Auting am Arbeitsplatz

  • Habt ihr euch am Arbeitsplatz als Autist zu erkennen gegeben? 87

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    Hallo,

    das ist ein Thema, was mich schon länger beschäftigt und womit ich auf keinen grünen Zweig komme (RW). Ich würde gerne über meine Freizeit auch etwas freier über meine Einschränkungen sprechen, da mir das wichtig ist im persönlichen Umfeld. Jedoch muss ich um ein Auting am Arbeitsplatz zu vermeiden immer aufpassen, dass dort niemand etwas bemerken kann.

    Bisher hat mein Verhalten dort, wenn auch seltsam und manchmal Recht auffällig, keinen Anstoß erregt und ich bin gut integriert und akzeptiert.

    Natürlich ist das eine Entscheidung die ich alleine treffen muss, aber mich würde interessieren, wie ihr euch entschieden habt und warum:

  • Zunächst nur gegenüber dem Chef, später habe ich es noch zwei Kollegen im Lauf der Zeit erzählt, das war aber erst ein paar Jahre später. Ich habe beruflich nicht mehr viel zu verlieren, daher ist es mir mittlerweile egal, wer es weiß und wie derjenige darüber denkt. Ich will mich nicht mehr verstecken müssen. Da ich es anfangs nur dem Chef gesagt habe, habe ich so abgestimmt.

    Historisch gesehen waren die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Genozid oder Sklaverei nicht das Ergebnis von Ungehorsam, sondern von Gehorsam.
    (Howard Zinn)

  • Mein Chef weiß es schon aufgrund des SBA. Inwieweit diejenigen, die in unserem Hause mit der Weiterleitung der Unterlagen an die Zentrale betraut waren, etwas von der Diagnose wissen, kann ich nicht sagen. Forcieren würde ich ein Auting in meinem Fall erstmal nicht.

  • Ich wüsste auch nicht recht, wie ich damit umgehen sollte. Bei mir steht die Diagnose ja noch aus und aktuell habe ich einen Job, bei dem ich keine Restriktionen zu erwarten habe, wenn ich mich gebe, wie ich bin. In der Vergangenheit war es jedoch so, dass ich mir oft Vorwürfe anhören müsste, ich wäre so oder so, obwohl ich mir meiner Fehltritte gar nicht bewusst war. Das war sehr anstrengend für mich und trieb mich mehr und mehr in die berufliche Isolation, da ich mich nicht ständig der Kritik aussetzen wollte, ich würde mich nicht angemessen integrieren, interessieren, zu direkt sein und was weiß ich noch alles. Manchmal frage ich mich, ob es etwas geändert hätte, wenn mein Umfeld besser über mich Bescheid gewusst hätte und sich einen Reim auf mein Verhalten hätte machen können, anstatt mich in die "Sonderling"- und "Eigenbrödler"-Schublade zu stecken. :|

    "Leute mit (...) Charakter sind den anderen Leuten immer sehr unheimlich." - Hermann Hesse

  • Die Uni muss es derzeit nicht wissen, weil ich sowieso zu Hause arbeite. Der Kollege, mit dem ich viel zusammenarbeite, weiß Bescheid - deshalb habe ich "auch Kollegen" angekreuzt, obwohl "nur Kollegen" richtig wäre. Evtl. werde ich beim nächsten Projekt allerdings die Diagnose ggü. Uni und DFG offenlegen müssen, um auf Teilzeit gehen zu können.

  • Absgestimmt hab ich jetzt nichts, weil ich ja noch keine Diagnose habe. Allerdings wissen beide Chefinnen von dem Verdacht, sie begleiten mich seit 5 Jahren in meiner Entwicklung und bekommen einiges mit, weswegen ich da relativ offen bin. Zumal ich schlecht darin bin, wegen der Diagnostiktermine auf der Arbeit zu lügen bzw. dann ein mega schlechtes Gewissen hätte. Also habe ich gesagt was Sache ist und konnte dann eben die Termine im Dienstplan gut unterbekommen. Je nachdem was in 4 Wochen rauskommt bei der Diagnostik, ist mein Plan allerdings meinem aktuellen Arbeitgeber die Diagnose durchzugeben, weil ich mir dadurch einen Arbeitsstellenwechsel erhoffe. Sollte ich allerdings meinen Plan B durchziehen und mich dazu durchringen mich anderweitig zu bewerben, würde ich dem neuen Arbeitgeber vorerst nichts davon sagen.

