"Sonderstrukturen haben sich wieder durchgesetzt"

  • Es ist (zumindest auch) ein Nachfrage-Markt. Dh die Eltern steuern durch ihre Schulanmeldungen, wo das Geld hinfließt.
    Und natürlich kann man als Eltern das Kind ummelden.

  • Wobei die Nachfrage wiederum besteht, weil das Angebot jenseits der Sonderstrukturen lückenhaft und sehr aufwändig zu bekommen ist.
    Beispiel Schule: Die Förderschule hat Sonderpädagogen, wenn da Geld benötigt wird, dann macht da gleich eine ganze Einrichtung Druck, im Zweifel werden Angebote der Einrichtung, die von den Behörden benötigt werden einfach eingestellt, dann werden die Forderungen eher erfüllt.
    Beim inklusiven Schulbesuch geht es schon damit los, dass nicht jede Schule Behinderte bzw. alle annimmt. Dann muss jedes Schuljahr aufs neue Hilfe beantragt werden, die oft auch erst eingeklagt werden müssen und mitunter irrwitzig wengi ist, z.B. Budgets für Schulhelfer, mit denen gar keine Leute gefunden werden können. Und jeder ist da Einzelkämpfer vor den Behörden.

  • Danke für den Link. Ist wirklich sehr interessant.

    Gerne, ich finde wichtig über die wirkliche Lage zu informieren. Leider halten sich immer hartnäckig Falschinformationen und Vorurteile über die vermeintlich so teure und schlechte Inklusion.

  • Zumindest für Berlin gibt es eine Vorgeschichte: die Abschaffung der besonderen Klassen für verhaltensauffällige Kinder. Das waren ja damals MEHR als Kinder mit Förderbedarf.
    Die ersteren sind dann gezwungenermaßen integriert worden.
    Das funktioniert aber nicht immer; deswegen "überfluten" nun die verhaltensauffälligen Kinder die Förderschulen, während viele Kinder mit Förderbedarf inkludiert werden (u.a. weil die Förderschulen mit den verhaltensauffälligen Kindern nicht auszuhalten sind).
    Es ist also kein "neuer" Bedarf, sondern ein umgeleiteter.

    Im Übrigen muss jede Klasse 3 Kinder mit Förderstatus aufnehmen, und häufig wird dieser dann bei weiteren Kindern noch festgestellt. So kommt man auf Quoten bis zu 25%.

  • Diesen Artikel müsste man wirklich erstmal diskutieren, denn so einfach ist das ganze nicht. Ich habe leider im Moment keine Zeit für eine ausführliche Diskussion.

    Aber man sollte bedenken, dass gerade bei Schülern mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung es viele Schüler gibt, die mit dem Regelschulsystem, wie es zur Zeit gestaltet wird, schlichtweg völlig überfordert sind und in den Regelschulen völlig untergehen (RW).
    Die Zahlen, die genannt werden sind nicht in Relationen gesetzt worden. Unser Arbeitsmarkt bietet ja kaum noch Nieschenarbeitsplätze für Menschen mit großen Beeinträchtigungen, die auch später im Job viel Unterstützung benötigen. Ich würde mal gern Zahlen sehen, wieviele dieser Schüler nach einer inklusiven Beschulung wirklich einen Arbeitsplatz bekommen.
    Ob die Kinder einen SBA haben oder nicht, hängt ja erstmal davon ab, ob überhaupt einer (von den Eltern) beantragt wurde. Man bekommt ihn auch für Kinder mit Behinderung nicht automatisch. Die genannte Zahl wundert mich zwar auch etwas (schließlich erhalten die Eltern z.B. entsprechende Freibeträge bei der Steuer), aber die Zahl wird hier so dargestellt, dass sie suggeriert, die Kinder seien ja garnicht so schwer behindert.

