Wie weit könnt ihr Gefühle ausdrücken?

  • Hallo zusammen.
    Wie weit könnt ihr Gefühle wie Traurigkeit und Wut ausdrücken?

    Könnt ihr jemand anschreien, wenn ihr wütend seit oder heulen, wenn ihr traurig seit?

    Kann beides nicht.
    Nur wenn ich schon richtig in die 'Ecke' gedrängt wurde.
    Dass glaube ich, ist aber schon wieder was anderes und hat eher mit dem Thema Ohnmacht was zu tun.

    Habe mit dem Buch von Birger Selin angefangen, einen Autisten.
    Titel, ich will kein in mich mehr sein.
    So wie ich es verstehe kann er auch keine Gefühle ausdrücken.

    Herzlichen Dank.
    Alles Gute.
    L. G. Daniel :thumbup: :thumbup:

    Einmal editiert, zuletzt von Daniel1 (30. Mai 2020 um 19:34)

  • So wie ich es verstehe kann er auch keine Gefühle ausdrücken.

    Ich habe mal eine Dokumentation über Birger Sellin gesehen als er noch ein Kind/Jugendlicher war.
    Die müsste noch irgendwo auf youtube zufinden sein. Dort habe ich sie jedenfalls vor mehreren Monaten erst gesehen.

    Zum Thema:

    Ich kenne das problem auch. Ich kann allenfalls meine Gefühle beschreiben, ich bin meist eher "gedeckt" im Ausleben von Gefühlen und anders als andere Menschen sieht man mir diese nicht wirklich im Gesicht an, noch hört man es immer an meiner Stimme. Ich bin da vielleicht ein stereotyp under den Autisten, weil ich habe sehr oft das Problem das ich zwar gut erklären kann wie es mir gerade geht bzw was mich aufregt oder bedrückt, aber andere nehmen das wegen der fehlenden anderen Dinge nicht ernst und das nervt wirklich sehr.

    Go bad or go home!

  • Lieber @RegenbogenWusli,
    dass kenne ich auch.
    Wenn mich was aufregt, bleibe ich vom Stimmpegel
    normal, wenn ich es äußere, so dass man an meiner Stimmlage nichts erkennt, auch wenn es innern richtig stark brodelt.
    Frag mich aber nicht, wie sich Gefühle ausdrücken lassen, würde es sehr gerne lernen, auch das Heulen.
    Was man bei mir merkt, dass die Satzstruktur auseinanderfällt und ich mich mehr wiederhole, wenn ich überfordert und angespannt bin.

    Habe schon mitbekommen, dass das Personal bei Borderline bei mir in der damaligen Langzeitreha immer bei jeder Kleinigkeit gerannt ist, wenn mir es dreckig ging, hiess es immer, soll Zähne zusammenbeißen, obwohl ich im Verhältnis zu den Borderlinepatienten viel weniger Hilfe suchte.

    Den Borderlinepatienten sieht man halt an, wenn sie Probleme haben.
    Zu mir hiess es oft, ich wäre bogick, wenn ich nicht mehr konnte.

    Herzlichen Dank für deine Antwort.
    Alles Gute.
    L. G. Daniel :thumbup: :thumbup:

    Einmal editiert, zuletzt von Daniel1 (30. Mai 2020 um 20:52)

  • Den Borderlinepatienten sieht man halt an, wenn sie Probleme haben.
    Zu mir hiess es oft, ich wäre bogick, wenn ich nicht mehr konnte.

    Sie haben das Verhalten nicht als Autismus erkannt, würde ich sagen.
    Auf andere scheinen Autisten oft eher so zu wirken: erst zeigt man garkeine bis kaum oder nur minimal Reaktion auf irgendwas, und irgendwann explodiert man.
    Für Autisten scheinbar ein häufiges Verhalten, weil es auf andere so plötzlich wirkt.

    Go bad or go home!

  • Sie haben das Verhalten nicht als Autismus erkannt, würde ich sagen.Auf andere scheinen Autisten oft eher so zu wirken: erst zeigt man garkeine bis kaum oder nur minimal Reaktion auf irgendwas, und irgendwann explodiert man.
    Für Autisten scheinbar ein häufiges Verhalten, weil es auf andere so plötzlich wirkt.

