Eure Kinder, wenn sie krank sind

  • Guten Morgen!
    Mein Sohn ist 11 und ich stehe ihm manchmal (OFT) hilflos gegenüber. Besonders dann, wenn er "krank" ist. Ich will sagen, ich kann nicht "sehen", wenn es ihm schlecht geht.
    Ok, Fieber kann ich messen, dass er blass im Gesicht ist, sehe ich auch, Husten, Schnupfen.
    Momentan denke ich, er führt mich an der Nase rum, weil er es "kann".
    Montag ist er von der Schule früh nach Hause gekommen, weil er sich übergeben musste. Er sagte, er musste niesen und dann ist er zu einer Mülltonne gelaufen und hat hineingespuckt. Die Schule schickte ihn heim. Zu Hause war er dann fit. Er hatte auch Hunger, ins Bett wollte er nicht, lieber Ps4 spielen. Das durfte er dann nachmittags auch.
    Gestern war er dann wieder blass morgens und ich glaubte ihm. An der Ps4 war er dann wieder topfit.
    Generell macht er ungern was, worauf er keine Lust hat und hat eine niedrige Frusttoleranz.
    Heute habe ich ihn losgeschickt. Er war nicht begeistert. Ich weiß es nicht.

    Kennt jemand von euch so eine Situation?
    (Meine Mutter hat meine Krankheiten immer als "Anstellerei" bezeichnet, das hat sich wohl eingegraben. Ich durfte mich nicht ins Bett legen, wenn ich mich schlecht fühlte, weil das ihren Tagesablauf störte. Ich WILL aber nicht wie meine Mutter sein :cry: )

    bla bla Man bekommt nichts geschenkt

  • Meine Mutter meinte Mal, dass man nur gestresst oder nicht gestresst bei mir sieht. Oft merke ich selbst erstmal nicht, dass es mir schlecht geht.

    Idee wäre: Er kann Zuhause im Bett bleiben aber nicht spielen oder Fernsehen, wenn es ihm schlecht geht. So hat meine Mutter das gemacht, hat funktioniert.

  • Vielleicht wäre es sinnvoll, das mal offen anzusprechen?

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Das kenne ich von mir auch, MangoMambo.

    Ich habe versucht, ihn ins Bett zu stecken, aber er hat so lange rumgequängelt, bis ich nachgab.


    Shenya, das habe ich. Auch sagte ich, dass er dann plötzlich wieder topfit ist. Sofort schaltet er dann wieder um in "krank".

    bla bla Man bekommt nichts geschenkt

  • Könnte es evtl auch eine psychische Beteiligung geben warum er sich krank fühlt? Das ist bei mir teilweise so und Spiele lenken halt ab.

    Klare Regeln fand ich da gut: entweder krank und erschöpft dann Bett und Erholung und Tee und Suppe wenn beschäftigen dann Buch im Bett, oder Schule und danach spielen.

  • Unsere Schule verlangt von allen Kindern ab dem 3. Krankheitstag ein Attest. Ist nervig, wenn man selber eigentlich weiß, dass ein paar mehr Tage Bettruhe ausreichend sein sollten, aber nimmt einem in Zweifelsfällen zumindest ab dem 3. Tag die Entscheidung ab, da man dann ja eine ärztliche Empfehlung bekommt. Wäre das eine Möglichkeit, als Familienregel: ab Tag 3 zum Kinderarzt? Meine Kinder würde das jedenfalls vom "krankfeiern" abschrecken, denn sie hassen es, ewig im Wartezimmer rumhängen zu müssen.

    “The amount of energy needed to refute bullshit is an order of magnitude bigger than to produce it.”
    ― Alberto Brandolini

  • In dem Alter ist es nicht unüblich, krank zu feiern. Hat meine auch gemacht, da kamen immer wieder mal die Anrufe von der Schule, ihr ginge es schlecht, ich möge sie abholen. Ich habe dabei gelernt, dass es ganz einfach ist, Wunderheilungen zu vollbringen - man muss nur entweder auf den Bus als Transportmittel verweisen oder gleich sagen "ab in den Unterricht". Augenblicklich war das Kind symptomfrei.

