Seit früher Kindheit bestehende soziale Ängste endlich loswerden

  • Ich lebe total isoliert. Außer meinen Eltern habe ich keinerlei Kontakte, nicht einmal flüchtige Bekannte. Ich spreche regelmäßig mehrere Wochen am Stück kein einziges Wort. Meine Wohnung verlasse ich nur um Lebensmittel einzukaufen oder den Müll rauszutragen. Ich fühle mich wie eingesperrt in meiner Wohnung (oder in mir); wie im Gefängnis.

    Freundschaften oder eine Beziehung hatte ich noch nie. Und das mit Mitte 20. Schon im Kindergarten war ich immer Außenseiterin und das hat sich durch mein ganzes Leben gezogen.

    Aufgrund meiner sozialen Ängste habe ich mein Studium abgebrochen. Jetzt bin ich arbeitslos und habe keine Ausbildung

    Ich hab immer das Gefühl mein Leben wegzuwerfen und viel zu verpassen, da ich die ganze Zeit nur daheim rumsitze, sehr einsam bin und keinerlei Perspektive mehr für mich sehe. Ich denke seit Jahren jeden Tag an Selbstmord, aber werde hier auf der Erde gefangen gehalten (Ich darf nicht gehen, weil meine Mutter sehr traurig wäre, wenn ich mich umbringen würde.).

    Mein Hauptproblem/die "Wurzel" all meiner Probleme sind hierbei die sehr stark ausgeprägten sozialen Ängste. Deswegen möchte ich die endlich loswerden. Aber ich weiß nicht wie. Geht das überhaupt noch, wenn die Ängste schon seit früher Kindheit bestehen? (Zumindest bestehen die Kontaktprobleme und die Außenseiterrolle seit der Kindergartenzeit. Ob ich damals auch schon soziale Ängste hatte, weiß ich nicht mehr.)

  • Mein Hauptproblem/die "Wurzel" all meiner Probleme sind hierbei die sehr stark ausgeprägten sozialen Ängste. Deswegen möchte ich die endlich loswerden. Aber ich weiß nicht wie.

    Hast du es schon einmal mit einer Therapie probiert?

    Edit: Habe gerade in deinen früheren Beiträgen gelesen, dass du wohl schon Therapie(n) gemacht hast.

    Gibt es denn Situationen, wo es mit deinen sozialen Ängsten weniger schlimm war? Was hat diese Situationen ausgemacht?

    Surprised by the joy of life.

    Einmal editiert, zuletzt von Surprised (3. Juli 2020 um 16:51)

  • Deswegen möchte ich die endlich loswerden. Aber ich weiß nicht wie. Geht das überhaupt noch, wenn die Ängste schon seit früher Kindheit bestehen?

    Ich vermute, es wird nie so sein, dass du gar keine Ängste mehr hast, aber du kannst erreichen, dass du die wichtigsten Dinge im Leben tun kannst. Dafür gibt es aber wahrscheinlich nur einen Weg: üben üben üben.
    Das heißt, die ganze Zeit zu Hause bleiben ist kontraproduktiv und verstärkt die Ängste.
    Vielleicht kannst du dir ein paar Situationen heraussuchen, die du gerne bewältigen würdest, und diese immer wieder üben, am Anfang auch gerne mit Begleitung und Beratung, wie du dich in diesen Situationen richtig verhalten kannst.
    Ich finde, diese Routine im Umgang mit anderen Menschen ist wie ein Muskel, wenn man sie nicht regelmäßig trainiert, geht sie verloren.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • ich hatte und habe auch diverse soziale Ängste. manche sind gegangen, manche haben sich gemildert, manche bleiben starr.
    ich meine, dass 'loswerden' in der extremen Lage, in der Du dich befindest, erstmal ein zu hohes Ziel ist. vielleicht kann es hilfreich sein, ein bestimmtes Ziel in einer Sache, welche dir wichtig ist, und woran du gehindert bist, zu setzen

  • Guten Abend Lanlan,

    Dem Anschein nach, bist du zur Schule gegangen und danach zu Universität?!
    Wie hast du deinen Alltag zur Schulzeit und dann im Studium gestaltet?
    Was sind Anzeichen deiner Ängste?

