allgemeine diagnostische Abklärung beim Psychiater - Angst, dass ich meine Probleme nicht verständlich machen kann

  • Ich schrieb an anderer Stelle schon, dass ich nächste Woche einen Termin bei einem Psychiater zu einer allgemeinen diagnostischen Abklärung habe.

    Ich habe 3 A4-Seiten zusammen geschrieben für diesen Termin und habe dann die m.E. grundlegenden Themen daraus abstrahiert.

    Jetzt zweifle ich aber schon wieder, ob ich wirklich in der Lage sein werde, das Wesentliche herüber zu bringen bzw. denke ich jetzt schon wieder, dass ich gar nicht weiß, was das Wesentliche ist.

    In meinem Kopf herrscht Chaos und ich kriege es nicht hin, wenige grundlegende Probleme zu benennen. Ich habe im Sinn: kein Zeitgefühl und Exekutive Dysfunktion, dadurch fast unmöglich, Ziele zu verfolgen und immer wieder Probleme im Alltag - Veränderungs- und Verlustängste - kein Orientierungssinn, was auch Ängste auslöst - existentielle Ängste wegen weniger sozialer Bindungen auf Grund von Problemen mit der sozialen Interaktion - wegen letzterem auch keinen Mut, berufliche Veränderung anzugehen, da dies mit viel sozialer Interaktion verbunden

    Das sind ein paar Punkte, aber ich habe das Gefühl, dass ich trotzdem nicht an den Kern komme. Der Kern war meiner Ansicht nach eine autistische Störung, was ja aber ausgeschlossen wurde.

    Ich habe diesen Termin jetzt vor mir und habe so große Angst, dass der Psychiater mich nicht richtig verstehen und nicht herausfinden wird, was mit mir los ist und dass ich alles auch wieder nicht adäquat rüberbringen kann.

    Wäre ich ein "normaler" Mensch mit einer Depression, dann ginge ich dahin, würde erzählen, was los ist, der Psychiater würde erkennen: ah, Depression.

    Aber bei mir ist ALLES so anders und wo soll ich da anfangen? Soll ich erzählen, dass ich nie einen Kinderwunsch hatte? Soll ich erzählen, dass ich mich immer sehr freue, wenn ich anderen helfen kann, dass das aber leider nicht oft der Fall ist, weil ich so unpraktisch bin und nicht "im Leben stehe" wie andere? Soll ich erzählen, dass ich nicht weiß, was ich im Leben soll, gleichzeitig aber jauchze und fast vom Sofa springe, wenn ich kinetischen Sand schneide?

    Versteht ihr, was ich meine? Ich habe keine Ahnung, wie das alles zusammen zu bringen ist, damit der Arzt herausfinden kann, was mit mir ist (ob z.B. eine Persönlichkeitsstörung vorliegt).

    Was ich mir vorgenommen habe, ist, ihn gleich am Anfang zu fragen, ob er einen zweiten Termin mit mir vereinbaren wird, falls der eine Termin nicht ausreicht.

  • Das sind ein paar Punkte, aber ich habe das Gefühl, dass ich trotzdem nicht an den Kern komme. Der Kern war meiner Ansicht nach eine autistische Störung, was ja aber ausgeschlossen wurde.

    Dann orientiere dich bei der Beschreibung vielleicht trotzdem an den autistischen Symptomen. Sag, was deiner Meinung nach dazu "passt", und sag, was evtl. nicht passt. Nicht in der Absicht, diese Diagnose nun unbedingt doch zu kriegen, sondern einfach, um ein "Gerüst" zu haben, an dem du dich orientieren kannst.

    "He that can take rest is greater than he that can take cities." ~ Benjamin Franklin

    Ich hab mehr Spielwiesenbeiträge als du!

  • Jetzt zweifle ich aber schon wieder, ob ich wirklich in der Lage sein werde, das Wesentliche herüber zu bringen bzw. denke ich jetzt schon wieder, dass ich gar nicht weiß, was das Wesentliche ist.