  • Mein Sohn war auch manchmal so ein "Blassschnabel", dass ich ihn für krank hätte halten können. Er sieht aber so aus, wenn er z. B. müde ist. Er war nicht übermäßig oft krank, und ich konnte im Prinzip danach gehen, ob er nun Fieber hat oder nicht. Bei Erkältung, wenn sie so stark ist, dass er immerzu schnauben oder niesen muss, durfte er natürlich auch ohne erhöhte Temperatur zu Hause bleiben. Mit Bauchschmerzen ist das schon schwieriger, weil man das von außen nicht so gut sieht. Auch gibt es ja "seelisch bedingte" Bauchschmerzen, wenn das Kind vor irgendwas Angst hat. Einmal schickte ich ihn trotz seiner Aussage, ein wenig Bauchschmerzen zu haben, in die Schule, aber da wurde er dann wirklich nach Hause geschickt, weil es dort schlimmer geworden war. So habe ich ihm das auch gesagt; wenn es schlimmer wird, lass Dich nach Hause schicken. Dann weiß er wenigstens worum es in der Schule gerade geht und kann sich vielleicht Aufgaben mitnehmen.
    Sich dann später bei seinen Freunden zu informieren, schien nämlich irgendwie uncool zu sein. Er hat dann wirklich auch Unterrichtsstoff verpasst, und meine Ansagen, doch mal ein Stück im Buch zu lesen, weil es da manchmal ganz gut beschrieben ist, besser vielleicht, als vom Lehrer erklärt, haben auch irgendwie nur wenig Wirkung gezeigt. Er sagte zu mir Sätze, wie: "Ja, ja, Mama, hauptsache Bildung, nicht?"

    Es war ab dem 3. Tag auch ein ärztliches Attest erforderlich. Wir mochten die langen Arztbesuche beide nicht, war selten nötig. In der 7. Klasse schrieb er mal eine Entschuldigungs-E-mail und meldete sich in meinem Namen krank. Das flog aber auf, weil ich zufällig gerade ein Elterngespräch hatte und die Klassenlehrerin mir ein Formular mitgab, das sie ihm ja nicht hatte persönlich mitgeben können, weil er ja krank sei.
    Ich ging ins Sekretariat, war auch ein wenig empört, dass dem Fehlen nicht nachgegangen wurde, bisher waren E-Mails ja gar nicht anerkannt oder von mir genutzt worden als Weg der Entschuldigung, und die Sektretärin schrieb an alle Lehrer, sie sollen mich anrufen, wenn er in Zukunft einfach fehlt. Das passierte dann auch einmal, und da merkte er, dass es sofort auffallen würde, wenn er schwänzt. Sie machen das halt immer so, wenn sowas auftritt, um den Anfängen zu wehren. Wahrscheinlich hatte er es probiert, weil er eben wusste, dass ich auch eher unnachgiebig bin und das Zuhausebleiben immer mit Auflagen; im Bett zu bleiben, sich bei den Freunden nach den Unterrichtsthemen zu erkundigen usw., verbunden wäre.

    Zum Thema PS4, damals PS3, da waren die Zeiten auf 1-2 Stunden am Tag begrenzt. An den Computer durfte er in dem Alter allein und zum Vergnügen wochentags eine Stunde, Freitags, sonnabends und sonntags 2 Stunden. Konnte ich per Kindersicherung so einstellen. Die PS3 hatte er dann erst ab der 6. Klasse oder so, und da konnte ich das dann nicht mehr so gut kontrollieren, weil ich ja arbeiten ging und erst nachmittags oder am frühen Abend wiederkam. Es kam aber durchaus vor, dass ich die Controller einpackte und mit auf Arbeit nahm, wenn ich das Gefühl hatte, er macht nichts mehr für die Schule. Dann durfte er eine Stunde spielen, wenn er die HA gemacht hat. Da es aufgrund der Level ja blöd ist, wenn er das Spiel abbrechen muss, durfte er die Stunden sammeln, d. h. auch mal bis zu 3 Stunden (mit Pausen), wenn er 2 Tage lang nicht gespielt hat.
    Wenn er krank ist, oder es unklar ist, ob er nur nicht zur Schule will, würde ich ebenfalls die Spielezeit begrenzen auf maximal 1-2 Stunden ohne Sammelmöglichkeit. Notfalls wirklich auch den Controller wegnehmen und verstecken (was habe ich ihn dann manchmal gesucht.) Und auch nicht vormittags, während die anderen in der Schule sitzen. Vielleicht nachmittags oder abends dann mal.


    Generell macht er ungern was, worauf er keine Lust hat und hat eine niedrige Frusttoleranz.

