förderbedarf - Das hat mir persönlich ziemlich gut getan. Mein Nachteilsausgleich wurde berücksichtigt und ich wurde damals ziemlich oft zu einer Lehrerin geschickt, die für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zuständig war. Sie war sozusagen meine Begleiterin.

    Andererseits war die Montessorischule dennoch für einen Aspie wie mich alles andere als einfach. Auch hier kommt es entscheidend auf den Umgang und auf soziale Kontakte mit anderen Kindern an - wenn nicht sogar noch mehr als auf Regelschulen, wie Ginome schon meinte. Das war schon sehr überfordernd für mich und ich wurde teilweise auch gemobbt und ausgegrenzt.

    Im Endeffekt glaube ich aber, dass das Endergebnis bei einer Regel-Grundschule ähnlich gewesen wäre. Ich glaube, ich wäre kein sonderlich anderer Mensch geworden als der, der ich jetzt bin.

    Ich fand's dann später gut, dass ich dann ohne größere Probleme auf ein Regelgymnasium gehen konnte (es gab Lehrer, die mir damals bedingt durch meine Einschränkungen allerhöchstens den Realschulabschluss zugetraut hätten) und mich dort behaupten konnte.

    Einmal editiert, zuletzt von Old Mr. Spock (14. Juli 2020 um 13:38)

  • Ich persönlich halte für hochfunktionale Autisten tatsächlich den guten alten Frontalunterricht für das sinnvollste.

    Dem möchte ich mich einfach mal anschließen.
    Ich bin auch durch's Leben gekommen ohne die Fähigkeit, meinen Namen tanzen zu können!

  • Ich persönlich halte für hochfunktionale Autisten tatsächlich den guten alten Frontalunterricht für das sinnvollste.

    Denke ich grundsätzlich auch.

    Allerdings ist das Tempo da halt strikt vorgegeben und für alle das gleiche, das kann dann zum Problem werden, wenn das Lerntempo des autistischen Kindes ein ganz anderes ist als das der Mitschüler. (Z. B. weil zusätzlich eine Hochbegabung vorliegt.)

    "He that can take rest is greater than he that can take cities." ~ Benjamin Franklin

    Ich hab mehr Spielwiesenbeiträge als du!

  • Mir wäre eine andere Schulform als "der gute alte Frontalunterricht" lieber gewesen. Schule war für mich eine echte Quälerei und ich habe mich dort fast zu Tode gelangweilt. Dann doch lieber zwischendrin mal den eigenen Namen tanzen oder sich mit anderen Dingen beschäftigen können, wenn die anderen mal wieder ewig brauchen, um den Unterrichtsstoff zu kapieren. Mir hat man die Freude am Lernen für viele Jahre durch "den guten alten Frontalunterricht" gründlich verdorben. Lernen war für mich dadurch nämlich lange Jahre gleichbedeutend mit schier tödlicher Langeweile.

  • Namen zu tanzen ließ ich mir später mal zeigen, dabei hätte ich mich bestimmt weniger verletzt als beim Sportunterricht in der Regelschule. Rückblickend fand ich dort vor allem das Soziale unerträglich. Pausen. Schulbusfahren. Wer sitzt wo und mit wem? Was trägt die In-Clique? Wo bin ich in diesem Ameinsenhaufen? Ich war in den 80ern und 90ern in der Schule, da war vieles über-strukturiert und für meinen Geschmack waren es zu viele Regeln um des Regelns willen. Verglichen damit haben die Schüler heute große Freiheiten und hervorragende technische Möglichkeiten, welche leider nur eine kleine Minderheit sinnvoll nutzt.

    equo ne credite

  • Ich persönlich halte für hochfunktionale Autisten tatsächlich den guten alten Frontalunterricht für das sinnvollste.

    Sehe ich auch so, mit der Einschränkung nach Möglichkeit auch im Unterricht aufstehen, herausgehen und sich selbst beruhigen zu können.

    Finde Unterricht, wie er in dem Buch "Autism goes to school" von Dr. Sharon Mitchell beschrieben wird am besten geeignet.

  • Bei Frontalunterricht schreiben viele Autisten gute bis sehr gute Noten. Dadurch werden sie nicht selten intellektuell überschätzt und zugleich ihre teilweise gravierenden anderen Probleme übersehen. Zugleich werden die wirklich Hochbegabten völlig unterfordert und so abgehängt, wie Windtänzerin erwähnt hat. Ich halte inzwischen Systeme für hilfreicher, bei denen man früher als behindert auffällt, diagnostiziert wird und entsprechende individuelle Unterstützung bekommt.

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

  • Ich halte inzwischen Systeme für hilfreicher, bei denen man früher als behindert auffällt, diagnostiziert wird und entsprechende individuelle Unterstützung bekommt.