    Das wäre vielleicht der richtige Einstieg. Also sagen, dass du versucht hast deine Hauptprobleme zu verschriftlichen, nun aber gar nicht mehr weißt, ob es das Wesentliche ist, womit du dich bereits bei einem Kernproblem befindest. Frag ihn, ob er die Seiten mit dir Stück für Stück durchgehen kann oder ob er einen besseren Vorschlag hat. Da sollte sich schnell zeigen, ob er sich auf dich einstellen kann und ihr eine Arbeitsgrundlage findet.

    "Auf der Metaebene lässt sich Abstand gewinnen zum Geschehen. [...] Und dabei zeigt sich, dass es andere Perspektiven, andere Erlebensweisen und viel mehr Möglichkeiten für Lösungen gibt, als sich der Mensch in seiner alten kleinen Welt hatte träumen lassen." (Brit Wilczek)

  • @Abendstern Danke! Ich hab mir auch das Gutachten von dem ersten Arzt, bei dem ich zur Diagnostik war, heute nochmal durchgelesen und hab die Testergebnisse angekreuzt, die für Autismus sprechen. Z.B. ergaben die Tests und Fragen einen "deutlichen Schwachpunkt", was das Deuten von Gesichtsausdrücken angeht und bei der Empathie, außerdem schrieb er "Während der Bildbeschreibung zeigte sie wenige Einsichten in soziale Zusammenhänge", "Außerdem kodierte sie hoch in dem Toronto-Alexithymie-Fragebogen", "Ebenfalls wurden idiomatische Redewendungen durchgesprochen. Hierbei fiel auf, dass sie sich bei einigen mit der Sinnerfassung schwertat oder sie konkret verstand."

    Er hatte insgesamt 5 Punkte "vergeben" (also die Auswertung ergab 5 Punkte), 7 Punkte seien der erforderliche Wert für eine Autismusdiagnose.
    (Es fehlten die stereotypen Verhaltensweisen.)

    Bei der Ambulanz, wo ich dann die zweite Diagnostik durchlief, kamen 0 Punkte raus!

    Ich werd ihm den Werdegang (von der ADS-Diagnose damals bis zur zweiten AS-Diagnostik) benennen, da wird er ja schon erkennen können, warum ich so verunsichert bin, hoffe ich.

    Also gut, dann stelle ich meinen Eigenverdacht ins Zentrum des Gesprächs. Im Grunde müsste ich darauf vertrauen können, dass er als Fachmann schon weiß, wie er mit dem, was ich erzähle, umgehe bzw. wie er es einschätzt und was evtl. an Tests zu veranlassen ist. Ich habe dieses Vertrauen leider nicht und ich hab auch Angst, dass ich ihn zu viel zutexte und ihm gar keine Zeit gebe, das, was ich alles erzähle, zu verarbeiten. Vielleicht sag ich ihm auch gleich, dass er mich zwischendurch deutlich auffordern muss, mit dem Reden innezuhalten.

    Einmal editiert, zuletzt von Lefty (10. November 2019 um 19:23)

  • Kennt sich der Psychiater mit ASS aus?

    Der Neurologe/Psychiater, der sich um meine ADS kümmert, wehrte gleich ab mit „Sie kommunizieren viel zu gut“.
    Damit war das Thema erledigt.

    Der Autismustherapeut bescheinigte mir ebenfalls Eloquenz, trotzdem bekam ich von ihm die AS Diagnose.

  • @Eva39 Es ist kein auf irgendeine Störung spezialisierter Facharzt, ich wollte extra zu einem "normalen", damit der ganz ohne "Spezialisten-Brille" auf mich schaut, falls halt doch was ganz anderes vorliegt.
    Ich weiß nicht, ob das die richtige Entscheidung war, aber es ist wenigstens erstmal irgendein Schritt, den ich unternehme.