  • Aber man sollte bedenken, dass gerade bei Schülern mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung es viele Schüler gibt, die mit dem Regelschulsystem, wie es zur Zeit gestaltet wird, schlichtweg völlig überfordert sind und in den Regelschulen völlig untergehen (RW).
    Die Zahlen, die genannt werden sind nicht in Relationen gesetzt worden. Unser Arbeitsmarkt bietet ja kaum noch Nieschenarbeitsplätze für Menschen mit großen Beeinträchtigungen, die auch später im Job viel Unterstützung benötigen. Ich würde mal gern Zahlen sehen, wieviele dieser Schüler nach einer inklusiven Beschulung wirklich einen Arbeitsplatz bekommen.

    Das ist ja gerade der Kritikpunkt in dem Artikel, dass das momentane Regelschulsystem zugunsten einer noch inklusiveren Beschulung umgestaltet werden sollte und müsste.
    Vor ca. 10 Jahren gab es ja wirklich diese "Aufbruchsstimmung", was bedeutet der Wille war da und man hätte vieles besser nutzen können.
    Arbeitsmarkt hin oder her, wenn man nicht konsequent die Förderschulen und Sondersystem reduziert wird sich auf diesem auch nichts bewegen.
    Die Arbeitsplätze entstehen erst dann, wenn die Werkstätten auch nicht mehr gefördert werden.
    Solange die Förderschulen weiter bestehen, werden sie auch weiter in die seperaten Systeme vermitteln. Das ist ja auch so einfach und man kann die Schuld natürlich immer auf die "schwer beeinträchtigten Behinderten" schieben.

  • ich sehe Inklusion etwas anders, so wie es läuft, es geht darum, Gelder einzusparen. Ich war Lehrerin an einer inklusiven Schule - das war für Inklusionsschüler , aber auch für Normalos nur mies. Ungefähr so, als würde man die Kinder in einen Raum sperren und sagen : Nun inkludiert euch mal gegenseitig schön.
    Es ist ja nicht so, dass nur die Inklusionsschüler Probleme haben - in manchen Klassen waren die die am wenigsten belasteten.

    Traurig ist , dass Förderschüler nach der Schule keinen Job kriegen - das tun Hauptschüler aber auch nicht.

    "Autismusdiagnose - Potius sero quam numquam.
    ( Lieber spät als nie.) "
    :irony:

  • ich sehe Inklusion etwas anders, so wie es läuft, es geht darum, Gelder einzusparen. Ich war Lehrerin an einer inklusiven Schule - das war für Inklusionsschüler , aber auch für Normalos nur mies. Ungefähr so, als würde man die Kinder in einen Raum sperren und sagen : Nun inkludiert euch mal gegenseitig schön.

    Leider wird es so immer nach außen verkauft. Das Problem ist nicht die Finanzierung, sondern die Einstellung vieler Lehrer, auch wenn mehr Lehrer für die Inklusion zur Verfügung stehen, es würde für die meisten nie reichen. Ich bin selbst Lehrerin und habe vieles miterlebt.
    Es ändert sich leider erst was, wenn die Gesetze so geändert werden, dass die Förderschulen wirklich auslaufen würden und so nahezu alle Förderschullehrer auch wirklich im Regelschulwesen eingesetzt werden müssten. Dann würde man wahrscheinlich nur noch ganz wenige Schulen für die extrem schwer beeinträchtigten Schüler benötigen.
    Das ist grundsätzlich auch ein psychologisches Phänomen, auch wenn einem viele Kräfte zur Verfügung stehen.
    Man beschwert sich nicht über eine laute Klasse mit vielen verhaltensauffälligen Schülern ohne Behinderung, da kommt man mit klar, weil sie keine Behinderung haben, aber wehe es kommen Schüler mit Diagnosen, da ist man natürlich schnell überfordert, obwohl sie eigentlich weniger Arbeit machen.

  • Man beschwert sich nicht über eine laute Klasse mit vielen verhaltensauffälligen Schülern ohne Behinderung, da kommt man mit klar, weil sie keine Behinderung haben, aber wehe es kommen Schüler mit Diagnosen, da ist man natürlich schnell überfordert, obwohl sie eigentlich weniger Arbeit machen.