    Ich habe lange gebraucht um herauszufinden, dass mir bestimmte Dinge Angst machen. Von einigen Dingen hätte ich das nie vermutet, weil meine Reaktion darauf schwer alls Angstreaktion zu erkennen war. In manchen Situationen erhöht sich meinne geasmte Körperspannung, ich habe keinen Apetit, meine Sinne werden etwas schärfer und wiederum in ganz anderen Situationen, fangen meine Gedanken and wild und wirr zu rasen, mein Herz schlägt so heftig dass ich meinen Puls in meinen Fingerspitzen spüre und ich muss mich auf's Atmen konzentrieren damit ich gut Luft bekomme. Aber es gibt auch Situationen in denen ich erst Angst spüre, dann von Emotionen überrannt werde und kaum ein Wort sagen kann, weil ich viel Kraft aufbieten muss um nich an Ort und Stelle in Tränen auszubrechen und wegzulaufen.

    Ich habe in Situationen, in denen ich funktionieren muss, schrittweise angefangen mich gedanklich dem anzunähern, was mir Angst macht. Das mache ich manchmal zu Hause wenn ich mich sicher fühle, nur in Gedanken. Es hilft ( mir ) auch, wenn ich an eine Situation denke die ich schon erlebt habe. wenn sie nicht so verlaufen ist wie ich es mir gewünscht hätte, verschafft es mir etwas mehr innere Ruhe, die Situation in Gedanken zu "üben".

    Vielleicht kannst du versuchen herauszufinden wie genau du in deiner Angst reagierst. Überlege ob du benennen kannst was mit deinem Körper und deinen Gefühlen und in deinem Kopf passiert.

    Hast du es schon einmal mit einer Therapie probiert?

    Edit: Habe gerade in deinen früheren Beiträgen gelesen, dass du wohl schon Therapie(n) gemacht hast.

    Kommt eine erneute Therapie für dich in Frage?




    I try never to understand things. It's called an open mind.

    Einmal editiert, zuletzt von Adorabelle (3. Juli 2020 um 21:54)

  • Gibt es denn Situationen, wo es mit deinen sozialen Ängsten weniger schlimm war? Was hat diese Situationen ausgemacht?

    Früher in der Schule waren meine Ängste nicht so stark ausgeprägt, da ich den ganzen Ablauf dort ja seit Jahren kannte und ich wusste, was mich erwartet und was von mir erwartet wird. Außerdem hatte ich dadurch einen geregelten Tagesablauf und flüchtige soziale Kontakte (aber keine Freunde). Vermutlich wäre es gut, wenn ich einen Arbeitsplatz hätte, den ich gewohnt bin und an dem ich mich einigermaßen wohl fühle. Aber ich glaub nicht, dass ich es soweit schaffe, weil ja in der Arbeitswelt die Anforderungen viel höher sind als in der Schule, wo man mich noch ein bisschen "an die Hand nahm" bis ich mich eingewöhnt hatte.

    Das heißt, die ganze Zeit zu Hause bleiben ist kontraproduktiv und verstärkt die Ängste.
    Vielleicht kannst du dir ein paar Situationen heraussuchen, die du gerne bewältigen würdest, und diese immer wieder üben, am Anfang auch gerne mit Begleitung und Beratung, wie du dich in diesen Situationen richtig verhalten kannst.

    Das stimmt leider. Seitdem ich kaum mehr rauskomme ist alles noch viel schlimmer geworden. Das wäre dann im Prinzip so eine Art Konfrontationstherapie. Wahrscheinlich wäre das wirklich am sinnvollsten.

    Wie hast du deinen Alltag zur Schulzeit und dann im Studium gestaltet?

