Wie wichtig ist Routine wirklich?

  • Noch eine Frage an dich MusicSexNature..
    Dein Name lässt verlauten dass du diese 3 Dinge magst?
    Was den Sex angeht, war der Diagnostiker auch der Meinung, dass das nicht sein kann, dass ich autistisch bin, wenn ich gern Sex habe oder in einer Beziehung war.
    Kuscheln und Sex mag ich sehr aber nur solange ich das alles kontrollieren kann.
    Ich streichle zum Beispiel gern, aber hasse es, gestreichelt zu werden.
    Widerspricht sich das also nicht so sehr mit Autismus?

    @Andersdenker Sorry dass ich dir jetzt erst antworte.
    Ja genau, diese drei Dinge sind mir sehr wichtig :) Ich würde meine sexuellen Bedürfnisse allerdings als speziell bzw. besonders bezeichnen. Ich stehe mehr auf fetischorientierte Interaktion als auf das direkte Stimulieren von Geschlechtsteilen. Bzw. mag ich letzteres nur, wenn ich das Gegenüber besser kenne und wirklich eine Menge Vertrauen im Spiel ist.

  • Persönlichkeitsstörungen, wie z.B. Soziale Phobie, Schizoide Persönlichkeitsstörung, Schizophrenie, Zwangsstörungen und ausgeprägte Angststörungen sind Komorbitäten zum Autismusspektrum.

    Ein Asperger kann beispielsweise, von allen genannten Komorbitäten Züge aufweisen, die aber nicht für eine Diagnose der Persönlichkeitsstörung ausreichen und somit auch eine ASS Diagnose nicht ausschließen können.

    Die Uniklinik Hannover hat glaub ich auch eine Autismus Ambulanz. Dort könntest du eine Diagnose durchführen.

  • Kann man ohne funktionierende Routinen, ja, wenn man Routinen sogar langweilig findet, Autist sein?

    Ich denke ja. Es gibt ja Zwangs-Routinen und sicherheitsgebende freier gewählte. Einen eintönigen Job könnte ich nicht ausführen. Selbst in meinen Spezialgebieten würde ich gern neues ausprobieren. Aber in Momenten von inneren Krisen greife ich gerne auf eine Routine zurück. Z. B. schaue ich dann beim Frühstücken eine bestimmte Sendung, um anzukommen, bevor ich etwas anderes mache. Und auch drehe ich manchmal noch mal ne kleine Ehrenrunde vor einem Neuversuch einer Sache oder ziehe mich auch erst noch Mal weiter von der Sache zurück, bis ich noch mal angeeiert komme. So können gewisse Routinen wie Ankerpunkte sein und andere widerum wie Presslufthammer.

  • Jeder Mensch hat gewisse Routinen, egal ob Autist oder nicht. Routinen helfen unserem Gehirn, Energie zu sparen. Manche immer gleichen Abläufe sind so unbewusst, dass wir sie automatisch immer gleich machen, ohne dass wir es immer realisieren. Zähne putzen mit der rechten Hand und immer von rechts unten nach links oben oder so ähnlich. Das sind funktionale Routinen, das heißt, sie sind für etwas gut, nämlich für unsere Energiebilanz im Oberstübchen ;)

    Dann gibt es noch die funktionalen Routinen für Autisten (und andere, ist nicht auf Autismus beschränkt). Wir machen vieles gleich, weil es strukturiert, weil es Ängste mindert, weil es exekutive Dysfunktionen kompensiert usw. Diese same- same Abläufe sind wichtig und fast alle Autisten haben sie. Manche mehr, manche weniger und bei einigen werden sie dysfunktional, gehen also in Richtung Zwang.

    Dysfunktional heißt, man kommt völlig aus dem Gleichgewicht, wenn man seine Routinen nicht ausleben kann, egal ob man spontan in eine Situation kommt, in der man abweichen muss oder geplant. Sie erfüllen dann ihre Funktion nicht mehr. Sie ent-stressen dann nicht, sie machen Stress. Die Kompensation ist soz. dekompensiert. Wenn das passiert, kann das auch mal ziemlich einschränken.

    Routine als Diagnose Kriterium würde ich weniger als Routine haben oder nicht haben interpretieren, sondern eher als: Wie bewusst sind Dir Deine Routinen, also wie gezielt nutzt Du sie? Wie wichtig sind Routinen für Dich? Wie gut kannst Du sie lassen? Was passiert, wenn Du sie lässt?
    Ein NT (ohne psychische Probleme, denn die gehen häufig mit Hang zu Routinen einher) kann spontan sein, kann seine Routinen auch mal einfach so lassen, ohne Auswirkungen. Autisten können das in der Regel nicht. Ich kann sie lassen, brauche aber Vorbereitung, ich muss wissen: Morgen läuft der Tag anders. Und selbst dann bin ich irgendwie "raus". Es ist ein ungutes Gefühl, wenn ich mein Hamsterrad verlassen muss. Unsicher, durcheinander innerlich und mit dem, was ich tue. Es reicht dafür schon, dass ich etwas essen muss zu einer Zeit, zu der ich sonst nicht esse. Oder dass ich an einen Ort gehen muss, den ich nicht kenne und mich dort zurecht finden muss. Oder jemanden treffen, den ich nicht kenne....

