In Depression hineinrutschen?

  • Existenzielle Depression. Ich suche gerade nach Schriftstellern, die diesen Zustand beschreiben und freue mich über Tipps.

    Wie wäre es mit Sartre, "Der Ekel"? Allerdings stellt sich mir die Frage, ob die Lektüre nicht eine aufkeimende Depression noch verstärken würde.

    “The amount of energy needed to refute bullshit is an order of magnitude bigger than to produce it.”
    ― Alberto Brandolini

  • Heilen ist nicht Pflaster drauf und gut. Heilen ist ein Prozess der Zeit braucht, Schritt für Schritt. Durch Rückhalt geben und da sein, hey ich bin da ich halt dich ich fang dich auf und gemeinsam vom dunkeln ins Licht.

    Mit den oberflächlichem kann ich nix anfangen und tiefgründig ist besser im Gespräch angesicht zu angesicht.

  • Heilen ist nicht Pflaster drauf und gut.

    Das stimmt, ich hatte das eher im übertragenen Sinne gemeint. Dass eben nicht alles wieder so wird, wie es einmal war. Sondern der Prozess unvorhersehbar ist. Möglicherweise auch ohne "happy end".


    Durch Rückhalt geben und da sein, hey ich bin da ich halt dich ich fang dich auf und gemeinsam vom dunkeln ins Licht.

    Das ist ein sehr schönes Bild. Wenn man jemanden hat, der für einen da ist. Das haben nicht alle. Ich wünsche es jedem.

  • mir geht es mit Liedtexten und dunkel gestimmeter Musik nämlich so, dass ich da in der Depression eine Art Geborgenheit spüre; auch wenn von außen viele Ermahnungen kommen, dass das doch nur noch weiter runterziehen würde

    Das kenne ich selbst sehr gut. "Fröhliche" Filme oder Bücher, Komödien oder sonstige "Feel-Good"-Werke machen mich, wenn es mir schlecht geht, tendenziell eher trauriger, während ernste bis schwermütige Texte auf merkwürdige Weise tröstlich sein können. Dabei kommt es allerdings auf den Kontext und das Thema an. Beispielsweise trifft das nicht auf Werke zu Themen wie Alter oder Demenz zu, die sind für mich eher angstbesetzt, und wenn es für mich nicht gut geht, ist es erst recht besser, sie zu vermeiden.

    Touched with Fire ist eine "Fundgrube" zu Künstlern, die die Autorin für bipolar hält. Dieser Artikel behandelt sehr unterschiedliche Autoren und Depression. Unholy Ghost ist ein Sammelband mit Essays unterschiedlicher Schriftsteller zu Depression. Dieses Buch von Tobi Katze ist recht bekannt und amüsant geschrieben. Ziemlich gute Gründe von Matt Haig ist auch lesenswert, er ist außerdem Romanautor. Und eigentlich kann man Dostojewskis Aufzeichnungen aus dem Kellerloch auch als einen Text über Depression lesen.

    From my youth upwards my spirit walk'd not with the souls of men. (...)
    My joys, my griefs, my passions, and my powers, made me a stranger.

    Einmal editiert, zuletzt von Leonora (6. April 2020 um 10:49)

  • Hat sie zumindest einen anderen körperlichen Ausgleich, Joggen statt Schwimmen z.B.? ...

    Das ist der nächste "Hammer": durch einen Fußbruch geht Joggen nicht, das Schwimmen diente (auch) der Beweglicherhaltung des Sprunggelenks (statt der "Schonhaltung" an Land).

  • Mir setzt die Situation gerade heute sehr zu. Es hat wohl über die vergangenen Tage und Wochen an mir gemürbt.

    Ätzend.

    Schönes Buch zum Nochmal-Lesen gefunden, immerhin.

    Will damit sagen: Tun, was (noch) geht, hält die Dementoren auf Abstand.

    Spoiler anzeigen

    Dementoren = gutes Bild für Depression aus "Harry Potter"

    Ich muss unbedingt die nächsten Tage (verbotenerweise) auf einen Spielplatz gehen und ne Runde schaukeln...

    equo ne credite

  • Da stimme ich Dir zu. "Heilen" klingt ja so, als ob der urprüngliche Zustand wiederhergestellt werden könnte. Pflaster drauf und alles wird wieder gut.

    Das stimmt. Man kann die Zeit nicht zurückdrehen, vieles lässt sich nicht mehr ändern. Das liegt einerseits in der "Natur der Sache". Andererseits wäre in vieler Hinsicht aber doch ein Neuanfang möglich, wenn es dafür passende Unterstützung und Förderung geben würde. Auch so etwas wie eine Art "Lebenslaufsinsolvenz" und geförderte Schwerbehindertenstellen eben nicht nur im geringqualifizierten Bereich. Leider existieren für Erwachsene jenseits des üblichen Studien- und Ausbildungsalters kaum passende Angebote.