    Was sind Anzeichen deiner Ängste?

    Die Schule war ok abgesehen davon dass ich meine ganze Schulzeit über nie Anschluss gefunden habe. Die Zeit an der Uni war dann schrecklich. Anders als im Klassenverband lernte man die Kommilitonen nicht "automatisch" (zumindest flüchtig) kennen und alles war ziemlich anonym. Dadurch bin ich irgendwie untergegangen. Hab drei Jahre lang mit niemandem gesprochen (außer am Wochenende mit meinen Eltern) und hatte zunehmend auch Ängste an der Uni.
    Die Ängste äußern sich bei mir zum einen in einem Vermeidungsverhalten und zum anderen in einem "Erstarren" (bringe kaum ein Wort raus, erstarrte Mimik, Leere im Kopf usw).
    Prinzipiell könnte ich mir schon vorstellen noch eine Therapie zu machen, allerdings ist es sehr schwierig einen Therapeuten zu finden. Außerdem habe ich auch bei Therapeuten das Problem mit dem Erstarren.

  • Lass dich davon nicht entmutigen.

    Prinzipiell könnte ich mir schon vorstellen noch eine Therapie zu machen, allerdings ist es sehr schwierig einen Therapeuten zu finden. Außerdem habe ich auch bei Therapeuten das Problem mit dem Erstarren.

    Vielleicht hilft es wenn du am Telefon mit den Theareuten besprichst dass neue Situationen dich zum Erstarren bringen und vereinbarst mit ihnen, dass sie dir recht detailiert beschreiben wie die Räume und das Haus aussehhen in dem die Praxis ist. Dann hast du zumindest im Geiste schon eine Vorstellung davon. Ein Vorschlag wäre es auch sich auf ein Getränk zu verabreden, sodass du dich für das erste Treffen an einer Tasse mit etwas warmen "festhalten" kannst und wenn du ausgetrunken hast oder es nicht mehr aushältst beendest du den Termin. Beim zweiten mal kannst du es ja um ein paar Minuten ausdehnen.
    Wenn du befürchtest dass du kein Wort herausbringst, kannst du dir ja kleine Karten vorbereiten mit Sätzen oder Stichpunkten für verschiedene Möglichkeiten. Die schreibst du zu Hause und nimmst sie mit.




    I try never to understand things. It's called an open mind.

  • Hmm, ich sehe dies ein wenig anders:

    Aber ich glaub nicht, dass ich es soweit schaffe, weil ja in der Arbeitswelt die Anforderungen viel höher sind als in der Schule, wo man mich noch ein bisschen "an die Hand nahm" bis ich mich eingewöhnt hatte.

    Es mag sicher auf eine ganze Reihe von Berufsfeldern zutreffen, insbesondere dort, wo es um Karrieren geht. Aber im Grunde denke ich, dass die sozialen Anforderungen in der Schule sozial-emotional teilweise härter sind.

    Prinzipiell könnte ich mir schon vorstellen noch eine Therapie zu machen, allerdings ist es sehr schwierig einen Therapeuten zu finden. Außerdem habe ich auch bei Therapeuten das Problem mit dem Erstarren.

    Ich denke, damit können brauchbare Therapeuten umgehen, sofern Du denn auch den Willen und Wunsch hast, mitzuarbeiten. Ist meiner Meinung nach ein wenig wie auch sonst bei Ärzten: Die haben meist schon Übleres gesehen.

    Of course I talk to myself! :nod: Sometimes I need expert advice. :prof:

  • Es gibt https://www.minddoc.de/, da würde die Therapie online von zu Hause aus erfolgen. Wobei ich vermute, dass bei dir ein Präsenz-Therapeut hilfreicher wäre, weil der dann auch mit dir Konfrontationen durchführen könnte usw.