    Und noch besser wären Systeme, bei denen man als Individuum auffällt, wo es dem besseren Vorwärtskommen dienlich ist. Für mich war das Standard-Schulsport-Programm gefährlich und ein Quell steten Schmerzes. Ich war überfordert, sollte tun, was alle tun, und verletzte mich ständig. Dagegen unterforderte mich das Standard-Frontalfach-Programm und ich hatte viel Zeit zu Träumen. Das wirklich in der Schule gelernte Wissen hätte für mich in 9 statt 13 Jahren Platz gefunden.

    equo ne credite

  • Für mich war das Standard-Schulsport-Programm gefährlich und ein Quell steten Schmerzes. Ich war überfordert, sollte tun, was alle tun, und verletzte mich ständig. Dagegen unterforderte mich das Standard-Frontalfach-Programm und ich hatte viel Zeit zu Träumen.

    Ja, Selbstverletzung und Fremdgefährdung waren meine Begleiter im Schulsport. Neben meinen verstauchten Knöcheln und offenen Knien war mein persönliches Tief der durch mich gebrochene Arm eines Mitschülers....

    Im Frontalunterricht habe ich mich aus Langeweile und Unterforderung so lange weggeräumt, bis ich den Anschluss verpasst hatte und musste dann hier und da ein bisschen Gas geben (Redewendung), um wieder aufzuholen.

    Waldorf würde ich strickt von abraten. Da kann man an hochprofessionelle und empathische Menschen geraten, aber genauso gut an Personen, die alles in ihrem dogmatischen Glaubenskanon erklären wollen und damit echt viel kaputt machen können. Das ist meines Erachtens noch schlimmer als ein Lehrer in der Regelschule, der einfach "nur" den Beruf verfehlt hat, und aus Desinteresse nicht kindorientiert handelt. Hinter Waldorf steht eben eine ziemlich eng gefasste Weltanschauung.

    Ich schreibe in der Regel vom mobilen Endgerät aus - merkwürdige Wortkonstrukte sind ggf. der Autokorrektur geschuldet

  • Meine höchstderoselbsten Erfahrungen machte ich auf der "Regelschule".
    Da war es gut, wenn ich mit den Lehrpersonen klar kam.

    Meine Kinder haben Montessori-und Regel-Grundschule "ausprobiert" und später ein konfessionelles Mischwesen aus Real- und Gesamtschule sowie ein städtisches Gymnasium besucht.

    In allen Schulformen war es solange gut, solange die Lehrkörper zugeneigt und interessiert waren - bei allen anderen Personen gab es mehr oder weniger große Probleme.
    Daher denke ich, dass es sehr auf die individuellen Umstände ankommt.


    "Unsere" Regelgrundschule hat übrigens sehr viel aus der Montessoripädagogik übernommen. Das ist auch 'ne Frage der Einstellung der Schulleitung und der individuellen Leístungsbereitschaft ("Och nö - haben wir noch nie gemacht, weshalb jetzt plötzlich mit so 'nem Quatsch anfangen?") der LehrerInnen.
    Mit den "strengen" LehrerInnen sind meine Herren Kinder gut klargekommen. Da waren einfach erkennbare Regeln, die für alle galten. :thumbup:

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Ich bin auch durch's Leben gekommen ohne die Fähigkeit, meinen Namen tanzen zu können!

    Jaja!
    Aber was hätte aus dir werden können, wenn du dieses Kunststück auch noch beherrschen würdest...! :fun:

    Macht ist das Spielzeug der Reichen, das sie mit niemandem teilen (Muriel Barbery, "Die Eleganz des Igels")

  • Der Schulsport war für mich ebenfalls demütigend und traumatisierend. Im Grunde war es für mich kontraproduktiv, regulären Sport-, Kunst-, Werk- und Handarbeitsunterricht gemeinsam mit nichtbehinderten Gleichaltrigen zu machen. Anstatt zu fördern hat das mich eher weiter verunsichert, blockiert und dadurch noch "verkopfter" gemacht. Dazu geführt, dass ich mich noch stärker positiv über meine Intelligenz und Interessen identifizierte, meine Intelligenz dadurch wohl auch in unbewusster Defensive überschätzte.

    Zugleich musste ich für die "theoretischen" Fächer nur in Ausnahmefällen tatsächlich arbeiten - und habe dadurch nie "das Lernen gelernt". Aus heutiger Sicht bin ich "durchs System gefallen", obwohl die "Eckdaten" unauffällig blieben (wobei die Zusammensetzung der Schulnoten schon ungewöhnlich war). Ich hätte sowohl in den Bereichen meiner Stärken wie meiner Schwächen individuelle Förderung gebraucht, am besten in einer gemischten Gruppen mit behinderten und nichtbehinderten Kindern, vielleicht auch jahrgangsübergreifend.

    Waldorfschulen sehe ich kritisch, vor allem wegen der schon erwähnten Weltanschauung dahinter. Ansonsten stimme ich aber zu, dass die Qualität des Unterrichts individuell von den Lehrern abhängt, egal in welchem System.

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  • Bei Waldorfschulen sind die Klassen oft sehr groß. Es wird anfangs viel auf Nachahmung gesetzt, was ja viele autistische Kinder nicht tun. Und alle werden doch stark nach diesen Waldorfkriterien kategorisiert. Die meisten Kinder aus meinem erweiterten Familienkreis waren auf Waldorfschulen. Meine nicht und das ist auch gut so.

    Liebe Grüße von Celsiana * Ich bin die ich bin

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