    Der zweite Punkt ist die Diagnose an sich? Du hast keine Autismus Diagnose bekommen, bist Dir aber sicher, im Spektrum zu sein.
    Die Frage, die ich mir jetzt stelle, ist: Wofür brauchst Du die Absicherung von außen, von einem Diagnostiker?
    Sie kann wichtig sein, um seine Identität besser einordnen zu können. Oder, weil man Leistungen beanspruchen will oder muss.
    Ein Diagnoseprozess kann aber auch schaden, wenn die Ärzte eine andere Einschätzung haben. Das bringt das Selbstbild total ins Wanken.

    Die Frage ist also: Ist ein nochmaliger Diagnoseversuch hilfreich oder wäre es eventuell besser, Du bleibst bei Deiner Selbsteinschätzung und Deiner eigenen Sicherheit, Autist zu sein.?

    Einmal editiert, zuletzt von Ani (14. Februar 2020 um 10:49)

  • Wie wichtig sind Routinen wirklich für Aspies?

    Ich kann das nur für mich beurteilen, daher gehe ich auf die andere Frage nicht ein.

    Bei mir ist es so, das ich vor allem in Situationen die mich sehr stressen, überlasten oder überfordern bestimmte Routinen brauche. Sie geben mir dann einen sicheren Rahmen, und bringen mir Ordnung in das (nach meinem Empfinden) Chaos um mich herum.

    Mir kommt das vor wie eine Art "Skill" ("Skills sind ein Begriff aus der Psychotherapie. Man versteht darunter Fertigkeiten und Techniken, die der Patient erlernt, um mit bestimmten Situationen besser umgehen zu können). Und ich denke, das jeder (auch bei Autisten) seine eigenen Skills/Techniken hat und es unterschiedlich ist, wann man so etwas braucht und wie intensiv.

    Ich denke, das manche Routinen auch unbewusst im Alltag ablaufen können, so das es einem selbst oder auch anderen gar nicht auffällt, aber trotzdem sind sie da.

  • Dysfunktional heißt, man kommt völlig aus dem Gleichgewicht, wenn man seine Routinen nicht ausleben kann, egal ob man spontan in eine Situation kommt, in der man abweichen muss oder geplant. Sie erfüllen dann ihre Funktion nicht mehr. Sie ent-stressen dann nicht, sie machen Stress. Die Kompensation ist soz. dekompensiert. Wenn das passiert, kann das auch mal ziemlich einschränken.

    Oha. Das trifft voll auf mein ziemlich seltsamen Marotten zu...
    Nämlich, dass ich auf dem Weg zum Bahnhof nur auf einer festgelegten Straßenseite gehen kann. Ein plötzlicher Wechsel stresst mich da enorm und kostet extrem viel Überwindung. Ebenso habe ich einen festen Weg zu jedem Laden, dem ich dann auf den Millimeter genau folge. An manchen Tagen stresst es mich schon an einer Ampel auf der anderen Seite (also links statt rechts vom Masten) zu stehen.

    Dann kann ich das Haus morgens nur verlassen, nachdem ich zumindest eine Kleinigkeit gegessen habe...

    Meinem Rennradsport kann ich nur nachgehen, wenn mein Fahrradcomputer funktioniert. Sonst kann ich mich nicht dazu überwinden das Rad aus dem Keller zu holen...

    Wenn man auf eine Party geht, gibt es immer ein Risiko.

    Unsere Identität entnehmen Sie bitte dem beigefügten Auszug aus dem Melderegister. Gegen die Assimilierung in unser Kollektiv ist gemäß Assimilierungsdurchführungsgesetz (§666, Abs. 3/IV) kein Rechtsmittel zulässig. Wir bitten um Ihr Verständnis.

    Einmal editiert, zuletzt von flori1994 (14. Februar 2020 um 11:49)

  • Jeder Mensch hat gewisse Routinen, egal ob Autist oder nicht. Routinen helfen unserem Gehirn, Energie zu sparen. Manche immer gleichen Abläufe sind so unbewusst, dass wir sie automatisch immer gleich machen, ohne dass wir es immer realisieren. Zähne putzen mit der rechten Hand und immer von rechts unten nach links oben oder so ähnlich. Das sind funktionale Routinen, das heißt, sie sind für etwas gut, nämlich für unsere Energiebilanz im Oberstübchen ;)

    Das sehe ich auch so.