    Das stimmt so nicht.
    Die unproblematischsten Schüler waren diejenigen, die von der Förderschule kamen, da sie dort Ordnung, Arbeitsverhalten und Sozialverhalten eintrainiert hatten.
    Und genau , das ist das Problem:

    Szenario : Ich ALLEIN in einer Klasse, 20 Schüler, darunter fünf I- Kinder. Von den anderen Schülern spricht nur die Hälfte Deutsch, sind mndestens 5 kriegs- traumatisiert , kommen alle aus äußerst prekären Verhältnissen. Als dann der Kanner - Autist unter dem Tisch sitzt und schreit, dreht ein traumatisiertes Kind völlig durch und ein anderes versucht , ihn zu würgen ( letzterer Schüler war psychotisch und hatte an diesem Tag seine Medikamente nicht genommen).

    So läuft Inklusion ab , zumindest in der BRD , 21. Jahrhundert.


    Es ändert sich leider erst was, wenn die Gesetze so geändert werden, dass die Förderschulen wirklich auslaufen würden und so nahezu alle Förderschullehrer auch wirklich im Regelschulwesen eingesetzt werden müssten.

    Ich hätte stundenweise Anrecht auf Doppelbesetzung mit einer Förderschulleherin gehabt, aber leider leider war dann Kollege XY krank, und da machte die Fachkraft dann Vertretung - denn "Sie wollen doch nicht, dass eine Klasse ohne Unterricht bleibt, gelle !" - O- Ton.
    Nein, will ich selbstverständlich nicht .......


    In einem halben Jahr genau dreimal Team- Teaching mit der Förderschullehrerin.

    Ich ärgere mich, wenn man unter diesen Umständen die Schuld bei den Lehrerinnen sucht . Am liebsten würde ich Politiker einladen, mal in solch eine Schule im sozialen Brennpunkt zu kommen - und zu unterrichten.

    "Autismusdiagnose - Potius sero quam numquam.
    ( Lieber spät als nie.) "
    :irony:

  • Szenario : Ich ALLEIN in einer Klasse, 20 Schüler, darunter fünf I- Kinder. Von den anderen Schülern spricht nur die Hälfte Deutsch, sind mndestens 5 kriegs- traumatisiert , kommen alle aus äußerst prekären Verhältnissen. Als dann der Kanner - Autist unter dem Tisch sitzt und schreit, dreht ein traumatisiertes Kind völlig durch und ein anderes versucht , ihn zu würgen ( letzterer Schüler war psychotisch und hatte an diesem Tag seine Medikamente nicht genommen).

    So läuft Inklusion ab , zumindest in der BRD , 21. Jahrhundert.

    Das Problem ist aber, dass viele Lehrer dann die Schuld bei den Förderkindern suchen, dass sind dann leider immer die ersten, die eine Klasse wieder verlassen müssen. Inklusion könnte besser sein, wenn Lehrer mehr Druck auf Politiker machen, aber eben nicht auf Kosten der Kinder mit Behinderungen.

    Ich hätte stundenweise Anrecht auf Doppelbesetzung mit einer Förderschulleherin gehabt, aber leider leider war dann Kollege XY krank, und da machte die Fachkraft dann Vertretung - denn "Sie wollen doch nicht, dass eine Klasse ohne Unterricht bleibt, gelle !" - O- Ton.
    Nein, will ich selbstverständlich nicht .......

    Das ist immer auch ein organisatorisches Problem einer Schule, das kenne ich selber. Es gibt leider auch in vielen Kollegien oft nicht genug Unterstützung für Inklusion

    Ich ärgere mich, wenn man unter diesen Umständen die Schuld bei den Lehrerinnen sucht . Am liebsten würde ich Politiker einladen, mal in solch eine Schule im sozialen Brennpunkt zu kommen - und zu unterrichten.

    Nicht bei dir, aber leider gibt es sehr viele, die am liebsten nur am Gymnasium ohne Inklusion unterrichten würden.
    Es wird unheimlich viel Geld in das Fördersystem gesteckt, würde dies alles in die Inklusion investiert, wäre man wesentlich weiter.

