Abneigung gegen Besuch in der eigenen Wohnung

  • Hallo, wie bereits im Titel beschrieben habe ich eine große Abneigung gegen Besuch in der eigenen Wohnung. Es gibt ein paar Ausnahmen (ganz enge Freunde), ansonsten kann ich damit überhaupt nicht umgehen.
    Es fühlt sich so an, als würden die Menschen in eine viel zu private Zone eindringen und das Gefühl meines geborgenen Zuhauses zerstören. Die Vorstellung daran, wie sie ihre Jacke aufhängen, alle möglichen Stellen berühren, sich auf meine Stühle setzen, mein Bad benutzen (besonders schlimm), sich alles genau angucken usw. ist einfach unerträglich. Selbst wenn sie weg sind, bleiben gefühlt überall Rückstände von ihnen als hätten sie mein Zuhause beschmutzt und alles fühlt sich so „angetascht“ an.
    Leider wohne ich nun mit meinem Freund zusammen und er redet immer wieder davon, bald seine Freunde einzuladen. Ich habe nichts gegen sie, aber komm damit einfach nicht klar. Sowas kann man ja aber auch nicht wirklich ansprechen, ohne noch merkwürdiger rüberzukönnen, als man es so schon tut. Kennt ihr das Gefühl und was würdet ihr tun?

  • Zitat von porridgequeen

    Leider wohne ich nun mit meinem Freund zusammen

    Warum bist du diesen Schritt dann gegangen?

    Das Gefühl selber kenne ich auch, allerdings nicht in dem Ausmaß. Ich versuchte bisher immer nur, den Leuten aus dem Weg zu gehen.

  • Kennt ihr das Gefühl und was würdet ihr tun?

    Ich habe Probleme damit, dass meine Wohnung dann stundenlang, teilweise tagelang nach anderen Menschen riecht.
    Deshalb nutze ich dann hinterher Räucherkerzen.

    Ich würde mit meinem Freund reden, da er mich liebt und wissen will, was mich bedrückt.

    Vermutlich würde ich für die Zeit woanders hin gehen. Und hinterher meine Wohnung wieder entduften.

  • Kennt ihr das Gefühl und was würdet ihr tun?

    Ich kenne das Gefühl zwar überhaupt nicht - bei mir ist es eher umgekehrt, lieber die Leute bei mir, auf eigenem Territorium, da fühle ich mich souveräner als bei anderen zu Hause - kann aber vielleicht eine Idee liefern: ist diese Aversion auch dann da, wenn Du nicht dabei bist? Wenn nicht, könntest Du zuerst mal Deinen Freund fragen, wie wichtig es ihm ist, dass Du dabei bist - die kleine Notlüge, dass Du kurzfristig verhindert bist, wird er dann ja wohl anbringen können. Oder Du bist anfangs dabei, begrüßt die Gäste, und dann kommt "ganz überraschend" ein Anruf, der Dich "leider, leider" zum Gehen zwingt. Lässt sich natürlich beliebig variieren, je nachdem, was Du dann als externen Rückzugsort hast - ein Treffen mit einer Freundin vor Ort, ein Besuch bei der Familie oder was auch immer. Schwierig wird es natürlich, wenn Du selbst den Gedanken nicht erträgst, dass Fremde in Deiner Wohnung sind, während Du abwesend bist.

  • Danke für die Ideen! Aber nicht dabei zu sein, wäre für mich persönlich noch schlimmer - dann hätte ich überhaupt keine Kontrolle, wüsste nicht, was genau sie angefasst haben und was ich daher gleich sauber machen will.... :-(

  • Puh, das verkompliziert die Lage

    Sowas kann man ja aber auch nicht wirklich ansprechen, ohne noch merkwürdiger rüberzukönnen, als man es so schon tut

    Da stellt sich dann die Frage: wie merkwürdig kommst Du denn rüber? So, dass Dein Freund Dich trotzdem liebt - oder eher so, dass er Dich auch deshalb liebt? Im zweiten Fall sollte es kein Problem sein, im ersten natürlich schon.

  • Kennt ihr das Gefühl und was würdet ihr tun?

    Ich würde sein Bedürfnis akzeptieren, aber gleichzeitig erwarten, dass er deine Sorgen ernst nimmt und zu Kompromissen bereit ist.


    Inwiefern spielt es für dich denn eine Rolle, wie sich die Gäste vor Ort verhalten? Also wäre z.B. auch eine Person, die sehr bedächtig und vornehm auftritt, bei der man höchstens von "berühren" aber nicht von "antatschen" (deine Worte) sprechen kann, dir in der Wohnung zu viel? Oder fürchtest du vor allem so "Trampeltiere" (und solche gibt es), die ihre Spuren in der Wohnung hinterlassen, "antatschen", sie auch atmosphärisch "verderben"?