    Früher in der Schule waren meine Ängste nicht so stark ausgeprägt, da ich den ganzen Ablauf dort ja seit Jahren kannte und ich wusste, was mich erwartet und was von mir erwartet wird. Außerdem hatte ich dadurch einen geregelten Tagesablauf und flüchtige soziale Kontakte (aber keine Freunde). Vermutlich wäre es gut, wenn ich einen Arbeitsplatz hätte, den ich gewohnt bin und an dem ich mich einigermaßen wohl fühle. Aber ich glaub nicht, dass ich es soweit schaffe, weil ja in der Arbeitswelt die Anforderungen viel höher sind als in der Schule, wo man mich noch ein bisschen "an die Hand nahm" bis ich mich eingewöhnt hatte.

    Hast du schon mal an eine Beschäftigung in einer WfbM gedacht? Also nicht für immer, nur, um wieder den Einstieg in irgendwas zu schaffen. Weil WfbM haben ja eine klare Struktur und es gibt auch WfbM für Menschen mit psychischen Problemen und an paar wenigen Standorten auch welche speziell für Autisten.

    Surprised by the joy of life.

  • Für eine Beschäftigung in einer WfbM muss man meines Wissens nach als dauerhaft nicht erwerbsfähig eingestuft sein. Daher kommt man dort, wenn man einmal drin ist, nicht so leicht wieder raus. Eher würde ich die erwähnte Online-Therapie für sinnvoll halten, vielleicht mit dem Ziel, doch noch mit Unterstützung ein Studium oder eine Ausbildung machen zu können.

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

  • Für eine Beschäftigung in einer WfbM muss man meines Wissens nach als dauerhaft nicht erwerbsfähig eingestuft sein. Daher kommt man dort, wenn man einmal drin ist, nicht so leicht wieder raus.

    Naja, theoretisch ist es (eine) Aufgabe der WfbM für den allgemeinen Arbeitsmarkt fit zu machen.

    Surprised by the joy of life.

  • Theoretisch ja, praktisch sieht das aber meistens anders aus, das sagen selbst Mitarbeiter (womit ich jetzt Werkstattleiter und Sozialarbeiter meine, nicht die Beschäftigten).

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

  • Mein Ziel ist eigentlich schon irgendwie doch noch eine Ausbildung zu machen. Eine WfbM kann ich mir im Moment nicht vorstellen. Diese Option werde ich mir für später aufheben, falls wirklich gar nichts anderes mehr geht.
    Für die Sache mit der Therapie habe ich gute Tipps bekommen. Danke hierfür. Jetzt ist die Kunst nur noch einen Therapeuten zu finden. Das ist gar nicht so einfach. Die Wartelisten sind alle voll.
    Das Konzept von minddoc klingt interessant. Das wäre eine gute Idee, nur leider übernimmt meine Krankenkasse die Kosten hierfür nicht.

  • Es gibt minddoc.de/, da würde die Therapie online von zu Hause aus erfolgen. Wobei ich vermute, dass bei dir ein Präsenz-Therapeut hilfreicher wäre, weil der dann auch mit dir Konfrontationen durchführen könnte usw.

    Inzwischen werden m.W. Konfrontationen auch von MindDoc angeboten. Also bei Zwangsstörungen und Ängsten.

    Die Homepage ist übrigens inzwischen hier: MindDoc Online-Therapie ohne Wartezeit

    Surprised by the joy of life.

  • Ist es dir vielleicht möglich in eine Selbsthilfegruppe zu gehen mit Menschen, die ähnliche Ängste haben. Vielleicht gibt es auch eine angeleitete Gruppe oder du nimmst vorher Kontakt mit einer verantwortlichen Person auf. Manchmal hat eine Person die Schlüsselvollmacht für den Raum oder ist verantwortlich für die Organisation oder so, die Person würde ich versuchen anzusprechen und als Türöffner für die Gruppe zu nutzen, vielleicht ganz offen sein, dass du Hilfe brauchst, um in der Gruppe aufzutauchen.

    diagn.

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