  • @Abendstern Danke! Ich hab mir auch das Gutachten von dem ersten Arzt, bei dem ich zur Diagnostik war, heute nochmal durchgelesen und hab die Testergebnisse angekreuzt, die für Autismus sprechen. Z.B. ergaben die Tests und Fragen einen "deutlichen Schwachpunkt", was das Deuten von Gesichtsausdrücken angeht und bei der Empathie, außerdem schrieb er "Während der Bildbeschreibung zeigte sie wenige Einsichten in soziale Zusammenhänge", "Außerdem kodierte sie hoch in dem Toronto-Alexithymie-Fragebogen", "Ebenfalls wurden idiomatische Redewendungen durchgesprochen. Hierbei fiel auf, dass sie sich bei einigen mit der Sinnerfassung schwertat oder sie konkret verstand."

    Er hatte insgesamt 5 Punkte "vergeben" (also die Auswertung ergab 5 Punkte), 7 Punkte seien der erforderliche Wert für eine Autismusdiagnose.
    (Es fehlten die stereotypen Verhaltensweisen.)

    Bei der Ambulanz, wo ich dann die zweite Diagnostik durchlief, kamen 0 Punkte raus!

    Ich werd ihm den Werdegang (von der ADS-Diagnose damals bis zur zweiten AS-Diagnostik) benennen, da wird er ja schon erkennen können, warum ich so verunsichert bin, hoffe ich.

    Also gut, dann stelle ich meinen Eigenverdacht ins Zentrum des Gesprächs. Im Grunde müsste ich darauf vertrauen können, dass er als Fachmann schon weiß, wie er mit dem, was ich erzähle, umgehe bzw. wie er es einschätzt und was evtl. an Tests zu veranlassen ist. Ich habe dieses Vertrauen leider nicht und ich hab auch Angst, dass ich ihn zu viel zutexte und ihm gar keine Zeit gebe, das, was ich alles erzähle, zu verarbeiten. Vielleicht sag ich ihm auch gleich, dass er mich zwischendurch deutlich auffordern muss, mit dem Reden innezuhalten.

    Freue dich doch,dass Autismus ausgeschlossen wurde... Sogar wie ich es aus deinen Zeilen entnehmen konnte, 2 Mal. Warum willst du unbedingt eine autistische Störung haben? :question:

    Sei doch froh, wenn es was anderes ist ,was man heilen kann...

  • @Niklas22 Wenn man aber doch nicht weiß, was man "hat", wie soll man dann geheilt werden? Ich hab übrigens eine ADS-Diagnose, und ADS ist auch nicht heilbar.

    Eine Grundsatzdiskussion darüber, warum man eine Autistische Störung "haben will", möchte ich hier jetzt auch gar nicht führen. Ich hab ein konkretes Problem geschildert. Es kamen ja auch schon hilfreiche Antworten.

  • @Niklas22 Wenn man aber doch nicht weiß, was man "hat", wie soll man dann geheilt werden? Ich hab übrigens eine ADS-Diagnose, und ADS ist auch nicht heilbar.

    Eine Grundsatzdiskussion darüber, warum man eine Autistische Störung "haben will", möchte ich hier jetzt auch gar nicht führen. Ich hab ein konkretes Problem geschildert. Es kamen ja auch schon hilfreiche Antworten.

    ich glaube dir , dass du Probleme hast. Deswegen bist du ja beim Psychiater... Aber es gibt auch viele Störungen oder Krankheiten, die man im Erwachsenenalter mit Autismus verwechseln kann.

  • Ich möchte nichts sagen aber möglicherweise ist es bei dir eine soziale Angststörung mit einer leichten Zwangsstörung. Dazu noch vielleicht autistische Züge...

    Um so eine Aussage (oder etwas Vergleichbares) zu bekommen, geht sie ja gerade dorthin. ;)

    Mein Kommentar zielte ja auch nicht darauf ab, unbedingt eine Autismus-Diagnose zu bekommen, sondern diente in erster Linie als Gesprächshilfe.

    "He that can take rest is greater than he that can take cities." ~ Benjamin Franklin

    Ich hab mehr Spielwiesenbeiträge als du!