  • @Ani Zum Rauchen möchte ich noch ergänzen, dass es zwar, wie du schreibst, eine Gewohnheit ist, siehe Auslöser: Stress > Reaktion: Rauchen, aber dass es auch eine Routine ist. Die meisten Zigaretten, die ich rauche, sind entweder fest an eine Handlung gebunden (z.B. die allseits bekannte Zigarette nach dem Essen) oder (und) stellen einen Übergang dar zwischen zwei Tätigkeiten. Würde diese Handlung wegfallen, würde etwas fehlen (also mehr als nur das Nikotin).

  • Ich habe erst heute bzw gestern wieder mal gemerkt das ich ohne Hilfsmittel wie Routine nichtmal etwas einfaches hinbekomme.
    Die Frau unter mir bat mich letzten Freitag ihr Samstag und Sonntag Tropfen in die Augen zu tun weil die Pflegerin krank ist und am Wochenende keine Vertretung dafür einspringen konnte. Am Samstag hab ich es komplett vergessen. Erst gestern nach um 1uhr als ich ins Bett ging fiehl mir das wieder ein. Heute morgen hab ich dann drann gedacht und das gleich nach dem Aufstehen gemacht. Ich hatte gleich dieses Gefühl "Mist, wenn ich das regelmäßig machen würde, würde ich es nicht vergessen, und ich hätte es in meinem Kopf, aber es war noch nicht in meinem Kopf gespeichert, eben weil ich es nicht regelmäßig mache".

    Go bad or go home!

  • Routinen benötige ich z.b. auch, damit das Gehirn überhaupt in die kreative Phase springt und geistige Arbeit machbar wird. Insofern benötigt die vorbereitende Routine mitunter genau so viel Zeit wie die Arbeitsphase. Oder, je nach Thema, ich falle in die kreative Manie und dann besteht die Routine im ausdauernden Arbeiten bis zu deren inhaltlichem Ende. .

  • Wie wichtig sind Routinen wirklich für Aspies?
    Kann man ohne funktionierende Routinen, ja, wenn man Routinen sogar langweilig findet, Autist sein?

    Für mich sind sie wichtig, aber ich habe genau das Problem, eigentlich zu wenige davon zu haben, weil sie erst mal langweilig sind und Arbeit bedeuten. Aber es war z.B. ganz entscheidend, dass ich mich als ich meine erste Stelle hatte, weit weg von Uni und zugehörigem Umfeld, zu der Routine, jeden Abend zu kochen, anfangs gezwungen habe, bis sie dann eben eine echte Routine wurde. Ohne wäre mein Leben wohl quasi zerbröselt. Und im Grunde bräuchte ich mehr Routinen; mit Familie geht es leichter, weil manche Dinge von allein Routine werden, aber auch zur Strukturierung der Arbeit wäre es nützlich.

    Manchmal merkt man nicht, dass man Routinen hat, und im Übrigen sind sie nicht zwingend für eine Diagnose - repetitive stereotype Verhaltensweisen erfüllen die Kriterien auch.

  • Manchmal merkt man nicht, dass man Routinen hat, und im Übrigen sind sie nicht zwingend für eine Diagnose - repetitive stereotype Verhaltensweisen erfüllen die Kriterien auch.

    Was ist denn der Unterschied zwischen Routinen und repetitiven stereotypen Verhaltensweisen?

  • Was ist denn der Unterschied zwischen Routinen und repetitiven stereotypen Verhaltensweisen?

    Stimming z.B. zählt zu den RSV, aber als Routine wird man es wohl eher nicht bezeichnen. Routinen werden aber m.W. als Teilbereich der RSV betrachtet

  • Routinen (Kaffee kochen, Wäsche nach unterschiedlichen Symmetriekriterien aufhängen,
    Dinge sortieren, Staubsaugen, Fahrrad fahren, ...) sind für mich entspannend, weil ich
    etwas vertrautes tue und zeitgleich meinen Kopf zum Denken für mich habe und keine
    Ressourcen für die Tätigkeit bereitstellen muss.

  • @HCS

    Danke, ja, Routinen habe ich ganz viele, beim Stimming bin ich mir nicht so sicher.
    Ich erinnere mich, dass ich als Kind öfter mit dem Kopf auf das Kopfkissen geschlagen und mit dem Oberkörper geschaukelt habe (letzteres mache ich manchmal noch heute). Allerdings habe ich das einfach als angenehm empfunden und würde rückblickend nicht sagen, dass ich in den jeweiligen Situationen besonders gestresst war.

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