    Dazu kommt noch, dass keine Reaktion auch eine Reaktion ist. Ob nun aus dem Umstand, dass man die Situation gar nicht erfasst hat, oft in der Kommunikation, oder ob man aus Zustimmung zu irgendeiner Sache keine offensichtliche Reaktionen zeigt. Dann wird das häufig als Gleichgültig gedeutet und wenn sich die Situation dann ändert und man plötzlich eine Reaktion zeigt, dann heißt es oft das man ja nichts gesagt hat.

  • Vielleicht nimmt es der neurotypischer Mensch oft irgendwie nicht wahr, wenn ein Autist, ohne eine 'angemessene Stimmlage dazu zu zeigen' körperliche Schmerzen meldet, ohne emotionale passende Stimmlage zu seelischen Schmerzen, die seelische Schmerzen meldet. Das Personal sieht auch erst die Folgen der Reizüberforderung.
    In der Einrichtung sah man mir meine Probleme, wenn ich gar nicht mehr konnte, was als Fehlverhalten gesehen wird.

    Wenn neurotypischer Menschen wütend 'sauer' 'auf was sind erheben sie die Stimme, was ich nicht kann. Ich sage sachlich dass ich was nicht gut finde, in dem bei mir die Wut über die Stimmlage nicht zum Ausdruck kommt ist die Gefahr, dass ich nicht ernst genommen werde, glaube ich.

    Konnte mich noch nie wirklich zwischenmenschlich durchsetzen, kann mir vorstellen, dass es damit was zu tun hat, dass ich nur mündlich, sachliche Informationen sende und dadurch Grenzen setzen will, es an der Stimmlage aber nicht zu hören ist, weswegen ich teilweise widersprüchliche Botschaften aussenden.

    Herzlichen Dank.
    Aes Gute.
    L. G. Daniel :thumbup: :thumbup:

  • Dazu kommt noch, dass keine Reaktion auch eine Reaktion ist. Ob nun aus dem Umstand, dass man die Situation gar nicht erfasst hat, oft in der Kommunikation, oder ob man aus Zustimmung zu irgendeiner Sache keine offensichtliche Reaktionen zeigt. Dann wird das häufig als Gleichgültig gedeutet und wenn sich die Situation dann ändert und man plötzlich eine Reaktion zeigt, dann heißt es oft das man ja nichts gesagt hat.

    Das ist etwas war mir so noch nicht bewusst war. Aber es erinnert mich an eine Sache die ich letztens noch mit meiner Psychotherapeutin hatte. Sie erzählte mir vorher von einem Kinderbuch über Autismus und ich sagte das das interesannt klingt und sie es ja mal mitbringen kann. Ich konnte letztes mal nicht selbst darin rumblättern wegen Corona und sie hatte mir das quasi nur aus der Entfernung also mit 3m abstand zeigen können und ich habe halt verbal darauf reagiert. Sie hatte dann eine Reaktion gezeigt die auf mich so wirkte als wäre sie entteuscht das ich keine "Luftsprünge" wegen dem Buch mache, diese habe ich aber auch nicht als angemessen empfunden, weil es ist nur ein Buch, ich hatte nicht vor dieses mir selber zu kaufen. Ich kann mir auch schwer ein geneues Bild von etwas machen wenn ich es mir nicht selbst direkt anschauen kann. Daher war meine Reaktion eher zurückgehalten, da eben kein Wissen über die Sache vorhanden war. Ich kann mich einfach nicht künstlich aufspielen, und ich glaube das sie das aber erwartet hat.

    Go bad or go home!

  • Sie hatte dann eine Reaktion gezeigt die auf mich so wirkte als wäre sie entteuscht das ich keine "Luftsprünge" wegen dem Buch mache,

    Ich weiß ja nicht, wie Du auf das Mitbringen das Buches reagiert hast. Evtl. hat sie ja ein wortreiches Bedanken erwartet. In etwa: "Oh! Das ist aber toll, daß Sie dran gedacht haben, daß Buch mitzubringen! Darüber freue ich mich sehr! Wirklich sehr aufmerksam. Schade, daß ich es mir wegen Corona nicht genau angucken kann ... blablabla..."