    Wäre zudem ein Kompromiss, dass dein Freund sich bereit erklärt, die Wohnung danach nach deinen Vorstellungen zu reinigen? Er also etwas mehr säubern muss, als nach "normalen Maßstäben", dafür aber die Chance hat, Leute einzuladen?


    sich alles genau angucken usw. ist einfach unerträglich

    Und diesbezüglich: Ihn darum bitten, dass er keine "Wohnungsführung" gibt, sondern gezielt z.B. zu Tisch bittet und dort den Besuch ablaufen lässt?

  • HCS: Also ich meinte seinen Freunden gegenüber merkwürdig, weil man dann ja theoretisch sagen müsste "Ihr könnt leider doch nicht vorbeikommen, weil meine Freundin das nicht mag." Im sozialen Bereich komme ich vermutlich merkwürdig rüber, weil ich
    - meine paar Freunde nur in größeren Abständen sehe, das aber vollkommen in Ordnung finde
    - von den Planungen, mit seinen (vielen) Freunden etwas zu unternehmen nie wirklich begeistert bin, sondern es einfach apathisch hinnehme und mitgehe
    - mich dort dann möglichst unauffällig verhalte, aber schon etwas anders wirke, wenn ich den (meiner Meinung nach) oberflächlichen Gesprächen der anderen Mädels nur semi-aufmerksam folge
    - dazu tendiere, in jeder Runde tiefergreifende Themen zu beginnen, obwohl Smalltalk wohl eher angebracht wäre
    - mich in der Gesellschaft der meisten Menschen einfach nicht wirklich wohlfühle, weil ich sie "anders" und ihr Denken "fremd" empfinde.
    Er merkt das alles, akzeptiert es auch irgenwie. Aber das mit dem Besuch wäre dann bestimmt zu viel und seine Freunde, die sicherlich etwas von all dem merken, werden mich dann erst recht komisch finden. Das wäre mir normalerweise echt egal, aber aufgrund der Beziehung hinderlich. Über meinen Aspie-Verdacht und die bevorstehende Diagnose habe und werde ich mit ihm nicht reden.

    Willowtree: Deine Sichtweise klingt sehr fair. Für mich kommt beides auf´s Gleiche hinaus - sobald ich zu jemandem keinen Draht spüre, empfinde ich seine Anwesenheit in meiner Wohnung als "eklig". Objektiv betrachtet werden aber wahrscheinlich beide Arten von Besuchern vertreten sein. Oh Gott, auch das ginge gar nicht. Dann weiß ich nicht, ob auch alles wirklich sauber ist. Ich muss alles immer auf eine ganz bestimmte Art und Weise machen, ansonsten werde ich unruhig. Aus diesem Grund kümmere ich mich freiwillig um den gesamten Haushalt. Anscheinend bin ich echt kompliziert...

    Einmal editiert, zuletzt von porridgequeen (10. Januar 2020 um 20:43)

  • Ich mag auch nicht gerne Leute in meiner Wohnung haben und fühle mich sehr gestreßt wenn selten mal Besuch kommt. Zum Glück geht es meinem Freund auch so.

    Meiner Meinung nach ist es auch schwer möglich mit einer Person zusammen zu leben, wo man das Gefühl hat, seine (ja anscheinend gravierenden) Probleme nicht offen ansprechen zu können. Ich würde das jedenfalls nicht lange aushalten. Mein Ansatz wäre da auf jeden Fall ehrlich zu sein, weil ich es eh nicht lange verstecken könnte und dann sprech ich so Dinge lieber ruhig an bevor es zu spät ist.

    Ich würde auch vorschlsgen, dir zu überlegen, ob du vielleicht Bereiche in der Wohnung schaffen kannst, die für Besucher tabu sind und wo du z.B. Gegenstände hinstellen kannst, die nicht "amgetatscht" werden dürfen. Das würde dir zumindest etwas Kontrolle zurückgeben.
    Beim Bad geht das natürlich schlecht. Man kann Gästen ja kaum einen Eimer hinstellen :d

    Einmal editiert, zuletzt von Shaluna (10. Januar 2020 um 21:19)

  • Shaluna: Da hast du wirklich Glück! Über die Sache mit dem Bereich als Notlösung habe ich auch schon nachgedacht. Am liebsten würde ich einen extra Seifenspender, extra Handtücher, extra Geschirr etc. kaufen, das alles dann vor dem Besuch in der Wohnung verteilen und hinterher wieder umtauschen. Aber dann muss mich mein Partner ja für völlig irre halten. :d Das Bad kann man halt nur komplett desinfizieren... :oops:

  • Sowas kann man ja aber auch nicht wirklich ansprechen, ohne noch merkwürdiger rüberzukönnen, als man es so schon tut. Kennt ihr das Gefühl und was würdet ihr tun?