    So ist es im Leben jedoch nicht. Dinge geschehen, sind schon geschehen, und das Leben ist nicht umkehrbar. Auf vieles hat man keinen Einfluss, es muss hingenommen werden. Die Trauer über manche unumkehrbare Entwicklung ist nicht mehr stillbar. Diese Unumkehrbarkeit und die Erkenntnis, dass eben nicht alles Machbar, beeinflussbar oder heilbar ist (auch wenn uns Medien, Werbung etc. das suggerieren), das gibt dem Leben eine Schwere.

    Absolut. Es wird ja häufig gesagt, die Menschen seien wegen der Vielfalt an Möglichkeiten verunsichert. Meinem Eindruck nach gibt es diese Vielfalt bei genauerer Betrachtung allerdings längst nicht für alle Menschen, und wenn, dann nur in bestimmten Lebensphasen. Gerade die Diskrepanz zwischen der gesellschaftlichen Behauptung, es komme nur auf die eigene Einstellung an, und der eigenen Wahrnehmung von "Sackgasse" und Ausweglosigkeit kann zusätzlich lähmen und depressiv machen.

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  • Existenzielle Depression. Ich suche gerade nach Schriftstellern, die diesen Zustand beschreiben und freue mich über Tipps.

    Phu, kenne da ein paar Sachen, die man jetzt lieber nicht lesen sollte. Was allerdings nicht schlecht ist ist meiner Meinung nach "Das Buch deines Lebens: Umbruch", "Das Glücksprojekt" und "Befreie dich selbst" (letzteres ist sehr eigen, mir hat es enorm geholfen aber gefällt sicher nicht jedem und würde ich niemand aufdrängen wollen)

  • Ich will mal keinen neuen Thread aufmachen, daher hoffe ich das es irgendwie hier reinpasst.

    Da ich seit kurzem ein Depressionstagebuch führe, habe ich etwas interessantes für mich festgestellt. Meine letzte depressive Phase war am 11.04. und am 13.04. hatte ich mal wieder nen heftigen Meltdown wegen der gleichen Thematik wie am 11.04.
    Nun habe ich festgestellt, dass ich seit dem keinen depressiven Schub mehr hatte. Nun weiß ich nicht ob es da einen Zusammenhang gibt, dafür muss ich das wohl mehrfach testen. (Schon komisch Depressionen und Meltdowns als Selbsttest zu betrachten.Ist doch irgendwie bekloppt (RW) auf den nächsten Meltdown zu warten.. ) Jedoch fühle ich mich die letzten Tage etwas, entspannter ist vielleicht das falsche Wort aber die richtige Richtung. Kenn jemanden die Situation, dass ein Meltdown mal wie ein "reinigendes Gewitter" wirkt? Also die Emotionen, den Frust, die Wut und Hilflosigkeit einmal in einer Explosion rauslassen (RW) und dann erstmal wieder ein paar Tage etwas besser zurecht kommen.

  • Kenn jemanden die Situation, dass ein Meltdown mal wie ein "reinigendes Gewitter" wirkt? Also die Emotionen, den Frust, die Wut und Hilflosigkeit einmal in einer Explosion rauslassen (RW) und dann erstmal wieder ein paar Tage etwas besser zurecht kommen.

    Von mir selber kenne ich das nicht, ich empfinde Meltdowns eher als unangenehm und - vor allem wenn andere sie mit bekommen - auch als schambesetzt. Aber ich hörte schon, dass es manchen Autisten ähnlich geht und das manchmal mit einem epileptischen Anfall oder einem Migräneanfall verglichen wird.

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  • Von mir selber kenne ich das nicht, ich empfinde Meltdowns eher als unangenehm und - vor allem wenn andere sie mit bekommen - auch als schambesetzt. Aber ich hörte schon, dass es manchen Autisten ähnlich geht und das manchmal mit einem epileptischen Anfall

    Dem kann ich einigermaßen zustimmen. Ein Meltdown ist meist eine Folge von Reizüberflutung. Ich bin danach komplett erschöpft, habe aber auch nicht mehr viel Energie um mir über Dinge Gedanken zu machen. Reinigend finde ich das jetzt nicht. Emotionen kann man auch anders rauslassen und ein Meltdown ist eine unkontrollierte Reaktion auf Reizüberflutung und für mich nicht vorrangig ein rauslassen an Emotion.
    Evtl. würden dir andere Varianten um Emotionen loszuwerden mehr helfen, auf ein Kissen einschlagen etc.?

  • Von mir selber kenne ich das nicht, ich empfinde Meltdowns eher als unangenehm

    Ich empfinde Meltdowns auch nicht als angenehm. Mir viel nur kein anderer Ausdruck als "reinigendes Gewitter" ein. Wahrscheinlich wird es eher in diese Richtung gehen (RW).