    Das habe ich leider auch beobachten müssen und fand es oft schwierig, ihn dann zu etwas zu zwingen, weil ich das auch nicht für gut halte.
    Ich hielt ihn dazu an, Lernkarten zu schreiben, das half ein wenig. Manchmal schrieb ich auch einen Aufgabenzettel und gab ihn ihm, damit ich ihn nicht mehrmals ermahnen muss.
    Also: Zimmer aufräumen, Lernkarten vorbereiten, Brotdose auspacken, Schultasche packen; Schreibblöcke überprüfen, so in der Art.
    Er hat auch selten beschriebene Seiten eingeheftet, und wenn, dann auch mal verkehrt herum. Kam ich alle halbe Jahre mal in die Schule, nahm ich aus seinem persönlichen Fach einen großen Stapel loser Blätter der verschiedensten Unterrichtsfächer mit, und die musste er dann zuhause erstmal sortieren und einheften. Das war oft ein Kampf, manchmal schmiss er sie dann einfach weg. Manchmal heftete ich sie ein, manchmal ließ er nur den Vater heran, eine Zeitlang ließ er sich alle Hefter zeigen und erzählen, was sie gelernt haben. Oft mit 2-3 Tagen Toleranzraum. ("Bis z. B. Sonntag abend müssten die Blätter dann bitte sortiert und eingeheftet sein.") Naja, ist kein Patentrezept.

    Ein Freund ist jemand, bei dem du dich traust, du selbst zu sein.
    (Pam Brown)

  • Ich frage mich das auch öfters, woran man merkt, dass das klagende Kind wirklich krank ist oder ob es einfach keine Lust hat oder ob irgendwelche tieferen Ängste dahinterstecken. Nachfragen brachte bisher nichts. Kind sagte es sei eben krank. - Ideen dazu?

    Surprised by the joy of life.

  • Manchmal hilft ein Blick in den Stundenplan - gern treten plötzliche Erkrankungen unmittelbar vor dem Unterricht in einem unbeliebten Fach auf. Bei manchen Kindern haben Klassenarbeiten denselben Effekt. Ansonsten hilft Erfahrung - anfangs habe ich mich auch jedes Mal geärgert, weil die Wunderheilung eintrat kaum dass sie zu Hause war, irgendwann hatte ich dann ein Gefühl dafür und habe die Abholung verweigert. Einmal war ich auch schon in der Schule und habe sie in die Klasse zurückgeschickt, weil da offensichtlich nichts gravierendes war. Da war ich dann so sauer, dass sie es seither kaum noch versucht hat.

  • Ich frage mich einfach - bezogen auf den Fall, an den ich denke - wie lange man einem Kind zumuten sollte, wohin zu gehen, wohin es nicht mag. Ich meine wenn ich meinen Job richtig doof fände hätte ich die Freiheit zu kündigen und mir einen cooleren zu suchen. Und es gibt genug Erwachsene, die gar nicht arbeiten, weil Berufsleben sie generell zu fertig macht.

    Surprised by the joy of life.

  • So wie ich die TE verstanden habe, bewegt sich das noch in einem völlig normalen Rahmen. Würde man Schülern freistellen, in unbeliebten Fächern zu fehlen, hätte sich die Schulpflicht bald erledigt. Ich hätte garantiert in Kunst und Musik gefehlt. Nicht, dass mir da bei der Art des Unterrichts um 1970 wesentliche Bildungsdefizite entstanden wären, aber ich wage die Prognose, dass auch Fächer wie Geschichte und Physik dann doch in eher kleinem Kreis unterrichtet würden.

  • Ich kann mich erinnern, dass es mir als Kind auch so ging.
    Ich fühlte mich im Unterricht plötzlich gar nicht gut und auch die Lehrer sagten dann, ich sehe plötzlich ganz blass aus.
    Dann wurde ich von meiner Mutter abgeholt.

    Oder ich wachte morgens auf und es ging mir schon nicht gut. Später wachte ich teilweise mit den Symptomen einer richtigen Erkältung auf und sobald klar war, dass ich Zuhause bleiben konnte, war ich quasi "wundergeheilt".

    Ich weiß noch, dass meine Mutter dann irgendwann sehr ungehalten wurde und mir vorgeworfen hat, dass ich simuliere. Und ich fühlte mich dann sehr ungerecht behandelt. Ich wusste selbst nicht, was denn los war.

    Rückblickend weiß ich, dass es ein einfacher Schutzmechanismus meines Körpers war. Gerade zu Beginn der Pubertät hatte ich starke Probleme in der Schule, überwiegend im sozialen Bereich. Wenn ich in der Schule geblieben bin oder hingegangen bin, obwohl es mir körperlich schlecht ging, dann hatte ich meist später am Tag oder in den nächsten Tagen einen Zusammenbruch, den ich rückblickend als Overflow/Meltdown bezeichnen würde.

    Ich konnte meine eigene Reizüberflutung und die sozialen Hürden nicht überwinden. Aber ich habe die Warnsignale meines Körpers nicht verstanden. Daher kamen irgendwann die körperlichen Symptome.

    Mir geht es heute noch genauso. Wenn ich eine Zeitlang zu viel arbeite oder sozialisiere, dann werde ich krank. Sobald ich mich dann ausruhe, werde ich wieder gesund.