    Gerade wenn man mit jemandem zusammenwoht, also den intimsten Bereich, den Rückzugsort teilt - sollten diese Themen angesprochen werden.
    Ich habe auch mehrere Jahre gedacht wie du, sogar als ich bereits verheiratet war. Erst als ich solche Probleme ausgesprochen hatte konnte ich mich freier fühlen, erstmals in den eigenen Wänden ICH sein. Falls dies vom Mitbewohner nicht akzeptiert werden kann, bzw. kein für beide Seiten akzeptabler Kompromiss gefunden werden kann:

    Warum bist du diesen Schritt dann gegangen?

    Stelle dir die Frage, was dir wichtiger ist...

  • Ich habe das Problem nicht.

    Aber ich würde niemanden zu mir einladen, wenn mein Mann mir sagen würde, dass das so ein Problem für ihn wär. Man kann sich ja mit Freunden woanders treffen. Und wer das komisch fänd, würde eh nicht zu mir passen.


    Ich hätte kein Problem damit, jemanden nicht besuchen zu können.

  • Ich habe das Problem auch nicht. Die wenigen Menschen, die ich zu mir nach Hause einlade, mag ich sehr gern und habe sie auch gern in meiner Wohnung. Und ich kann auch anderen Besuch verkraften, wenn er sich nicht völlig unmöglich verhält (Bad vollpissen oder so etwas.)

    Aber ich würde niemanden zu mir einladen, wenn mein Mann mir sagen würde, dass das so ein Problem für ihn wär.

    Das könnte ich nicht. Also Rücksicht nehmen, klar. Wenig Besuch, selten, alles okay, aber wenn ich nie wieder einen Freund zu mir einladen könnte, wäre das für mich ein Problem. Zum Glück besteht das für mich nicht.

    Aber ich denke, dass offene Kommunikation wichtig ist. Wie lange wohnt ihr denn überhaupt schon zusammen?

    "Auf der Metaebene lässt sich Abstand gewinnen zum Geschehen. [...] Und dabei zeigt sich, dass es andere Perspektiven, andere Erlebensweisen und viel mehr Möglichkeiten für Lösungen gibt, als sich der Mensch in seiner alten kleinen Welt hatte träumen lassen." (Brit Wilczek)

  • Zitat von Chch

    Aber ich würde niemanden zu mir einladen, wenn mein Mann mir sagen würde, dass das so ein Problem für ihn wär. Man kann sich ja mit Freunden woanders treffen. Und wer das komisch fänd, würde eh nicht zu mir passen.

    Das sehe ich ähnlich.

  • Das verstehe ich nicht. Es las sich für mich so, als ob sie es eigentlich nicht wollte.

    Da habe ich mich unzureichend ausgedrückt: Ich meinte mit wichtiger:
    Lieber verstecken, nicht kommunizieren und in der eigenen Wohnung gefangen sein - klar kommunizieren und Lebensqualität gewinnen - oder doch lieber alleine wohnen, weil der Mitbewohner es nicht akzeptieren will / kann.

    Kommunikation ist in einer Beziehung das wichtigste, noch dazu wenn die eigenen Bedürfnisse so weit auseinander liegen (meine Meinung)

  • Ich habe es grundsätzlich lieber, Leute kommen zu mir als ich zu ihnen. Grund: Ich kann zwischendurch immer wieder mal in die Küche, in den Keller für Getränkenachschub und mit so kleine Pausen verschaffen. Mit der Hygiene (Fremde beführen Dinge in meinem Badezimmer) habe ich kein Problem.

    In meiner Beziehung war es lange ein kleiner Konflikt. Hatte meine Frau Kolleginnen / Freundinnen eingeladen, also Leute, die nicht zum gemeinsamen Bekannten- oder Freundeskreis gehören, dann wollte sie trotzdem möglichst viel Präsenz von mir, gegen die ich mich wehrte und wehre, nach der Diagnose auch erfolgreicher. Wir haben uns da zusammengerauft (Beziehung ist nicht immer einfach), und so wie ich meine Bedürfnisse nach wenig sozialem Trubel durchsetze, anerkenne ich auch ihre, ihren Partner nicht zu verbergen.

    "Ich kämpfe nicht, ich behaupte mich." - "Ich will nicht siegen, ich will sein." (Georg Kaiser)

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