    Vielleicht hat ihr die "Wertschätzung" gefehlt, daß sie dran gedacht hat, daß Buch mitzubringen.

    EDIT:

    weil es ist nur ein Buch,


    Eben, es ist "nur" ein Buch. Sie hat vielleicht mehr Dankbarkeit erwartet, weil sie eben dran gedacht hat.

    EDIT Ende


    So etwas passiert mir auch oft genug. Wenn ich einen Arbeitskollegen bitte, mir etwas mitzbringen, dann bedanke ich mich. Aber eben nur ganz "normal" mit einem "Danke". Das ist einigen wohl nicht genug.

    Einmal editiert, zuletzt von H. M. Murdock (31. Mai 2020 um 11:34)

  • Ich kann wütend sein, ohne laut zu werden und mit normaler Stimmlage. Laut werde ich nur, wenn ich wütend und kurz vorm explodieren bin.
    Mein Stimmlage ändere ich selten. Z.B. bei der "Erziehung" von Haustieren, normale und wenn sie nicht hören eine "strengere" Tonlage.
    Trauer und Schmerz lösen eine Körper Reaktion aus, wenn sie unerträglich sind.

    Meine Gefühle kann ich sprachlich artikulieren. Meine Gefühle für einen Menschen(Liebe) auf eine andere Art und Weise war leider noch nicht erfolgreich, weil ich gegen eine unsichtbare Mauer laufe und das Ergebnis dann sehe ohne Handlungsmöglichkeit.

    Eine Umarmung zur Begrüßung geht i.d.R. von meinem Gegenüber aus. Ich selbst kann nicht abschätzen ob es angebracht ist oder nicht.

    Ich sende keine Botschaften aus. Das was sprachlich aus meinem Mund kommt ist das was ich sage, allerdings öfters mal sehr taktlos.

    Wer sich dazwischen über irgendwelche angeblichen Botschaften oder angeblichen sonstigen Signalen dabei etwas zurecht spinnt, kann mir egal sein, weil ich es nicht gesagt habe und es die Wahrnehmung des Gegenübers ist.

    Bei mir kommen keine unausgesprochenen Botschaften, Signale usw. an, daher kann ich mir auch nicht vorstellen, welche in angeblich sende.

    Einmal editiert, zuletzt von Tux (31. Mai 2020 um 12:17)

  • Wut merkt man mir überhaupt nicht an. Die Stimmlage bleibt exakt die gleiche; ich werde allenfalls etwas langsamer (was dann aber eher der temporär herabgesetzten Verarbeitungsgeschwindigkeit meines Gehirns geschuldet ist).
    Ich könnte höchstens versuchen, ganz bewusst lauter zu werden, aber "automatisch" / unterbewusst tut sich da gar nichts. Was natürlich bescheuert ist, denn dann merken andere gar nicht, wenn sie zu weit gehen. :evil:

    Trauer merkt man mir meistens auch nicht gut an (weinen tue ich ganz, ganz selten, richtig "heulen" nach der Definition aus diesem Thread nie), in vielen Situationen bin ich da aber auch froh drüber. (Gut gemeinte) Tröstversuche von "NTs" sind dann nämlich das letzte, was ich gebrauchen könnte. x(

    "He that can take rest is greater than he that can take cities." ~ Benjamin Franklin

    Ich hab mehr Spielwiesenbeiträge als du!

  • Vielleicht hat ihr die "Wertschätzung" gefehlt, daß sie dran gedacht hat, daß Buch mitzubringen.

    Das habe ich durchaus erwähnt weil ich nicht wusste was ich alles sagen sollte, ich hatte mehr das gefühl sie hat eine andere Stimmlage erwartet oder Betonung.

    Go bad or go home!

  • Zum Thema “ gut gemeinter Tröstungsversuch”: ich glaube da habe ich auch mal eine Situation falsch eingeschätzt... aber da wusste ich auch noch so gut wie gar nichts über Autismus. Das verfolgt mich immer noch. Na ja, wenn ich jemanden mag und ihn in einer schlimmen Situation unterstützen will, handele ich erstmal intuitiv so wie ich es mir von jemand anderem wünschen würde, wäre ich in der Position... Das war wohl etwas zuviel.

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