    Ich denke, mir hätte damals geholfen, wenn ich an der Reizüberflutung hätte arbeiten können. Zum Beispiel Ruhe in den Pausen ist ein recht unauffälliges Angebot, das eingesetzt werden könnte (natürlich in Absprache mit der Schule).
    Mir hätte damals geholfen, so angenommen zu werden wie ich bin. So hat es jedenfalls dazu geführt, dass ich es heute nicht akzeptieren kann, wenn ich krank bin. Eben auch, weil Ärzte einem ja auch nicht glauben, wenn man die Symptome rational vorträgt. Ich weiß aber auch, dass es schwierig ist zu entscheiden, ob das Kind einen an der Nase rumführt. Von mir selbst weiß ich, dass ich mir da teilweise selbst nicht ganz sicher war, was eigentlich meine Motivation war. Ich habe mich einfach selbst nicht verstanden und hatte keine Referenzen. Mir ging es ohne Schule besser. Aber hätte ich mich damals nicht dadurch gequält, dann wäre ich heute sicher nicht fähig einem normalen Job nachzugehen. Mir fehlte als Kind die Übersicht über das Ganze, was jetzt sein muss. Und auch, dass man manchmal Dinge tun muss, die einem nicht gut tun, um später die Freiheit zu erlangen, Dinge zu tun, die einem gut tun. Vielleicht hilft es, den Blick auf das Gesamte zu richten.
    Eine richtige Lösung für das Problem habe ich leider auch nicht.

  • Mir hätte damals geholfen, so angenommen zu werden wie ich bin.

    Aber hätte ich mich damals nicht dadurch gequält, dann wäre ich heute sicher nicht fähig einem normalen Job nachzugehen. Mir fehlte als Kind die Übersicht über das Ganze, was jetzt sein muss. Und auch, dass man manchmal Dinge tun muss, die einem nicht gut tun, um später die Freiheit zu erlangen, Dinge zu tun, die einem gut tun.

    Ich frage mich, wie man das einem Kind beides vermitteln kann. Also dass es sein kann und darf, dass es sich krank fühlt, aber dass es wichtig ist, manche Dinge trotzdem durchzustehen?

    Wie hättest du, @Needle , dir das in deiner Kindheit gewünscht?

    Surprised by the joy of life.

  • Wie hättest du, @Needle , dir das in deiner Kindheit gewünscht?

    Ich finde das rückblickend schwierig zu sagen, da ich generell eine schwierige Kindheit hatte.

    Aber was ich mir vorstellen kann, ist folgendes:

    • Dem Kind nicht zeigen, dass man ihm nicht glaubt, sondern Verständnis zeigen. Gleichzeitig aber erklären, dass man manchmal Dinge einfach durchstehen muss. Beispiele von sich selbst bringen.
    • Es gibt die sogenannte "Visuelle Analogskala" zum Einschätzen von Schmerzen. Für Kinder ist die mit Smileys dargestellt. (Findet sich einfach bei Google). Ich hätte in dem Alter meine Symptome nach etwas Übungszeit und Unterstützung auf der Skala einschätzen können. Wenn ich mich nicht gut gefühlt hätte, dann hätte man mit mir auf die Skala (Punkte vom 0-10) gucken können und bei 0-4 (geringfügig betroffen) wäre ich in der Schule geblieben. Dadurch überträgt man dem Kind mit die Verantwortung und es lernt, dass es sich nicht immer super gut fühlen kann und Dinge trotzdem erledigt werden können, auch wenn man vielleicht etwas Bauchzwicken hat. das ist aber natürlich stark vom Kind abhängig, ob das klappt.
    • Du hast mich noch auf eine andere Möglichkeit gebracht, @Surprised. Je nachdem, wie häufig das Kind in der Schule fehlt, kann man mit ihm vereinbaren, dass es z.B. 4 Tage im Monat wegen Krankheit ohne Arztbesuch Zuhause bleiben darf. Die Tage darf es selbst auswählen. Dadurch lernt es auch die Verantwortung zu tragen. Und wenn es diese "Frei-Tage" nicht aufbraucht, dann bekommt es eine Belohnung. Denn das Kind kann natürlich die Schule nicht kündigen, aber man kann trotzdem Anreize schaffen. Und so hat es die Wahl zwischen Zuhause bleiben und Belohnung.

    Prinzipiell wäre ich einfach lieber wie ein gleichwerter, erwachsener Mensch behandelt worden als wie ein ungezogenes lügendes Kind (das ist jetzt speziell auf meine Kindheit gemünzt und keine Interpretation auf den TE). Ich persönlich finde es wichtig, wenn man frühzeitig lernt, Verantwortung für seine Taten zu tragen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!