    Ich bin danach komplett erschöpft, habe aber auch nicht mehr viel Energie um mir über Dinge Gedanken zu machen. Reinigend finde ich das jetzt nicht.

    Geistig erschöpft fühle ich mich jetzt nicht. Aber es kann schon sein, das mein Kopf gerade die Verarbeitung/Aufnahmen der Ursache irgendwie blockiert. Ich muss dazu schreiben, dass ich den Meltdown nicht aufgrund physischer sondern aufgrund von psychischer Überladung hatte. Vielleicht liegt auch da ein Unterschied.

  • Ich kann eigentlich gut allein sein. Aber die letzten Wochen mit totaler Kontaktsperre im privaten Bereich (selbst das Herumlaufen auf der Straße mit einer Freundin war verboten), täglichen Schreckensmeldungen und dazu noch erheblicher beruflicher Stress und Zukunftsangst führen dazu, dass mir die Kraft ausgeht. Ich kann nicht mehr schlafen. Ich bin verzweifelt, kann aber nicht weinen. Bin extrem geräuschempfindlich. Fühle mich entwurzelt und von der Menschheit abgeschnitten. Sehe momentan keinen Sinn und keine Perspektive mehr. Wenn das so weitergeht, wird es wirklich schwierig. Ich hoffe, dass es wieder besser wird. Vielleicht gibt es andere, denen es momentan auch so geht.

  • Im Augenblick bin ich auch wieder sehr depressiv. Ich versuche mich mit meinem SI ab zu lenken, was auch zum Teil ganz gut klappt.

    @Schreiberling Hast du vielleicht die Möglichkeit dich mit etwas ab zu lenken. Hast du ein Hobby, welches du jetzt wieder aktivieren könntest?

  • Kenn jemanden die Situation, dass ein Meltdown mal wie ein "reinigendes Gewitter" wirkt? Also die Emotionen, den Frust, die Wut und Hilflosigkeit einmal in einer Explosion rauslassen (RW) und dann erstmal wieder ein paar Tage etwas besser zurecht kommen.

    Ich kenne den Effekt, dass ich nach so einem Totalzusammenbruch während einer schweren Depression ein paar Tage lang sozusagen "betäubt" war und es mir insofern "besser" ging, als dass die quälenden Gedankenspiralen damit während dieser Tage eingedämmt waren. Einen "reinigenden" oder gar heilenden Effekt in Bezug auf die Depression hatte der Meltdown jedoch nicht. Nach den paar Tagen ging es mir genauso schlecht wie davor.

    ich empfinde Meltdowns eher als unangenehm und - vor allem wenn andere sie mit bekommen - auch als schambesetzt

    Geht mir genauso. Den Meltdown damals hatte ich zum Glück allein zu Hause.

    "Fröhliche" Filme oder Bücher, Komödien oder sonstige "Feel-Good"-Werke machen mich, wenn es mir schlecht geht, tendenziell eher trauriger, während ernste bis schwermütige Texte auf merkwürdige Weise tröstlich sein können.

    Ich kann während einer Depression leider gar nicht mehr lesen. Fröhliche Musik oder lustige Filmen bauen mich in solchen Phasen nicht auf, ich werde dabei noch trauriger oder sogar sauer. Ich habe eine Wiedergabeliste mit ernsten und schwermütigen Stücken, die ich "Depri" genannt habe und die ich in einer Endlosschleife gehört habe, als es mir so schlecht ging. Das Hören von solchen Stücken empfand ich damals tatsächlich als tröstlich.


    Beim darüber Nachdenken, wie das bei mir war, merke ich, dass ich große Angst habe, dass ich nochmal in so ein tiefes Depressionsloch hineinrutsche.

    21 is only half of the answer.

  • Hallo Vulkan,

    Im Augenblick bin ich auch wieder sehr depressiv. Ich versuche mich mit meinem SI ab zu lenken, was auch zum Teil ganz gut klappt.

    ... dann können wir uns virtuell die Hand reichen - natürlich mit ausreichend Sicherheitsabstand :fun: .
    Ich hoffe, dass Du gut durch diese depressive Phase kommst. Ich habe mich die letzten Tage so alleine gefühlt, weil es allen um mich herum gut zu gehen schien, während es bei mir abwärts ging.

    Hast du vielleicht die Möglichkeit dich mit etwas ab zu lenken. Hast du ein Hobby, welches du jetzt wieder aktivieren könntest?

    Ja, das habe ich natürlich :) . Zur Zeit schlafe ich aber so schlecht und bin dadurch so erschöpft und gleichzeitig durch den Stress angespannt, dass ich nur für das Notwendigste Kraft habe und mein SI brach liegt. Ich werde mich heute aber zur Entspannung und "Erdung" in die heiße Badewanne legen (auch wenn es eigentlich Wasserverschwendung ist). Darauf freue mich mich jetzt :) .

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