  • Bei mir wissen es nur vier Kollegen (habe aber für "auch Kollegen" gestimmt, obwohl es nur Kollegen sind). Mit allen Vieren habe ich auch privat Kontakt, daher habe ich sie ausgewählt.
    Angesprochen wurde das Thema seitdem eigentlich nicht mehr. Ich habe aber auch aktuell keine Probleme beim Arbeiten, die groß auffallen. Um die allgemeine Situation zu bessern, müsste ich mit meinem Abteilungsleiter auf der Arbeit und meinem Schulleiter (mache ja gerade eine Ausbildung) sprechen. Das traue ich mich aber nicht, obwohl es vielleicht sogar Verständnis auf beiden Seiten schaffen würde.
    Sollte ich nach meiner Ausbildung übernommen werden, dann bessert sich die Situation für mich vielleicht von alleine. Je nach dem in welchen Bereich ich dann komme. Aber das ist sowieso von verfügbaren Plätzen abhängig und nicht vom Outing.
    Ich bin sehr hin und hergerissen. Bei den Kollegen hatte ich zwei sehr positive und zwei eher negative Erfahrungen gemacht.

  • Nein, ich habe auf der Arbeit aber ständig Angst, dass rauskommen könnte, dass mit mir was nicht stimmt.
    Ich fühle mich wie ein Spion oder jemand mit einem schlimmen Geheimnis, der das verstecken muss. Bei fast allen Themen, über die Smalltalk gehalten wird (Freizeitgestaltung, Hobbys, Urlaub, Familie) habe ich Angst, dass auffällt, dass ich anders bin. Bei jedem Meeting, jeder Feier, jedem Witz, den jemand macht.

    Mich zu outen, ist aber keine Option für mich. Außerdem wüsste ich nicht, was genau ich dann sagen soll. Ich habe Depressionen, Ängste, autistische und schizoide Anteile. Ich möchte dann auch nicht als die „psychisch Kranke/Bemitleidenswerte“ gelten. Wenn ich einen anderen Job hätte (eher im Hintergrund und irgendwas mit IT), würde ich vielleicht eher darüber sprechen. Aber generell ist das schon meine größte Angst, dass sowas auf der Arbeit rauskommt.

  • Ich kann da so nicht mit abstimmen, weil nichts auf mich passt.

    Meine Arbeitgeberin weiß es nicht und soll es auch nicht erfahren, weil ich Nachteile befürchte, da sie schon zweimal versucht hat, mich raus zu mobben bzw. bossen.

    Die stellvertretende Leitung weiß Bescheid, mit ihr verstehe ich mich sehr gut, sie ist sozusagen meine "inoffizielle Integrationskraft", da sie mir vieles erleichtert und abfedert. Das war sie schon immer auch vor der Diagnose. Sie ist mein rettender Engel, ohne sie wäre ich dort nicht mehr beschäftigt. Dann wäre es meiner Chefin nämlich wahrscheinlich schon gelungen, mir zu kündigen oder mich sonstwie raus zu drängen..... x(

    Immer wenn mir jemand sagt ich wäre nicht gesellschaftsfähig, werfe ich einen Blick auf die Gesellschaft und bin sehr erleichtert...... :d

  • Einem Kollegen hab ich davon erzählt, weil er über längere Zeit mein Praxisvermittler war. Einem Ausbilder gegenüber habe ich mich wenig später auch geoutet. Der Oberausbilder ist von selber drauf gekommen :oops:

    Der Praxisvermittler hat mit mir zusammen Atypical angeschaut, der Ausbilder sagte, es ist ein Vorteil für den Beruf und der Oberausbilder denkt zumindest nicht, dass es ein Nachteil ist.

    Ich bin, also denke ich.

  • Ich arbeite bei Auticon, das macht es recht einfach, denn alle sind Autisten. Ich habe es aber auch meinem alten Chef gesagt, als ich die Diagnose erhalten und dort gekündigt habe. Auch meine Familie und Freunde wissen bescheid. Ich bin da bisher sehr offen mit umgegangen und habe auch noch kein schlechtes Feedback oder Nachteile erfahren. Und auf der Arbeit ist Autismus ohnehin jeden Tag ein Thema.

  • Ich habe mit "Nein" gestimmt, weil das - wie auch meine sexuelle oder spirituelle Orientierung - nicht jeden was angeht.

    Andererseits ist das eine Eigenschaft und kein Geheimnis. Wo es sich ergibt, teile ich mich mit...

    equo ne credite

  • Ich würde mich niemals outen . Ich bin zwar ein komischer Vogel, ein Exot auf der Arbeit, aber in meiner Position und Aufgabe ist das passend und vorteilhaft. Ich habe genug Kraft, um die extremen autistischen Macken zu überspielen.

    Nun habe ich aber auch den Vorteil, dass mein Arbeitsumfeld von mir selbst gestaltet wird. Andere müssen sich mir anpassen, sofern sie mit mir zu tun haben :d

  • Ich habe mich bei der Personaltante geoutet. Inwieweit sie diese Information an meine Vorgesetzten weitergegeben hat, weiß ich nicht, aber ich denke mal das mein Teamleiter und der Abteilungsleiter Bescheid wissen. Mir ist das recht. Ich möchte damit verhindern, dass sie mir Aufgaben zuweisen, die mich überfordern. Meinen Kollegen habe ich dagegen nichts gesagt, weil mir das zu persönlich wäre. Die könnten z. B. Fragen stellen.

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    Glaub nicht alles, was du denkst.
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