  • ... Es wird unheimlich viel Geld in das Fördersystem gesteckt, würde dies alles in die Inklusion investiert, wäre man wesentlich weiter.

    Glaub ich nicht.
    Ich hab das weiter oben oder in einem anderen Thread geschrieben: die Lehrer-Schüler-Quote ist rund 3—5 mal zu hoch.
    Das ist für alle schlicht nicht finanzierbar.
    ETA: ich beziehe mich darauf, wo es mit meinem Sohn "läuft". Das dann hochgerechnet.

    Einmal editiert, zuletzt von shnoing (17. Februar 2020 um 19:30)

  • Ich hab das weiter oben oder in einem anderen Thread geschrieben: die Lehrer-Schüler-Quote ist rund 3—5 mal zu hoch.
    Das ist für alle schlicht nicht finanzierbar.
    ETA: ich beziehe mich darauf, wo es mit meinem Sohn "läuft". Das dann hochgerechnet.

    Das sehe ich genau anders herum, es kommt schon immer auf den einzelnen Lehrer an wie sie die Kinder mitnehmen im Unterricht. Ich habe es durchaus schon erlebt, dass es auch zu viele Personen sein können, z.B. wenn mehrere Kinder einen I-Helfer im Unterricht haben ihn aber nicht benötigen. Diese Helfer könnte man vielleicht in anderen Klassen gebrauchen, darf dies aber aus rechtlichen Gründen nicht...

  • Nicht bei dir, aber leider gibt es sehr viele, die am liebsten nur am Gymnasium ohne Inklusion unterrichten würden.

    Gymnasium ist ein anderes Studium ; wenn ich da unterrichten möchte, hätte ich anders studieren müssen. Ich bin Grund- und Hauptschullehrerin . Man kann sich den Schultyp nicht eben mal aussuchen.

    "Autismusdiagnose - Potius sero quam numquam.
    ( Lieber spät als nie.) "
    :irony:

  • Gymnasium ist ein anderes Studium ; wenn ich da unterrichten möchte, hätte ich anders studieren müssen. Ich bin Grund- und Hauptschullehrerin . Man kann sich den Schultyp nicht eben mal aussuchen.

    Ich bin auch Grundschullehrerin, aber man sucht sich schon am Anfang des Studiums seine Fachrichtung aus. Ich meine am Gymnasium unterrichten oft die, die am wenigsten die Inklusion befürworten

  • Ich bin auch Grundschullehrerin, aber man sucht sich schon am Anfang des Studiums seine Fachrichtung aus. Ich meine am Gymnasium unterrichten oft die, die am wenigsten die Inklusion befürworten

    Das ist freilich richtig ; und sie bekommen das meiste Gehalt, die "pflegeleichtesten" Schüler, die besten Lernbedingungen auch von der Ausstattung her........
    aber es sind natürlich Leute, die vorwiegend ihre Fächer und weniger Pädagogik studiert haben.

    "Autismusdiagnose - Potius sero quam numquam.
    ( Lieber spät als nie.) "
    :irony:

  • ... Ich habe es durchaus schon erlebt, dass es auch zu viele Personen sein können, z.B. wenn mehrere Kinder einen I-Helfer im Unterricht haben ihn aber nicht benötigen. Diese Helfer könnte man vielleicht in anderen Klassen gebrauchen, darf dies aber aus rechtlichen Gründen nicht...

    ich meinte schon, dass man mit drei Lehrpersonen 3 Gruppen à 8 macht, und nicht eine Gruppe mit 3 auf 24.

  • ich meinte schon, dass man mit drei Lehrpersonen 3 Gruppen à 8 macht, und nicht eine Gruppe mit 3 auf 24.

    I-Helfer dürfen keine pädagogischen Aufgaben des Lehrers übernehmen, sondern ausschließlich Anleitung, Pflege, Strukturierung für das jeweilige Kind. Oft werden sie quasi als Hilfslehrer genutzt, was eigentlich verboten ist.
    Es gibt leider in Deutschland keine "Assistent Teacher" wie etwa in England. Das wäre sicherlich eine große Hilfe für die Inklusion

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