  • Kennt sich der Psychiater mit ASS aus?

    Der Neurologe/Psychiater, der sich um meine ADS kümmert, wehrte gleich ab mit „Sie kommunizieren viel zu gut“.
    Damit war das Thema erledigt.

    War bei mir auch so ..10 Minuten Abfrage und raus. Wenn sie sich nicht damit auskennen, kann es immer schwierig werden.

  • Ich habe diesen Termin jetzt vor mir und habe so große Angst, dass der Psychiater mich nicht richtig verstehen und nicht herausfinden wird, was mit mir los ist und dass ich alles auch wieder nicht adäquat rüberbringen kann.

    Wäre ich ein "normaler" Mensch mit einer Depression, dann ginge ich dahin, würde erzählen, was los ist, der Psychiater würde erkennen: ah, Depression.

    Aber bei mir ist ALLES so anders und wo soll ich da anfangen?

    Der Depressive sagt womöglich: Wäre ich ein "normaler" OCD-Typ, dann würde ich direkt fünf mal hintereinander zu der Praxis fahren und der Psychiater würde erkennen: Ah, OCD! Aber bei mir ist ALLES so anders. Ich kann nicht mal einen Psychiater raussuchen und unter die Dusche gehen...

    Die, mit den Panikattacken; denkt sich: Wäre ich doch nur eine "normale" ADSlerin. Dann würde ich da einfach hingehen, von Eichhörnchen reden und schon wüsste der Psychiater, was los ist! Aber bei mir ist ALLES so anders. Ich kann gar nicht bis zum Briefkasten gehen, ohne Panik zu bekommen.


    Was ich sagen will: Ich verstehe deine Verunsicherung und deine Angst, aber ich glaube, dass das jeder, der einen Psychiater aufsucht individuelle Probleme hat - uns vor allem: Der Psychiater weiß das auch. Ob er für dich passt, kannst du vorher nicht herausfinden, wenn er aber passt, dann wirst du weitere Termine bekommen und dich mit seiner Hilfe sortieren können. Wenn er eh nicht passt, dann musst du ihm auch nicht schon alle Details deines Lebens in den ersten 15 Minuten erzählt haben. Ich kann nachvollziehen, dass du einen Masterplan haben willst und natürlich verstanden werden willst, aber vielleicht musst du die Gesprächsführung ja gar nicht planen, weil sie sich dynamisch ergeben muss.

    "Auf der Metaebene lässt sich Abstand gewinnen zum Geschehen. [...] Und dabei zeigt sich, dass es andere Perspektiven, andere Erlebensweisen und viel mehr Möglichkeiten für Lösungen gibt, als sich der Mensch in seiner alten kleinen Welt hatte träumen lassen." (Brit Wilczek)

    Einmal editiert, zuletzt von Kayt (10. November 2019 um 20:19)

  • Ich habe diesen Termin jetzt vor mir und habe so große Angst, dass der Psychiater mich nicht richtig verstehen und nicht herausfinden wird, was mit mir los ist und dass ich alles auch wieder nicht adäquat rüberbringen kann.

    Ich habe 3 A4-Seiten zusammen geschrieben für diesen Termin und habe dann die m.E. grundlegenden Themen daraus abstrahiert.

    Ich habe zu meiner Austestung eine Mappe zusammengestellt mit insgesamt 40 Seiten. Das war für den Diagnostiker kein Problem sondern zeigte ihm erst Recht wie ich "funktioniere".

    Ein Diagnostiker der sich mit ASS auskennt der wird sich intensiv Zeit nehmen, eine ordentliche ADOS Austestung machen, die Eltern mitbefragen (falls vorhanden) und je nach Alter auch Lehrpersonen.

    Bei jedem anderen ist es egal was du sagst. Jeder legt sich deine Worte so zurecht wie er meint. Ich hatte vor meinen Gutachten, vor meiner AS Diagnose 22 andere Diagnosen. Jeder sieht was er sehen will und konstruiert sich daraus seine Wahrheit zusammen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!